Keine Angst, es folgen nicht die Zeilen eines Größenwahnsinnigen. Auch keine Spur eines sogenannten Vergleichstests, wie er ständig durch alle Automagazine geistert. Modell A gegen Modell B und C. Mein Vergleich liegt auf einer anderen Ebene. Wie fühlt es sich an, von einem Weltmeister gefahren zu werden. Fast hätte ich vergessen, meine prominenten Chauffeure vorzustellen: Niki Lauda, der dreifache Weltmeister in der Formel 1, Michael Schumacher, der ebendort fast unerreichte Weltmeister, und last, but not least der immer gut aufgelegte Rallyeweltmeister Walter Röhrl.

Als Patrioten starten wir mit unserem Landsmann Andreas Nikolaus von Lauda. Meine erste automobile Begegnung fand, wie konnte es anderes sein, im Februar 1996 bei Ferrari auf der Teststrecke Fiorano bei Maranello statt. Ferraris Acht-Zylinder-Modell F 355 stand zur Begutachtung bereit, Selbstfahren streng verboten, wozu gibt es Test- und Versuchsfahrer, in Italien stets rudelweis’ vorhanden. Am Vormittag wurde man als Journalist einem dieser Profis zugeteilt, ab ging es auf die Strecke, natürlich alles Könner, die den Kurs mit geschlossenen Augen kannten.

Aufmarsch der Weltmeister: Michael Schumacher...
Foto: imago

Jeder dieser Ferraristi wollte zeigen, wie gut er das Auto beherrschte, in meiner Skijugend hätte man aber von Wienerwaldreißern gesprochen, alles irgendwie mit Gewalt, alles etwas hektisch. Mittagspause, im Zelt an der Strecke umkreiste Niki den Tisch der heimischen Journalisten wie ein Hüterhund seine ihm anvertraute Herde. Endlich die entscheidende Frage: "Hat einer eine Zigarette für mich?" Der Chor der Nichtraucher verneinte, doch einer erbarmte sich – Zusatzfrage: "Habts auch a Feuer?" Am Nachmittag folgte burschikos das große Privileg für Nikis Landleute: "Ich fahre mit euch herum, die Deutschen sollen sitzen bleiben." So geschah es.

Bedeutete für jeden von uns: drei Runden in Fiorano mit Lauda. Ein einziger Genuss. Ruhige Lenkradführung, um einiges schneller als die Testfahrer, für mich als Beifahrer ein Erlebnis trotz rennmäßigen Tempos, dazwischen Geplauder über die Wiener Szene beim Gerstner. In der ersten Runde eine kurze, persönliche Situation der Verunsicherung. Die Gerade Richtung Maranello-Stadt wie auf einer Flugplatzpiste knapp vor dem Abheben, Geschwindigkeit beachtlich, Rechtskurve kaum zu sehen, doch Lauda lenkte wie ein Schlafwandler mit "es ginge auch noch schneller" ein.

Jahre später, Neuvorstellung E-Klasse Mercedes, die mit dem Vieraugengesicht, Raum Frankfurt. Meine Redaktion hatte Niki Lauda für einen ersten exklusiven Fahrbericht angeheuert, Lauda diktierte, ich saß daneben und notierte. Es war keine Sensationsfahrt, dennoch unglaublich, wie Lauda in knappen 60 Minuten nur durch Fahrten im normalen Straßenverkehr den Wagen analysierte, aber auch sofort diverse Schwächen entdeckte.

Dreiste Lüge

Nachtrag zu meinen Begegnungen mit Niki Lauda. Grand Prix Nürburgring, 1. August 1976, jener Tag, als Brett Lunger und Arturo Merzario unseren Niki aus dem brennenden Ferrari retteten, während die Streckenposten, wie "Strietzel" Stuck beobachtete, Brotzeit hielten. Die dreisteste Lüge erlaubte sich anschließend der Veranstalter. Vor mir liegt eine Kopie der offiziellen Aussendung, unfassbar der letzte Absatz: "AvD-Sportpräsident Huschke von Hanstein besuchte Niki Lauda im Adenauer-Krankenhaus, wo dieser sich anerkennend über die rasche Einsatzbereitschaft und unproblematische Zusammenarbeit der an der Rettungsaktion beteiligten Organisationen äußerte." Die Realität: Lauda kämpfte zu dieser Zeit im Spital um sein Leben.

...Niki Lauda...
Foto: der Plankenauer

Von einem Weltmeister zum nächsten. Nürburgring, Sommer 1996, Ferrari präsentiert den neuen Zwölfzylinder 550 Maranello. Alle Werksfahrer anwesend, an der Spitze Michael Schumacher und Edie Irvine. Glück in der Lotterie: Ich "gewann" den Star. Drei Runden über die GP-Strecke, mit kleinen Schikanen dekoriert. Schumacher, Vollprofi, begrüßte, "ah, aus Österreich", da hatte er sofort eine Skigeschichte zur Hand, während der Tacho über 200 km/h pendelte. Spazierfahrt im Rennschnitt, Gespräche wie bei einem kleinen Kaffee. Etliche Jahre später sprach mich Schumacher bei der Kitzbüheler Alpenfahrt an: "Wir haben doch am Nürburgring Runden gedreht!" Ein erstaunliches Erinnerungsvermögen, welches nun ewig schweigt.

Und jetzt fahren wir in den Bayerischen Wald, um Walter Röhrl zu treffen. Der urige, seiner Heimat eng verbundene Rallyechampion zeigte überall und ungekünstelt ein freundliches Gesicht, wo immer man sich traf, wie zum Beispiel bei Porsche-Carrera-Testfahrten auf dem Salzburgring. Durch langjährige Rallyeerfahrung glaubte ich bis dahin, einen Sportwagen flott bewegen zu können, doch der Weltmeister demonstrierte, wo der Speed erst richtig anfängt. Ich spielte mit dem Gedanken, Lizenz und Führerschein abzugeben.

"Du bist ein bisschen blass"

Jahre später in Monte Carlo, 2005, stand der neue Porsche Carrera 4S bereit. Am Col de Turini, wo oft die Entscheidung der Monte-Carlo-Rallye fiel, hatte sich Walter Röhrl einen Vierkilometerparcours vorbereiten lassen, um der Journalistenmeute zu zeigen, was der Porsche wirklich kann. Einsteigen, "Servas", man kannte sich schon lange, der Schotter spritzte auf, wenn der Weltmeister Gas gab. Trotz allem Vertrauen, bei der scharfen Linkskurve, links Felsen, rechts ein ungesicherter Abhang, Lichtjahre tief, flackerte kurz der Gedanke auf, vielleicht sieht er es nicht so genau. "Du bist ein bisschen blass, keine Schande, die Kollegen waren es auch", tröstet nachher Röhrl, der in drei Wochen Testfahrten über 4000 km auf diesem Parcours zurücklegte.

...Walter Röhrl. Das Privileg, im Laufe der Jahrzehnte einmal als Beifahrer fungiert zu haben, hat(te) nicht jede, nicht jeder.
Foto: Porsche

Die Vorstellung beeinträchtigter Sehkraft hatte ich schon Jahre zuvor, als mich der leider später tödlich verunglückte Richard von Frankenberg zu einer irren "Spazierfahrt" nach dem Training zum Gaisberg-Rennen im Porsche Carrera Abarth überredete. Der Unterschied zu Röhrl: Frankenberg trug eine dicke Brille, Modell "nächste Nummer: blind".

Manchmal können Fahrten eben auch bei prominenten Könnern zum echten Abenteuer werden, immerhin saß damals der mehrfache österreichische Staatsmeister Fritz Hatschek auf Ferrari, Alfa oder Abarth am Steuer. Skurril dessen Idee: Er wollte mit einem Austro-Daimler Bergmeister, Baujahr 1931, 3,6-Liter-6-Zylinder, 120 PS stark, fast zwei Tonnen schwer, beweisen, dass auch der Veteran eine winterliche Rallye erfolgreich absolvieren kann, denn in den 1970er-Jahren waren die Winter ordentlich schneereich.

Ab in den Graben

Mit meiner Wenigkeit als Beifahrer begann die Aktion. Schnee, Eis, keine Heizung, was soll’s, doch dann nahte die Schlüsselstelle Kalte Kuchl – Ochsattel. Vor der Steigung warteten die Helfer mit Schneeketten auf Wechselreifen. Mühsam, aber flott der Tausch, dann ging es bergauf mit voller Kraft. Plötzlich ein schreckliches Geräusch, der schwere Wagen kippte nach rechts in den Straßengraben, das rechte hintere Rad lag auf der Straße, der Rudge-Verschluss war schlampig montiert. Der Einschlag gegen die Böschung wirkte wie ein Donnerschlag, dann Ruhe, die Steilheit bedeutete Rettung vor dem Absturz. Wie es weiterging? Die Feuerwehr rückte mit dem Kranwagen aus, beim erneuten Versuch ein Jahr darauf schafften wir die Silbermedaille. (Peter Urbanek, 1.2.2022)