So ist es eben. Sprache verändert sich und mir ihr die Welt. Dazu trägt auch die Politik bei, darum: Zeit für die Fortschreibung des politischen Wörterbuchs.

Sideletter sind nichts Neues, wie wir aus den jüngsten Ereignissen wissen, diskrete Nebenabreden von Koalitionspartnern gab es immer. Unterschied zu früher: Unter Türkis-Grün dienen diese ausschließlich dazu, dass nur bestqualifizierte Persönlichkeiten in zu verteilende Jobs geraten, wie wir lernen. Postenschacher war einmal, bei den jüngsten Koalitionsverhandlungen, geführt im Schatten der Causa Casinos-Postenschacher, ging es Grün nur um die Abwehr von Begehrlichkeiten der ÖVP.

Das politische Zugeständnis der Grünen zu einem Kopftuchverbot sollte geheim bleiben.
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Galt in Zeiten großer Koalitionen Rot-Schwarz-Karo, werden die Jobs nun der Parteistärke angepasst nach einem Schlüssel aufgeteilt. Gemäß Side-Side-Letter für den ORF erbat sich die ÖVP 3:2 plus Generaldirektor, wobei Grün und Schwarz schriftlich versprachen, möglichst auch eine weibliche Person zu nominieren.

Geheim sollte auch das politische Zugeständnis der Grünen zu einem Kopftuchverbot bleiben, aber da sind wir nun auch klüger. Die vom späteren türkisen Kanzler und grünen Vizekanzler unterschriebene Passage ist genau genommen: nichts. Laut Vizekanzler ein Nullum und Residuum eines Satzes aus den Verhandlungen, ein Überbleibsel also. Warum es dann festgehalten wurde, fragte der ORF ihn. Wegen der Psychologie für die ÖVP.

Wenn das nicht genial ist. (Renate Graber, 1.2.2022)