Lockdowns und Quarantäneregelungen sorgten für massive Frequenzverluste, es kam zu zahlreichen Mietstreitigkeiten, Umsätze wanderten ins Internet ab: Das erste Corona-Jahr 2020 war auch für den Einzelhandel eine große Herausforderung. Dass es für Geschäftsraummieter staatliche Hilfen sowie rechtliche Erleichterungen (Mietenstopps im Lockdown) gab, für Vermieter aber keine, sorgte zusätzlich für viel Ärger.

Im Vorjahr setzte dann aber eine rasche Erholung ein; auch deshalb, weil sich Aktivitäten naturgemäß von 2020 auf 2021 verschoben hatten. Doch dass Mario Schwaiger, Einzelhandelsexperte bei EHL Immobilien, bei der Präsentation des jüngsten Geschäftsflächenberichts von einer "echten Aufbruchsstimmung" sprechen konnte, hat mehrere Gründe. Zum einen ließen die pandemiebedingten Verwerfungen Flächen freiwerden – viele davon aus den Bereichen Mode und Schuhhandel, wo der Flächenbedarf weiter zurückgeht –, die ohne Corona wohl nicht so schnell frei geworden wären. Damit hätten sich "Chancen für neue Konzepte eröffnet, die sonst vielleicht noch jahrelang nach erstklassigen Standorten hätten suchen müssen". Die rasche wirtschaftliche Erholung und der damit verbundene Optimismus hätten dafür gesorgt, "dass diese Chancen nun auch tatsächlich genutzt werden".

Ein relativ neues Phänomen sind außerdem Showrooms, etwa von Autoherstellern: Porsche eröffnete im Vorjahr die Mooncity in der Kärntner Straße.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

"Spannende Konzepte"

So treffe derzeit eine "beachtliche Zahl spannender Retailkonzepte auf ein großes Angebot attraktiver Flächen". Am expansivsten war im Vorjahr zwar der traditionelle Lebensmitteleinzelhandel, "der große Gewinner der vergangenen beiden Jahre". Etablierte Supermarktketten hätten ihre Filialnetze ausgebaut, daneben hätten aber auch Biosupermärkte an Terrain gewinnen und die gerade stark wachsenden Onlinelebensmittelhändler verstärkt Flächen in Zentrallagen suchen und finden können.

Doch beispielsweise zeige sich derzeit auch die Möbelbranche sehr aktiv, sagte Schwaiger kürzlich auf einer Pressekonferenz, ebenso wie Non-Food-Discounter wie Tedi, Action, Kik oder NKD. Und die Gastronomie sei ebenfalls weiter am Expandieren, sowohl die internationale Systemgastronomie als auch heimische Gastrounternehmen.

Showrooms und Automaten

Ein relativ neues Phänomen sind außerdem Showrooms, etwa von Autoherstellern: Porsche eröffnete im Vorjahr die Mooncity in der Kärntner Straße, Volvo den Polestar Space Vienna in der Wallnerstraße. Solche Showrooms würden ebenso wie Monobrand-Stores weiter an Bedeutung gewinnen, sagte Schwaiger. Dabei werde auch die Verzahnung mit dem Onlinehandel "intensiviert".

Und auch in Automatenstationen beziehungsweise sogar ganzen Automatensupermärkten sehen Expertinnen und Experten neue Chancen insbesondere auch für Eigentümer von Erdgeschoßflächen, die schon länger leerstehen. "Das sind zwar sicher nicht die Mieter, die man sich wünschen würde, aber letztlich ist doch alles besser als Leerstand", sagte Schwaiger. Für diese Konzepte werden auch bei weitem nicht so große Flächen wie für einen Supermarkt benötigt, es reichen meist 30 bis 100 Quadratmeter. (Martin Putschögl, 13.02.2022)