Eine Welt ohne Wissenschaft wollen wir uns lieber gar nicht vorstellen. Es wäre eine Welt ohne Antibiotika, ohne Computer, ohne Elektrizität, ohne Wissen um den Urknall, ohne Corona-Schutzimpfung – und ohne unzählige weitere Errungenschaften, die unser Leben länger und schöner machen. Es ist traurig und erstaunlich, dass sich gerade in Österreich unterdurchschnittlich wenige Menschen für die Forschung und deren Erkenntnisse interessieren. Umso dringender braucht es eine Charmeoffensive für die Wissenschaft – und eine Stärkung der engagierten Vermittlung derselben.

Die Auszeichnung zum Wissenschafter des Jahres, die am Montag zum 28. Mal vergeben wurde, ehrt eine besondere Gabe, die allzu selten bedacht wird: die allgemeinverständliche Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der diesjährige Preisträger Peter Klimek, studierter Physiker und Komplexitätsforscher, besitzt die wichtige Begabung, komplexe Sachverhalte einer großen Öffentlichkeit verständlich zu machen.

Es braucht eine Charmeoffensive für die Wissenschaft – und eine Stärkung der engagierten Vermittlung derselben.
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Zwar haben viele Forschungsinstitutionen inzwischen die Bedeutung von Wissenschaftsvermittlung erkannt und bemühen sich um neuere Formate wie Podcasts oder Instagram, um ein breiteres und jüngeres Publikum mit ihren wissenschaftlichen Ergebnissen zu erreichen. Dennoch ist es nach wie vor gang und gäbe, dass Forschende von ihren Fachkollegen mit Stirnrunzeln und Skepsis ob eines Talkshow-Auftritts beäugt werden.

Allgemeinverständliche Vermittlung

Auch bei der Vergabe akademischer Stellen und der Bewilligung von Forschungsgeldern spielt das Bemühen um eine allgemeinverständliche Vermittlung, wenn überhaupt, nur eine nachgereihte Rolle. Medienaffinität kann freilich nicht das Hauptkriterium für Berufungen sein, aber wie wichtig der Austausch mit der Öffentlichkeit ist, darf auch nicht übersehen werden. Er kostet Zeit, viel Zeit, und im derzeitigen akademischen Betrieb gibt es zu wenig Anreize, diese Zeit zu investieren.

Handlungsbedarf gibt es nicht nur im Wissenschaftsbetrieb selbst, sondern auch bei den Medien und der Medienförderung: Wissenschaftsjournalismus leistet eine zentrale Rolle als Brückenfunktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft– indem er Ergebnisse nicht nur verständlich macht, sondern sie auch kritisch hinterfragt und einordnet. Durch die Pandemie hat sich die mediale Präsenz von Wissenschaft in den Medien zwar deutlich erhöht. Die Aufbereitung wichtiger Erkenntnisse, auch abseits von Corona, ist aber noch längst kein Fixpunkt in den Hauptnachrichten.

An Ideen, wie man den Stellenwert von Wissenschaftsjournalismus erhöhen könnte, fehlt es nicht. Seit Jahren wird etwa – bisher erfolglos – gefordert, eine ausgewiesene Wissenschaftsredaktion mit angestellten Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten zu einem Kriterium für die Presseförderung zu machen. Oder, um es mit den Worten des Wissenschafters des Jahres 2021, Peter Klimek, zu sagen: "Liebe Politiker, bekämpft die Inseratenkorruption, macht eine Presseförderung, die den Namen verdient."

Was auf dem Spiel steht, zeigt sich nicht nur in der Corona-Pandemie: Die großen Probleme unserer Zeit, von Krankheiten über Ernährungssicherheit bis zur Klimakrise, lassen sich nur lösen, wenn Gesellschaft und Wissenschaft an einem Strang ziehen – auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Wertschätzung. (Tanja Traxler, 10.1.2022)