Wien – Seit nunmehr 400 Tagen ist Österreichs Klimaschutzgesetz ausständig. Seither hat die Republik also keine klaren Vorgaben, wie es im Klimaschutz weitergeht und welche Emissionsreduktionen erreicht werden sollen. Auf diesen Missstand haben Fridays for Future am Freitag in mehreren österreichischen Städten aufmerksam gemacht – unter anderem vor dem Bundeskanzleramt. Dort nahmen 50 Aktivistinnen und Aktivsten an einem sogenannten "Die-in" teil – eine Aktionsform des gewaltlosen Protests, bei denen sich die Mitwirkenden auf den Boden legen und sich "tot" stellen. Mit der Aktion wollen die Organisatoren auf die vielen frühzeitigen Todesfälle durch die Klimakrise aufmerksam machen.

Am Freitag wurde in Wien, Graz und Linz demonstriert.
Foto: Fridays for Future/Rummel

Warum 50? Dabei beziehen sich die Klimaschützer auf eine Metastudie, die im vorigen Sommer im Fachmagazin "Nature" erschienen ist. "Die Studie besagt, dass pro 4.000 Tonnen von ausgestoßenem CO2 noch in diesem Jahrhundert eine Person an den Folgen der Klimakrise sterben wird", erklärt Aktivistin Verena Matlschweiger. Umgerechnet auf Österreichs täglichen Ausstoß von rund 200.000 Tonnen CO2-Äquivalenten hätte das jeden Tag rund 50 weitere verlorene Menschenleben bis 2100 zur Folge.

Verpflichtung zu wirksamen Maßnahmen

Die Organisatoren sind überzeugt, dass Österreich zahlreiche Menschenleben retten könne, wenn endlich die notwendige Treibhausgasreduktion gelingt. "Dafür braucht es aber ein Klimaschutzgesetz, das die heutige Regierung und alle zukünftigen Regierungen zu wirksamen Maßnahmen verpflichtet", sagt Matlschweiger.

Fridays for Future fordern von der Regierung ein wirkungsvolles Klimaschutzgesetz.
Foto: Fridays for Future/Rummel

Die Gesetzesnovelle hätte eigentlich mit Jänner des Vorjahres in Kraft treten sollen. Im April 2021 gelang ein Erstentwurf aus dem Klimaschutzministerium an die Öffentlichkeit. Seither wurde es still um das Gesetz. Dem Vernehmen nach laufen die Verhandlungen zäh, ein baldiges Ende ist vorerst zumindest nicht in Sicht. Anzunehmen ist, dass beide Seiten möglichst viel rausholen möchten. Für die Grünen dürfte das mitunter ein klares Bekenntnis zur Klimaneutralität bis 2040 inklusive des Reduktionspfads sein. Die ÖVP dürfte hingegen unter anderem versuchen, eine zu starke Belastung für Industrie und Wirtschaft abzufedern.

Monatelanges Warten

Vonseiten des zuständigen Klimaschutzministerium heißt es mittlerweile seit Monaten, dass sich die Verhandlungen in einer finalen Phase befänden. Wann diese zu Ende geht, ist – wie der Inhalt des finalen Gesetzes – weiterhin nicht bekannt. Bei der Volkspartei klingt das anders: "Ich habe bis heute kein offizielles Papier vom Ministerium gesehen, und es wurden keine Verhandlung geführt", zitiert der "Falter" ÖVP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager. "Ich habe den Eindruck, die Grünen wollen lange warten, um öffentlichen Druck zu machen, damit sie auch kritische Punkte im Gesetz unterbringen."

Fridays for Future haben auf jeden Fall klare Vorstellungen, wie die Novelle aussehen sollte, und fordern folgende Mindestanforderungen: Das Ziel der Klimaneutralität sowie ein Grundrecht auf Klimaschutz sollen in der Verfassung verankert werden. Zudem soll es jährliche Emissionsobergrenzen je Sektor geben, die mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel sind. Darüber hinaus fordern die Aktivistinnen und Aktivisten Sofortmaßnahmen, die in Kraft treten, wenn die Regierung auf ein Verfehlen der Klimaziele zusteuert. Auch diese müssten in der Novelle definiert werden. (lauf, 4.2.2022)