Viele Frauen berichteten nach der Impfung von Zyklusschwankungen. Diese sind jedoch unbedenklich.

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Zyklusschwankungen oder Unregelmäßigkeiten von ein paar Tagen sind für viele Frauen ein normales Phänomen. Bei anderen läuft der Zyklus wie ein Uhrwerk. Die Corona-Impfung dürfte hier bei einigen etwas durcheinandergebracht haben. Bereits vergangenen Frühling berichteten viele Frauen davon, dass ihre Periode ungewöhnlicherweise verspätet begann – und zwar ein bis zwei Tage oder sogar bis zu zwei Wochen später (DER STANDARD berichtete).

Studien zu dieser Impfnebenwirkung gab es damals keine, Expertinnen und Experten meinten einhellig, das sei wohl unbedenklich. Der Grund: Der weibliche Zyklus ist sehr sensibel auf Stress und andere Veränderungen in der täglichen Routine. So könnten etwa Alltagsstress, zu viel Sport, veränderte Ernährung, aber auch Reisen den Beginn der Periode verschieben. Doch natürlich verunsichert Frauen eine solche Veränderung ohne ersichtlichen Grund.

Nun gibt es zwei Studien, die das Thema genauer untersucht haben. Die Kernaussage der Studien: Ja, es gibt diese Schwankungen, doch sie sind nur von geringer Dauer. Im Vergleich zu natürlichen Zyklusschwankungen sind es auch nur kleinere Schwankungen, die einmalig nach der Impfung auftreten.

Verspätung um etwa einen Tag

Eine Kohortenstudie in den USA hat von Oktober 2020 bis September 2021 die Daten von 3.959 Frauen zwischen 18 und 45 ausgewertet, die ihren Zyklus mit der App "Natural Cycles" aufgezeichnet haben. 2.403 Frauen waren geimpft, 1.556 nicht. 55 Prozent der Geimpften hatten den Impfstoff von Biontech/Pfizer erhalten, 35 Prozent den von Moderna, sieben Prozent jenen von Johnson & Johnson. Astra-Zeneca-Geimpfte sind in der Studie nicht eingeschlossen, das Vakzin wurde in den USA nie angewendet.

Der Beobachtungszeitraum betrug bei allen sechs Monate, die geimpften Frauen zeichneten drei Monate vor der Impfung Zyklen zwischen 24 und 38 Tagen auf, nach der Impfung wurden drei weitere Zyklen beobachtet.

Bei den Geimpften verschob sich der Zyklus im Schnitt um weniger als einen Tag. Nach der ersten Dosis betrug die Verspätung im Schnitt 0,7 Tage, nach der zweiten 0,9 Tage. Ungeimpfte nahmen im Vergleich zu den ersten drei aufgezeichneten Zyklen keine Veränderungen war. Die Länge der Menstruation blieb bei beiden Gruppen unverändert.

Besonders auffällig war die Veränderung bei jenen Frauen, die beide Impfdosen innerhalb eines Zyklusses erhielten. Die Periode setzte im Schnitt um mehr als zwei Tage später ein, bei etwa zehn Prozent begann sie sogar erst acht Tage später. Im letzten beobachteten Zyklus normalisierte sich die Länge wieder, es gab keinen signifikanten Unterschied mehr zu Ungeimpften.

Aufmerksamere Beobachterinnen

Eine Erklärung für diese Veränderungen sei, so die Forschenden, dass die Frauen ihren Zyklus aufgrund der Impfung genauer beobachtet hätten. Es könne sein, dass die Schwankungen zufällig aufgetreten seien, aber mit der Impfung in Zusammenhang gebracht wurden und so besorgniserregender waren.

Es gibt aber auch eine weitere mögliche Erklärung für die Schwankungen, die auch die englische Reproduktionsimmunologin Victoria Male vom Imperial College in London bereits im Sommer äußerte (DER STANDARD berichtete): mRNA-Impfstoffe provozieren eine starke Immunantwort, "dadurch könnte die Hypothalamus-Hypophysen-Eierstock-Achse vorübergehend beeinträchtigt sein", schreiben die Forschenden in der Studie. Diese Achse steuert die weiblichen Hormone. Vor allem wenn die Impfung in der ersten Zyklushälfte verabreicht wurde, könnte die Immunreaktion den Zyklus als Stressfaktor gestört haben.

Das sei aber nicht tragisch im Vergleich zu einer tatsächlichen schweren Erkrankung: "Diese könnte dauerhafte katastrophale Auswirkungen auf die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Eierstock-Achse haben."

Auch Veränderung mit hormoneller Verhütung

Ähnliche Erkenntnisse liefert eine norwegische Studie, die soeben als Preprint veröffentlicht wurde. Dafür wurden 5.688 Frauen zwischen 18 und 30 Jahren zu Menstruationsveränderungen vor und nach jeder Impfung befragt. Viele berichteten bereits vor der ersten Impfung von Schwankungen, was zeigt, dass das absolut normal ist. 38 Prozent hatten mindestens eine Unregelmäßigkeit im Zyklus vor der Corona-Impfung. Nach der ersten Dosis bemerkten 39 Prozent der Frauen Schwankungen, nach der zweiten 41 Prozent.

Besonders häufig kam es zu einer stärkeren Blutung als sonst, zwei von drei Betroffenen berichteten das auch nach der zweiten Impfdosis. 60 Prozent der Befragten nahmen jedoch hormonelle Verhütungsmittel ein, im Gegensatz zu den Teilnehmerinnen der US-Untersuchung. Auch das könnte sich bemerkbar machen, normalerweise sorgen Hormone ja auch für einen regelmäßigeren Zyklus. Auch bei den norwegischen Studienteilnehmerinnen normalisierte sich der Zyklus zwei Monate nach der Impfung wieder.

"Ergebnisse geben Sicherheit"

Beruhigt zeigt sich die Reproduktionsimmunologin Victoria Male. "Die Ergebnisse beider Studien geben Sicherheit", kommentiert sie im Fachmagazin "British Medical Journal". "Veränderungen bei der Menstruation kommen nach der Impfung vor, aber sie sind gering im Vergleich zur natürlichen Schwankung und gehen schnell wieder weg." Dass das überhaupt ein Thema ist, liegt Male zufolge an der widerlegten Falschinformation, dass Corona-Impfungen unfruchtbar machen sollen.

Male merkt außerdem an, dass die britische Zulassungsbehörde MHRA derzeit keinen Zusammenhang von Covid-19-Impfungen und Zyklusstörungen sieht. Nun müsse man aber die Mechanismen untersuchen, die für die Zyklusstörungen nach der Impfung verantwortlich sind, und herausfinden, ob bestimmte Gruppen ein höheres Risiko haben, davon betroffen zu sein. (Pia Kruckenhauser, 27.1.2022)