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Cleopas Dlamini, Premierminister von Eswatini, wird von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Ratspräsident Charles Michel beim EU-Afrika-Gipfel in Brüssel empfangen.

Foto: Olivier Hoslet, Pool Photo via AP

Die Europäische Union müsse mit den afrikanischen Staaten "ein neues Bündnis, eine Partnerschaft auf Augenhöhe" entwickeln. Denn Europa werde nicht erfolgreich sein, "wenn wir Afrika nicht zum Erfolg verhelfen". Es waren große, idealistische Worte, die Staatspräsident Emmanuel Macron bei einer von der französischen Entwicklungsbank Mittwochabend in Paris organisierten Konferenz über Investitionen und Start-ups für die "Francophonie" in der Subsahara fand.

Am Vorabend eines zweitägigen EU-Afrika-Gipfels, der Donnerstagnachmittag in Brüssel begann, wollte er auch als derzeitiger EU-Ratsvorsitzender vor allem die Stimmung heben. In den Ohren von Macky Sall, Präsident des Senegal und Chef der Afrikanischen Union (AU), der alle 55 Staaten des Kontinents angehören, klingt das wie Musik. Er und seine Regierungskollegen sollen nach Angaben der EU-Kommission bis zum Jahr 2030 insgesamt 150 Milliarden Euro an Investitionen aus Europa bekommen. Das wollten die Staats- und Regierungschefs und -chefinnen der 27 EU-Staaten, die sich zuvor zu Russland besprachen, genehmigen.

Alternative zur "Seidenstraße"

Das Geld würde aus dem EU-Budget, von den Mitgliedsstaaten und auch von privaten Investoren kommen, die ihr Geld in Zukunftsprojekte stecken sollen – von Klimaschutz, Erhaltung der Artenvielfalt, Bildung der Jugend bis hin zur digitalen Entwicklung. In Brüssel wird das als Alternative zum Projekt "Seidenstraße" gesehen. China investiert auch viel in Afrika. Wie viel genau von wem und wofür eingesetzt werden würde, das ist auf europäischer Seite im Detail völlig offen, ohnehin laufende Projekte werden "umetikettiert".

Aber das zu klären ginge auch weit über das Ziel dieses "Afrikagipfels" hinaus. Die EU-Partner suchen mit den AU-Partnern in Wahrheit einen "Neustart". Die Beziehungen sind seit Jahren von einer Fülle von Problemen, Krisen und Bürgerkriegen belastet, auch von Regimewechseln durch Putsch. Die Corona-Pandemie hat das seit zwei Jahren verschlimmert.

Versäumtes nachholen

Das Treffen hätte eigentlich schon Ende 2020 unter deutschem EU-Vorsitz stattfinden sollen, um die drei Jahre vorher beim fünften Gipfel EU-AU in Abidjan in Elfenbeinküste vereinbarte "gemeinsame Strategie" auf Umsetzung zu evaluieren. Damals hatte man sich schwerpunktmäßig vorgenommen, Demokratie und gutes Regierungshandeln zu stützen, das Migrationsproblem in geordnete Bahnen zu lenken. Und es sollten natürlich Investitionen und Wirtschaftsentwicklung angekurbelt werden.

Effektiv umgesetzt wurde davon wenig. So finden sich praktisch die gleichen strategischen Ziele von 2017 auch in der vorbereiteten Schlusserklärung wieder, die am Freitag verabschiedet werden soll. Die fast 70 Regierungschefs arbeiteten die einzelnen Themen in kleineren Gesprächsrunden auf, Bundeskanzler Karl Nehammer als Kovorsitzender bei Bildung und Jugend. Wie sehr jedoch Sand im Getriebe der Beziehungen ist, zeigte sich schon an den Einladungslisten. Die Umstürzler aus Burkina Faso und Mali standen gar nicht erst drauf.

Abzug aus Mali

Exemplarisch dafür, wie komplex die Verhältnisse sind, ist Mali, wo Frankreich und die EU seit 2013 eine Militäraktion im Kampf gegen den IS und zur Demokratisierung durchführen. Ausgerechnet Macron gab kurz vor dem Gipfel bekannt, dass er seine Truppen aus Mali abziehe. Strategie und Ziele seien mit Machthabern, die auf russische Söldner setzen, unvereinbar. Die EU-Mission bricht also weg.

Ein großes Problem bleibt der Kampf gegen die Corona-Pandemie, die afrikanische Seite fühlt sich im Stich gelassen. Die Kommission strebt jedenfalls an, dass die Zahl der gespendeten Impfdosen für Afrika bis Mitte 2022 auf 450 Millionen Stück vervierfacht wird. Europa ist der weltweit größte Spender, aber viele EU-Staaten haben bisher nur abgegeben, was sie selber nicht mehr brauchen können. (Thomas Mayer, 16.2.2022)