Hui, nur noch ein paar Mal schlafen – und spätestens dann muss die Wohnung halbwegs weihnachtlich aussehen. Sie sind überrascht, dass die Zeit so schnell vergangen ist? Keine Sorge, wir auch. Denn eigentlich wollten wir an dieser Stelle ein Auflistung von ein paar netten Produkten aus dem Netz zusammenstellen, mit denen man zuhause für festliches Ambiente sorgen kann. Da es dafür aber nun zu spät ist, schwenken wir um auf Plan B: Tipps, wie man in letzter Minute mit einem 3D-Drucker kreative Weihnachtsdeko herstellen kann.

Kaufen oder outsourcen?

Zur Anwendung kam dabei ein Anycubic i3 Mega S, der dem STANDARD vom Hersteller zu Testzwecken zur Verfügung gestellt wurde (Testbericht unter diesem Link). Generell können wir die Anschaffung eines solchen Geräts empfehlen, wiewohl man auch die eigenen Erwartungen zurückschrauben sollte – denn eine Zeit- und Geldersparnis ist die Beschäftigung mit 3D-Druck nicht, sehr wohl aber ein wunderschönes Hobby.

Die Anschaffung eines 3D-Drucker ist mittlerweile nicht mehr allzu teuer, günstige Geräte gibt es schon zum Preis eines Mittelklasse-Smartphones. Eine aktuelle Auflistung günstiger 3D-Drucker haben die Kollegen von Techstage erstellt – wer sich die Anschaffung aber vorerst sparen möchte, der kann die Produkte auch bei einem darauf spezialisierten Dienstleister oder in einem mit 3D-Druckern ausgestatteten Makerspace ausdrucken.

Software und Downloads

Wer eigene 3D-Drucke erstellen möchte, der braucht neben unterschiedlicher Hardware – vom 3D-Drucker selbst über das Druckmaterial bis hin zu immer wieder neuen Werkzeugen und Ersatzteilen – auch eine entsprechende Software. Essentiell ist dabei die Nutzung eines sogenannten Slicers: eine Software, welche die 3D-Modelle für den Druck vorbereitet, indem sie etwa Größe des Modells, Position und Anordnung auf dem Druckbett oder auch Kennzahlen wie die Drucktemperatur festlegt. In der Anwendung hat sich das kostenlose Ultimaker Cura als verlässliches Tool erwiesen.

Wer selber 3D-Modelle erstellen möchte, der braucht hingegen eine CAD-Software ("computer-aided design"). Einfache Formen lassen sich sogar mit dem in Windows 10 und Windows 11 integrierten "3D Paint" erstellen. Wer allerdings tiefer graben möchte, der ist mit Autodesk Fusion 360 gut bedient, von dem es auch eine kostenlose Version gibt.

In Ultimaker Cura werden Objekte für den 3D-Druck vorbereitet.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Allerdings ist es oft gar nicht nötig, selbst mit dem Designen zu beginnen – denn auf Plattformen wie Thingiverse gibt es eine gewaltige, kreative Community, in der Designer ihre 3D-Dateien zum Download anbieten. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt, bis hin zu einem "Iron Man"-Ganzkörperkostüm. Und eben auch so manche Weihnachtsdeko.

Ein Disclaimer muss an dieser Stelle aber auch sein: Die Menschen auf Thingiverse sind zwar wahnsinnig kreativ – es ist aber stark zu bezweifeln, dass sie sich zum Beispiel bei popkulturellen Referenzen stets die Genehmigung der dahinterstehenden Entertainmentkonzerne geholt haben, etwa für die Verwendung von Logos. So ließ Lego etwa auch die Vorlagen für etwaige Bausteine löschen. Wer also auf der sicheren Seite ist, der meidet auf Thingiverse Markennamen und lädt nur Originaldesigns herunter – oder gestaltet eben selbst.

Eine Krippe aus dem 3D-Drucker

Das Herzstück einer jeden Weihnachtsdekoration ist wohl die Krippe. Und wer auf Thingiverse nach dem Begriff "Nativity Scene" sucht, der findet eine breite Auswahl, die von klassischen Krippen bis zu einer "Mandalorian"-inspirierten Krippe führt, in der statt Jesus ein Baby-Yoda in der Wiege liegt.

Ich habe mich für eine Krippe in minimalistischem, modernen Design entschieden, die aus Christkind, Krippe, Maria, Jospeh und einem Esel besteht. Josephs Kopfbedeckung ist außerdem ein separates Objekt, er kann also bei Bedarf den Hut vor dem Heiland heben. Das Ergebnis des mehrteiligen Drucks kann sich sehen lassen.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Bei diesen Figuren bietet es sich an, dass sie anschließend noch bunt angemalt werden. Hierfür setze ich meistens auf Modellbaufarben. Ein alternativer Ansatz, um mehr Farbe in die Szene zu bringen, ist freilich der Einsatz von unterschiedlichen Druckmaterialien. Bedacht werden sollte bei Projekten wie diesem jedenfalls, dass der Druck der einzelnen Figuren – Joseph ist mit rund zehn Zentimetern Höhe der größte von ihnen – jeweils mehrere Stunden in Anspruch nehmen kann.

Die meisten der Figuren lassen sich so drucken, wie sie auf Thingiverse angeboten werden. Bloß beim Esel sollte man im Slicer einen sogenannten "Support" aktivieren: Dabei handelt es sich um zusätzliches Material, das den Kopf des Esels beim Druck stützt – würden wir dies nicht tun, so müsste der Drucker die waagerechte Ebene in die leere Luft hinein drucken, was rein aus physikalischen Gründen nicht möglich ist. Das Support-Material lässt sich anschließend einfach wegbrechen.

Dieser Esel braucht Unterstützung.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Ähnlich wie bei der Krippe wird auch mit diversem Christbaumschmuck vorgegangen: Auch hier gibt es allerlei Material auf der Plattform, das man herunterladen und ausdrucken kann – und zum Glück führt der Slicer jedes Mal relativ exakt an, wie lange die voraussichtliche Druckzeit dauert und wieviel Material vermutlich verbraucht wird.

Die Ära der Karten-Stecksets

Ein aktueller Trend auf Thingiverse ist das Anbieten von Karten-Stecksets. Hier werden im Grunde zweidimensionale Objekte ausgedruckt, die anschließend zu einem dreidimensionalen Objekt zusammengefügt werden. Ein Beispiel dafür ist der nachfolgende Tannenbaum, der vorerst nicht sonderlich beeindruckend aussieht...

Foto: Der Standard/Stefan Mey

... nach dem Zusammenstecken der einzelnen Teile aber eine schöne Figur ergibt.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Hier gilt es wiederum zu beachten, dass die Teile nicht gleich ineinander passen: Es muss definitiv nach dem Druck noch gefeilt um geschmirgelt werden, damit sich alles gut zusammenstecken lässt. Dies funktioniert umso besser, je stabiler die einzelnen Teile sind. Was bedeutet: Man ist gut beraten, den Objekten ein paar Millimeter in der Höhe zu spendieren, um eine entsprechende Dicke der einzelnen Teile zu erreichen.

Selbst Hand anlegen: Das CAD-Programm

Wer selber kreativ werden möchte, der greift zum bereits erwähnten CAD-Programm – und eigentlich eignet sich keine Gelegenheit besser als die Weihnachtszeit zum Herumprobieren mit ebendieser Software. Denn bei den meisten am Weihnachtsbaum oder an den Fenstern angebrachten Objekten handelt es sich um vergleichsweise simple geometrische Formen, die sich auch durch Laien leicht modellieren lassen – etwa Kugeln und Sterne.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Meine Herangehensweise als Nicht-Grafische-Absolvent lautete in diesem Fall, dass ich das Objekt zuerst zweidimensional gezeichnet und anschließend über den "Extrusion"-Button auf eine gewünschte Dicke – in meinem Fall fünf Millimeter – aufgezogen habe. Ich entschied mich für einen Stern, der an einer Schlaufe hängt, weil das ein wirklich simples Modell ist.

Die sodann abgespeicherte STL-Datei wurde anschließend in den Slicer importiert und für den Druck vorbereitet. Und 40 Minuten später hielt ich bereits mein eigenes kleines Weihnachtswunder in der Hand.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Zwar sitzt der Ring noch etwas locker am Stern und könnte sich somit bei zu ruppiger Handhabung abspalten – aber das ist kein Problem, das man nicht mit ausreichend Klebstoff lösen kann.

Fazit: Ein Hobby mit Nutzen

Wir haben es an dieser Stelle schon ein paar Mal betont, aber wir können es nicht oft genug sagen: Die Beschäftigung mit 3D-Druck kann zwar ein ziemlicher Zeitfresser sein, und mit Frustmomenten – von abfallenden Köpfen aufgrund schlechten Levelings oder fehlenden Supports bis zu kaputten Ersatzteilen – ist definitiv zu rechnen. Aber trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) ist es ein wunderschönes Hobby, indem man sich kreativ verwirklichen kann. Und dies gilt in der Weihnachtszeit umso mehr: Denn wer selber druckt, anstatt etwas zu bestellen, der spart sich nicht nur die bange Warterei auf den Boten – er kann auch für viel Gesprächsstoff während der Feiertage sorgen. (Stefan Mey, 19.12.2021)