Die Historikerin Janja Dora Ivančić beleuchtet im Gastblog, wie man versuchte, die orthodoxen Slawen in Dalmatien zum Katholizismus zu bekehren.

Im Jahr 1741 verließ ein Buch mit dem Titel Missale romanum slavonico idiomate ("Römisches Messbuch in slawischer Sprache") die Druckerei der römischen Kurie. Herausgegeben von Matej Karaman, dem Bischof von Osor und späteren Erzbischof von Zadar (Kroatien), war es für den Einsatz im Gottesdienst in Dalmatien vorgesehen. Für den Druck wurde die glagolitische Schrift verwendet, während die Sprache als Schriftslawisch (lingua litterale Slava) oder Illyrisch (lingua Illyrica) bezeichnet wurde.

Wer heute in Europa zur Messfeier geht, hört diese in der Regel in seiner Muttersprache. Allerdings war das katholische Christentum nicht immer so nachsichtig bezüglich der im Gottesdienst verwendeten Sprache. So waren Latein, Hebräisch und Griechisch als heilige Sprachen der Liturgie anerkannt, während die Auslegung des Wortes Gottes den Priestern überlassen wurde. Erst im 20. Jahrhundert begann man in Europa, die katholische Messliturgie auch in den Landessprachen zu feiern.

Was genau war also dieses "Schriftslawisch" des Missale, und warum druckte die römische Kurie im 18. Jahrhundert ein Buch in dieser Sprache? Die Antwort auf diese Frage führt uns zur Geschichte eines Mannes, dessen Entschlossenheit die päpstliche Politik prägte, dessen Eifer jedoch genau das vereitelte, wonach er strebte.

Das Titelblatt des von Matej Karaman edierten Römischen Messbuches in slawischer Sprache und glagolitischer Schrift (1741).
Foto: Digitalne zbirke Nacionalne i sveučilišne knjižnice u Zagrebu

Die Sicht der Sprachwissenschaft

Die sprachwissenschaftliche Forschung kann uns über mehrere Aspekte Aufschluss geben: So waren es zum einen die heiligen Kyrill und Method, die während ihrer Mission unter den Slawen Mitteleuropas im Jahr 863 als erste die slawische Sprache in liturgischen Texten verwendeten. Zur Niederschrift dieses sogenannten Altkirchenslawischen entwickelte Kyrill das glagolitische Alphabet (nicht etwa das nach ihm benannte Kyrillische). Papst Adrian II. (867–872) gestattete auch den Gebrauch des Altkirchenslawischen unter Verweis auf den Römerbrief 14,11: "Denn es steht geschrieben: 'So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir wird sich jedes Knie beugen, und jede Zunge wird Gott bekennen.'"

Zum anderen entwickelte das Altkirchenslawische im Laufe der Zeit eine Reihe von Varianten, die zunehmend von den lokalen Volkssprachen durchdrungen wurden und die als Redaktionen bezeichnet werden. Eine dieser Varianten war das in Dalmatien verwendete Kroatisch-Kirchenslawische.

Heute wissen wir auch, dass die Sprache, die Matej Karaman als Schriftslawisch bezeichnet, in Wirklichkeit eine andere Redaktion des Kirchenslawischen war, nämlich das Ostslawisch-Kirchenslawische, das von der ruthenischen griechisch-katholischen Kirche für die Liturgie verwendet wurde. Das eingangs erwähnte von ihm herausgegebene Missale war ursprünglich ein glagolitisches Messbuch, das in Dalmatien verwendet und aus dem Kroatisch-Kirchenslawischen ins Ostslawisch-Kirchenslawische "korrigiert" wurde.

Man muss sich angesichts dieser komplizierten Zusammenhänge fragen, welche Vorteile es hatte, die Sprache der Ostslawen zweitausend Kilometer weiter westlich, in Dalmatien, zu verwenden. Und schließlich, welche Motive lagen Karamans Handeln zugrunde?

Katholische Mission und die Frage der Liturgiesprache

Der im Jahr 1700 geborene Matej Karaman war Mitglied der Heiligen Kongregation für die Verbreitung des Glaubens (Sacra Congregatio de Propaganda Fide). Der Zweck dieser im Jahr 1622 gegründeten Sonderkongregation der römischen Kurie war die Aufrechterhaltung des rechten Glaubens unter den Katholiken sowie die Missionierung von Nichtkatholiken. Seit dem 17. Jahrhundert hatte die Propaganda Fide die Idee einer universellen slawischen Liturgiesprache vorangetrieben und begonnen, das Ostslawisch-Kirchenslawische in die dalmatinisch-glagolitischen Bücher einzuführen. Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen verlor das einstmals am päpstlichen Hof als "Illyrisch" geschätzte Kroatisch-Kirchenslawische gegenüber dem Ostslawisch-Kirchenslawischen an Autorität. Zudem rief die Tatsache, dass das Kroatisch-Kirchenslawische, zunehmend volkssprachliche Elemente aufnahm, den Widerstand der Kirche hervor, die in dieser 'Vulgarisierung‘ eine Entwicklung sah, die dem von den Protestanten favorisierten Sprachgebrauch nahekam. Denn auch diese nutzen den Buchdruck – unter bewusster Verwendung einer der gesprochenen nahen Schriftsprache.

Zum anderen hoffte die Propaganda Fide, mit der Verwendung des Ostslawisch-Kirchenslawischen die ruthenischen Unierten (welche ihren orthodoxen Ritus beibehielten, sich aber ebenfalls der Autorität des Papstes unterstellten) davon zu überzeugen zu können, sich an der Missionstätigkeit unter den orthodoxen Slawen und insbesondere in Russland zu beteiligen. Durch diese einheitliche liturgische Schriftsprache sollten die orthodoxen Slawen davon überzeugt werden, sich der kirchlichen Autorität Roms zu unterstellen. Aus Sicht der Propaganda Fide erwies sich daher die Idee, jede Sprache (oder in diesem Fall mehrere slawische Sprachen) als Liturgiesprache zuzulassen, als unpraktisch. Insofern handelte Karaman im Einklang mit dem, was die zeitgenössische Sprachauffassung der Kirche ihn gelehrt und die Propaganda Fide von ihm verlangte hatte.

Vor der Herausgabe des Missale Romanum hatte Matej Karaman fünf Jahre in Russland verbracht und dort das Ostslawisch-Kirchenslawische beziehungsweise was er als Schriftslawisch verstand, erlernt. Die in dieser Zeit entwickelten Ansichten über das Schriftslawische legte er in zwei Anfang der 1750er-Jahre verfassten Traktaten dar. Die Schriften waren für den Papst beziehungsweise für die Präfekten der Propaganda Fide geschrieben und dienten als Grundlage für Dekrete in Fragen der slawischen Sprache. Da die Präfekten der Propaganda Fide kaum Einblick in die komplizierten Verhältnisse hatten, waren sie auf Informationen von Muttersprachlern wie Karaman angewiesen.

Der Blick auf den Petersdom aus dem Historischen Archiv "de Propaganda Fide", Vatikan/Rom.
Foto: Janja Dora Ivančić

Der Vorrang des Illyrischen

Im Gegensatz zu der oben beschriebenen modernen Sichtweise sah die Sprachlandschaft der slawischen Welt für Karaman ganz anders aus. Als Gelehrter war Karaman mit der zeitgenössischen Auffassung von der Existenz einer Protosprache beziehungsweise einer einstmaligen Universalsprache vertraut. Er glaubte, dass die ursprüngliche Version des Schriftslawischen das Illyrische oder "wahre Slawische" (vero Slavo) gewesen und im 5. Jahrhundert vom Heiligen Hieronymus und nicht vom Heiligen Kyrill aufgezeichnet worden sei. Diese Sprache sei den Illyrern, Dakern, Goten, und später auch den Slawen gemeinsam gewesen. Ferner war Karaman ein Anhänger der auf das 13. Jahrhundert zurückgehenden Glaubens, wonach der Heilige Hieronymus die glagolitischen Buchstaben erfunden habe, die daher auch als littera Hieronymiana bezeichnet werden. Die Sprache, die die Heiligen Kyrill und Method im Rahmen ihrer Mission unter den Slawen Mitteleuropas verwendeten, wird von Karaman als eine spätere Entwicklungsstufe des Illyrischen betrachtet und als Schriftslawisch bezeichnet. Der eigentümlichen Wahl der Sprache des Messbuchs von 1741 lag also Karamans Überzeugung zugrunde, dass diese Sprache dieselbe gewesen sei, die seit der kyrillo-methodianischen Mission unverändert geblieben sei und letztlich auf den Heiligen Hieronymus aus dem 5. Jahrhundert zurückgehe.

Außerdem waren es für Karaman nur die orthodoxen Slawen, die die eigentliche Liturgie und Sprache der kyrillio-methodianischen Mission bewahrt hätten. Davon überzeugt, dass sowohl die mit Rom vereinten als auch alle anderen orthodoxen Slawen dieselbe Liturgiesprache verwendeten, schloss er, dass der Heilige Stuhl gewissermaßen deren eigene Waffe gegen die Orthodoxen einsetzen müsse, indem er das Ostslawisch-Kirschenslawische auch in die katholischen liturgischen Bücher einführe. Karaman zufolge würden die orthodoxen Slawen einsehen, dass die katholischen Slawen die gleiche Sprache wie sie verwenden, und daher leichter zum Glaubensübertritt bewegt werden könnten.

Zudem interpretierte Karaman auch historische Quellen, um den päpstlichen Vorrang über die Gebiete zu begründen, in denen die besagte Sprache verwendet wurde. Ungeachtet der mittlerweile als gesichert geltenden Auffassung, dass die Heiligen Kyrill und Method vom byzantinischen Kaiser auf ihre Mission geschickt wurden, beansprucht Karaman die päpstliche Jurisdiktion für alle Gebiete, in denen einst das Schriftslawische verwendet wurde, da die Sprache der Mission schließlich vom römischen Papst in Rom genehmigt wurde. Seiner Ansicht nach sei die gesamte römische Provinz Illyricum einst der päpstlichen geistlichen Gerichtsbarkeit unterstellt gewesen – und somit die Autorität des Papstes über alle Christen im ehemaligen Illyricum begründet.

Die katholisch-orthodoxe Rivalität in Dalmatien

In seiner Heimat Dalmatien hatte Karaman mehrere Gründe, auf die Verwendung des von ihm favorisierten Schriftslawischen zur Lösung politisch-religiöser Fragen zu drängen. Die erste betraf die von den Serbischen Patriarchen von Peć (in Kosova/Kosovo gelegen) beanspruchte Oberhoheit über alle Gebiete Südosteuropas, in denen Gläubige des orthodoxen Ritus in slawischer Sprache leben. Zum Ärger Karamans betraf dieser Anspruch auch das venezianische Dalmatien, wohin infolge der venezianisch-osmanischen Kriege und Grenzverschiebungen verstärkt orthodoxe Christen aus Bosnien gelangt waren. Demgegenüber stellte Karaman klar, dass Dalmatien eben venezianisches Herrschaftsgebiet sei, das ihrerseits unter päpstliche Jurisdiktion falle. Daher seien alle orthodoxen Serben als Christen in einem katholischen Herrschaftsgebiet dem Papst gegenüber zur Treue verpflichtet. Außerdem, so Karaman, seien die Serben wie die Bulgaren ursprünglich im lateinischen Ritus getauft worden, wodurch sie unter päpstliche Jurisdiktion stünden. Bei der Entsendung von Missionaren in diese Gebiete gehe es also lediglich darum, sie wieder zum lateinischen Ritus zu bewegen.

Karaman war überzeugt, dass die in vermeintlich universeller slawischer Schriftsprache gedruckten Bücher unter den Orthodoxen in Dalmatien genügend Einfluss gewinnen würden, um die angestrebte Konversion zu erleichtern. Und seiner Ansicht nach sollte dies nicht allzu schwierig sein, da der einzige wirkliche Unterschied zwischen Katholiken und Orthodoxen in seinen Augen nicht in der die liturgische Sprache, sondern lediglich die Schrift sei, wobei die Katholiken das glagolitische und die Orthodoxen das kyrillische Alphabet verwendeten.

Dennoch war er sich bei allem Lob der einenden Schriftsprache auf ostslawisch-kirchenslawischer Basis der dogmatischen Unterschiede gerade zur russisch-orthodoxen Kirche bewusst. Überhaupt sah er den zunehmenden Einfluss des orthodoxen Zarenreichs auf den östlichen Adriaraum. Daher bestand er auf der Verwendung des Schriftslawischen auch in den Missionen, die die Propaganda Fide nach Russland schickte. Denn nur durch die Bekehrung Russlands könne der russische Einfluss auf das Pećer Patriarchat und die Orthodoxen in Dalmatien und auf dem Balkan überhaupt zurückgedrängt werden.

Die Kirche des Heiligen Donat (9. Jahrhundert) mit dem Glockenturm (15./19. Jahrhundert) der Kathedrale der Heiligen Stošija, Zadar.
Foto: Janja Dora Ivančić

Das Scheitern des Karaman'schen Projekts

Wenn nach Karamans Plan Dalmatien der Ausgangspunkt für die Missionierung der orthodoxen Slawen sein sollte, so brauchte Karaman Unterstützung vor Ort. Laut Karaman spreche der wandelbare Charakter der Volkssprache gegen ihre Verwendung in der Kirche. Die von ihm favorisierte Schriftsprache, die weder geografischen Veränderungen unterliegt, noch im Laufe der Zeit korrumpiert wurde, stellt Karamans geradezu verzweifelten Versuch dar, Schriftslawische als kirchliche Standardsprache zu forcieren. Jedoch, es gelang ihm nicht, die Kirche in Dalmatien für sich zu gewinnen. Vor allem der niedere katholische Klerus war gegen die Idee des von ihm geförderten Schriftslawischen. Gerade der Klerus weigerte sich, Karamans Missale Romanum und das darin enthaltene Schriftslawische zu verwenden, weil es als unverständlich galt, und wandte sich stattdessen zunehmend der Volkssprache zu.

Am Ende trugen Karamans immense Anstrengungen bittere Früchte. Wie wir heute wissen, gelang es ihm nicht, die orthodoxen Slawen zu katholisieren. Auch die praktische Anwendung seines Schriftslawischen erwies sich als nicht zu bewältigende Herausforderung: Die Propaganda Fide konnte weder genügend Priester ausbilden, um diese Sprachpolitik umzusetzen, noch genügend Begleitmaterial für dieses schriftslawische Messbuch drucken. Sich zur obersten Autorität dieses Schriftslawischen aufschwingend, war Karaman nahezu die einzige Autorität, was zur Folge hatte, dass in den Priesterseminaren nur unzureichend geschulte Lektoren vorhanden waren. Zwar überzeugte sein Beharren auf dem Schriftslawischen Papst Benedikt XIV. (1740–1758), die Volkssprache für den Gebrauch am Altar zu verbieten, doch konnte das Messbuch die Orthodoxen letztlich nicht anlocken und stieß gleichzeitig die Katholiken ab. So scheint es, dass Karamans Vorhaben statt zu jeder Zunge, die im Dienste Gottes stehen sollte, zu keiner Zunge geführt hat. (Janja Dora Ivančić, 25.2.2022)