Am Jahresende sollte man sich bemühen, auch jenen Hoffnung zu geben, deren Aussichten aufs nächste Jahr von Sorge getrübt sind. Zum Beispiel der ÖVP. Ihr droht ein U-Ausschuss, in dem sie viel Erklärungsbedürftiges wird erklären müssen. Doch dabei könnte ihr der unlängst veröffentlichte Revisionsbericht aus dem Finanzministerium helfen. Darin wird festgehalten, dass einige der von Meinungsdesignerin Sabine B. für das Ministerium erstellten Studien nicht auffindbar seien oder unter Verschluss gehalten werden.

Dieser Umstand birgt eine Chance für Schwarz-Türkis, die künftigen Rechtfertigungsversuchen eine völlig neue Basis geben könnte: Jetzt schon bekannt ist, dass eine der mit Steuergeld finanzierten Studien "Betrugsbekämpfung" zum Thema hatte. Das wurde von vielen als Höhepunkt an Chuzpe empfunden, ungefähr so, als würde man eine Kiste geschmuggelter Waffen mit "medizinische Gerätschaft" beschriften. "Welche Relevanz hat Betrugsbekämpfung für die Bevölkerung?", lautete der Titel der Untersuchung. Aber wer sagt, dass sie schon abgeschlossen ist?

Ein Experiment von Thomas Schmid?
Foto: Trend Wolfgang Wolak / Verlagsgr

Vielleicht überrascht uns die ÖVP ja noch mit der Erkenntnis, dass alle nun vorliegenden Chats in Wirklichkeit Teil der noch immer laufenden Studie zu dieser Frage sind. Eine Art Experiment also, das aufzeigen soll, wie leicht betrügerische Absichten in der hohen Politik entstehen können, und das jetzt von den an der Versuchsreihe Beteiligten für beendet erklärt wird, weil es endgültig zum Ergebnis gekommen ist, dass Betrugsbekämpfung für die Bevölkerung tatsächlich Relevanz hat. Alle Beteiligten hätten also in einem höheren wissenschaftlichen Auftrag gehandelt, was durchaus auch mit Steuergeld gefördert werden muss.

Und wer weiß: Vielleicht ermöglicht die Offenlegung bislang noch unauffindbarer oder unter Verschluss gehaltener Studien weitere neue Interpretationen von zu Unrecht skandalisierten Vorgängen. Denkbar wären beispielsweise:

"Sei zärtlich zum Bundesland – hineingleiten statt aufhetzen! Wie wichtige Maßnahmen bei der Kinderbetreuung durch skrupellose Parteiintrigen sabotiert werden können."

"Linksdilettant sagt man nicht! Über Sprachverrohung in der Politik."

"Schatzi, wie war’s heute bei dir in der Arbeit? Warum Finanzministeriums- Mitarbeiterinnen, die unter anderem Buchungen für Inserate und Kooperationen mit Medien Wolfgang Fellners bearbeiten, nie mit ihren in höchsten Staatsämtern tätigen Lebensgefährten über berufliche Dinge sprechen und deshalb auch keine Personen von öffentlichem Interesse sind."

"Golf mit Wolf – wie das Pflegen beim Freizeitsport vertiefter sozialer Kontakte mit kritischen Steuerzahlern dem Gedanken der serviceorientierten Verwaltung dient und eine solide Grundlage für beruflichen Aufstieg innerhalb der Finanzbehörde darstellt."

All diese Untersuchungen könnten sich schließlich als Teile einer von Thomas Schmid persönlich in Auftrag gegebenen Metastudie entpuppen, mit dem Titel: "Danke, dass wir das so offen besprechen können! Über die Verpflichtung rechtspopulistisch-neoliberaler Interessengemeinschaften zu prostitutionalen Dienstleistungsangeboten an ökonomisch Top-Privilegierte." (Florian Scheuba, 30.12.2021)