Der Ölkonzern erreichte im Vorjahr einen Umsatz von 35,56 Milliarden Euro.

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Wien – Die aktuell hohen Energiepreise befeuern die Inflation in seit Jahrzehnten nicht da gewesenem Ausmaß, was bei heimischen Haushalten zu Ernüchterung führt. Davon profitiert jedoch die OMV. Bei der jährlichen Bilanzpressekonferenz präsentierte Firmenchef Alfred Stern am Donnerstag ein Rekordergebnis. Der Konzernumsatz wurde mit 35,36 Milliarden Euro mehr als verdoppelt, und das für die Branche maßgebliche CCS operative Ergebnis vor Sondereffekten stieg von 1,69 auf knapp sechs Milliarden Euro.

Die Zuwächse seien quer über alle Geschäftsbereiche erfolgt. Die Hälfte des Gewinns kommt laut OMV aus der Raffineriesparte und dem Chemiegeschäft. Hauptertragsbringer sei aber weiterhin die Suche und Förderung von Öl und Gas, wie aus dem Konzernbericht hervorgeht.

Große Veränderungen

Das hilft der Stimmung im Unternehmen, in dem große Veränderungen anstehen. Der Konzern steht wie die großen Ölmultis unter Druck, sein Geschäft nachhaltiger zu gestalten. Mitte März präsentiert die OMV die neue Firmenstrategie, in der es laut Stern weiterhin einen starken Fokus auf das Gasgeschäft gibt. Einen kleinen Einblick in die nächsten Schritte gab der Vorstandschef, der vergangenes Jahr seinen Posten antrat. Die Eckpfeiler sind eine Ausweitung des Chemiegeschäfts, die Produktion nachhaltigerer Treibstoffe und Kreislaufwirtschaft. Details nannte er noch keine.

Taxonomie und Gas

Am Mittwoch fiel die Entscheidung: Die EU-Kommission stuft Atomkraft und Gas unter gewissen Bestimmungen als nachhaltig ein. Österreich bereitet rechtliche Schritte vor, wie Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ankündigte, DER STANDARD hat berichtet. Stern sieht in der Entscheidung eine "Anerkennung aus Brüssel, dass mit Gas als Übergangsenergie gegenüber Kohle eine signifikante CO2-Reduktion erzielt werden kann". Emissionen müssten schnell reduziert werden, jedoch sei die Gasproduktion in Europa rückläufig, und der Energiebedarf steige.

Weltweit stieg der Gasverbrauch im Vorjahr um 4,6 Prozent gegenüber 2020 und damit über das Niveau vor Corona, wie aus einem Bericht der Internationalen Energieagentur IEA hervorgeht.

Nichtsdestotrotz spielt Öl nach wie vor eine entscheidende Rolle. Firmenangaben zufolge förderte die OMV im Schnitt 486.000 Barrel Öl pro Tag, für das laufende Geschäftsjahr rechnet man mit rund 470.000 Barrel. Erwartet wird, dass sich der durchschnittliche Brent-Preis bei 75 US-Dollar pro Fass einpendeln wird – aktuell bewegt er sich bei knapp unter 90 Dollar.

Nord Stream 2

Seit einigen Tagen spielt im Ukraine-Konflikt zwischen Russland und der Nato auch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 eine wichtige Rolle. Würde Russland in der Ukraine einmarschieren, wäre das das Aus für Nord Stream 2, hieß es etwa in Washington. Politisch gab es vom OMV-Vorstand keine Äußerung zu der Situation. Sorgen, dass russischer Gaslieferungen ausbleiben könnten, teilt Stern allerdings nicht. Die OMV habe schon 1968 für Österreich als erstes westliches Land Gaslieferverträge mit Russland abgeschlossen, und die Gaslieferungen seien seither zuverlässig gekommen.

Die OMV hat ihren Liefervertrag mit dem russischen Gasmonopolisten erst 2018 bis zum Jahr 2040 verlängert. Überdies besteht natürliches Interesse beim heimischen Konzern, dass Nord Stream 2 anläuft, schließlich steuerte man 729 Millionen Euro bei. Den Finanzierungsvertrag hat die OMV mit der Schweizer Nord Stream 2 AG geschlossen. Stern zufolge seien vergangenes Jahr die ersten Rückzahlungen geflossen.

Dividende und Wertberichtigung

Wer OMV-Aktien hält, profitiert ebenfalls von dem Rekordergebnis, das mit den sechs Milliarden Euro fast doppelt so hoch ist wie der bisherige Rekord aus dem Jahr 2018 (3,65 Milliarden). Die Dividende wird um 24 Prozent angehoben und soll nun 2,30 Euro pro Aktie betragen.

Ein ebenfalls interessanter Punkt in der Bilanz sind die jüngsten Wertberichtigungen. Vor zwei Wochen hatte die OMV Abschreibungen und Wertberichtigungen in Höhe von 1,7 Mrd. Euro bekanntgegeben. Davon entfielen rund 40 Prozent (also rund 680 Mio. Euro) auf die Beteiligung an der ADNOC Refining, an dem Unternehmen hält die OMV 15 Prozent.

Weitere 35 Prozent entfielen auf die Öl- und Gasförderung (E&P) und der Rest auf den Kunstdüngerbereich der OMV-Chemietochter Borealis, der nun abgetreten wird: Borealis verkauft ihren Geschäftsbereich Düngemittel, Melamin und technische Stickstoff an den Düngemittelhersteller Eurochem. Eurochem habe ein verbindliches Angebot gelegt, das Geschäft werde mit 455 Mio. Euro bewertet. Der Abschluss des Verkaufs wird für die zweite Jahreshälfte 2022 erwartet. (Andreas Danzer, 3.2.2022)