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Elizabeth Holmes wurde als neuer Steve Jobs gefeiert, viel mehr als gutes Marketing stand jedoch nicht dahinter.

Foto: AP/Nic Coury

San José – Das einstige Start-up-Wunderkind Elizabeth Holmes ist endgültig gefallen. Schuldspruch. Mit einer von ihrem Unternehmen Theranos entwickelten Maschine versprach sie, ein neues Zeitalter der Medizintechnik einzuleiten. Anhand nur weniger Tropfen Blut hätte das Gerät hunderte Krankheiten erkennen sollen. Der Geldregen von mitunter prominenten Investoren wie Medienmogul Rupert Murdoch oder Ex-US-Bildungsministerin Betsy DeVos ließ nicht lange auf sich warten. Ihre marketingtechnisch geschickt verkaufte Erfindung hielt jedoch nicht einmal ansatzweise, was sie versprach. Das vermeintliche Wunderwerkl funktionierte nie wirklich.

Am Dienstag haben US-Geschworene die 37-Jährige nun wegen Betrugs an mehreren ihrer Investoren schuldig gesprochen. Der Schuldspruch betrifft allerdings nur vier von insgesamt elf Anklagepunkten, wie unter anderem das Wall Street Journal aus dem Gerichtssaal in San José berichtete. Die Anklage warf Holmes vor, Geldgeber bewusst hinters Licht geführt zu haben, um an die Investitionen zu kommen.

Schuldsprüche und "hung jury"

Die Geschworenen sahen das im Falle von drei Geldspritzen bestätigt – in einem weiteren Anklagepunkt sprachen sie Holmes wegen Verschwörung zum Betrug schuldig. Von vier Anklagepunkten wurde sie freigesprochen. Drei weitere werden kommende Woche ausverhandelt, da sich die Geschworenen bisher nicht einigen konnten – sie sind "hung". (In den USA herrscht ein Einstimmigkeitsgebot, die sogenannte "hung jury", Anm.). Das endgültige Urteil soll ebenfalls kommende Woche fallen, vermutlich wird Holmes dagegen berufen. Summa summarum drohen ihr 20 Jahre Haft.

Wer wurde geschädigt? Unter anderem ging die Drogeriekette Walgreens eine Kooperation mit Theranos ein und gewährte in ihren Läden Platz für die Bluttests. Wie sich jedoch herausstellte, funktionierte die Technologie nie ausreichend verlässlich. So wurden die Tests nicht mit eigenen Maschinen der Firma, sondern mit Labortechnik anderer Hersteller durchgeführt.

"Keine Täuschungsabsicht"

Der Prozess zog sich über Monate, relativ überraschend gab Holmes Ende November sogar kleinere Fehltritte zu. Etwa dass sie während der Vertragsverhandlungen mit Walgreens ohne deren Wissen Logos von Pharmariesen auf eigene Laborberichte hinzugefügt habe. Sie beteuerte jedoch stets, mit lauteren Absichten gehandelt zu haben und niemanden habe täuschen wollen. Die Schuld suchte sie bei anderen, zum Beispiel ihrem Geschäftspartner und Ex-Lebenspartner Ramesh Balwani. Diesem wirft sie überdies sexuellen Missbrauch vor.

Elizabeth Holmes gründete 2003 im Alter von 19 Jahren das Start-up Theranos. Praktisch über Nacht wurde sie zum Shootingstar im Silicon Valley, sogar den Status eines "weiblichen Steve Jobs" attestierten ihr viele. Theranos stand zur Blütezeit bei einer Firmenbewertung von neun Milliarden Dollar.

Der Fall ist eine Rarität, nur selten werden Führungskräfte von Tech-Firmen wegen Betrugs angeklagt, noch weniger oft werden sie verurteilt. Muss Holmes ins Gefängnis, wäre sie die erste namhafte Geschäftsführerin seit Martha Stewart. Die US-Fernsehmoderatorin und Lifestyle-Unternehmerin musste 2004 wegen illegaler Aktiengeschäfte einsitzen. (Andreas Danzer, 4.1.2021)