Angesichts der drohenden Gefahr aus Russland halten ukrainische Reservisten auf einem Truppenplatz nahe Kiew eine Militärübung ab.

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Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Nur wenige Stunden nachdem Russland öffentlich Forderungen an die Nato stellte, um den Ukraine-Konflikt nicht eskalieren zu lassen, folgte bereits die Antwort. Man zeige sich gegenüber Moskau gesprächsbereit, an vertrauensbildenden Maßnahmen zu arbeiten, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitagabend. Doch auch Russland müsse konkrete Schritte unternehmen, um die Spannungen abzubauen, so der Norweger.

Brisanter Vorschlag

Russlands Vize-Außenminister Sergei Rjabkow hatte unter anderem gefordert, auf eine Erweiterung der Nato zu verzichten und militärische Aktivitäten in der Ukraine, Osteuropa oder dem Kaukasus aufzugeben. Umso brisanter war daher ein Bericht des Spiegel am Samstag, dem zufolge der europäische Nato-Oberbefehlshaber Tod Wolters den Mitgliedsstaaten des Bündnisses erst kürzlich in einer geheimen Videokonferenz vorschlug, die Truppen in Rumänien und Bulgarien über die Mission "Enhanced Forward Presence" (EFP) zu erweitern, ähnlich wie im Baltikum und in Polen.

Laut Bericht sollen die Pläne schon recht konkret sein, und zwar soll die Nato eigene EFP-Kontingente von gut 1500 Personen aufbauen. In Polen und den baltischen Staaten führen diese Einheiten seit 2017 gemeinsam mit den lokalen Truppen Übungen durch. Wolters will dies aber nicht als Provokation verstanden wissen, sondern als Rückversicherung für die Partnerländer in Osteuropa. Dem Spiegel zufolge soll dieser Vorschlag beim nächsten Treffen der Verteidigungsminister besprochen werden. Offiziell ging die Nato nicht darauf ein.

"Gott sei Dank"

Unterdessen gab es aus Russland am Wochenende beschwichtigende Wortspenden. Alexander Grushko, einer der zehn stellvertretenden Außenminister, erklärte, man sei bereit, "ein potenzielles Militärszenario in einen politischen Prozess umzuwandeln". Und Amtskollege Sergej Rjabkow erklärte zur Beziehung mit den USA: "Ich denke, wir haben nicht den tiefsten Punkt erreicht, Gott sei Dank." Nicht alles sei hoffnungslos, es gebe Fortschritte zumindest in einigen Aspekten.

Die angesprochenen USA erklärten zu den russischen Forderungen, man werde mit den europäischen Partnern darüber beraten. Eines sei aber klar, so Jen Psaki, Sprecherin des Weißen Hauses: Man werde keine Kompromisse bei den Grundprinzipien eingehen, auf denen die europäische Sicherheit beruhe.

Die Truppenkonzentrationen dies- und jenseits der ukrainisch-russischen Grenze beschäftigt auch die neue deutsche Ampelkoalition. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht absolvierte am Sonntag ihre erste Auslandsreise nach Litauen, um dort 570 deutsche Nato-Kräfte zu treffen. Dort erklärte sie: "Wir stehen fest an der Seite unserer Partner und Freunde."

Putin im Visier

Bereits vor ihrem Trip sprach Lambrecht sich gegenüber der Bild am Sonntag für härtere Sanktionen auch gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin aus. "Aktuell müssen wir Putin und sein Umfeld ins Visier nehmen", sagte sie. Die "für die Aggression Verantwortlichen" müssten "persönliche Konsequenzen" spüren, "zum Beispiel, dass sie nicht mehr zum Shoppen auf die Pariser Champs-Élysées reisen können", so die SPD-Politikerin. (Kim Son Hoang, 19.12.2021)