Es gibt eine neue heiße Spur beim größten Ethereum-Hack der Geschichte.

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Nach der Verhaftung eines mutmaßlichen Gaunerpärchens, das im Jahr 2016 beim Hack der Kryptobörse Bitfinex bis zu 120.000 Bitcoin entwendet haben soll, könnte ein weiterer aufsehenerregender Kryptokriminalfall kurz vor seiner Lösung stehen. Beim größten Diebstahl in der Geschichte der Ethereum-Blockchain wurden ebenfalls 2016 mehr als 3,6 Millionen Ether abgezogen.

Die "Forbes"-Journalistin Laura Shin will den Verantwortlichen dahinter aufgespürt haben: einen 36-jährigen Programmierer, der in Österreich aufgewachsen ist, zum Zeitpunkt des Hacks aber in Singapur gelebt haben soll. Er soll eine Lücke in einem dezentralen Ethereum-Crowdfundingprojekt namens DAO ausgenutzt und ein Drittel der darin geparkten Token entwendet haben, wie eine aktuelle forensische Analyse von Netzwerktransaktionen ergeben habe.

Aus Ethereum wurde Ethereum Classic

Da der Diebstahl drohte, das gesamte Ethereum-Netzwerk in Verruf zu bringen und auch den Wert der Währung Ether belastete, entschied sich die Community inklusive Ethereum-Gründer Vitalik Buterin zu einem äußerst umstrittenen Schritt. Um die gestohlenen Ether praktisch wertlos zu machen, wurde die Blockchain mittels sogenannter Hard Fork zweigeteilt. Die sozusagen abgeschnittene ursprüngliche Ethereum-Blockchain firmierte künftig unter der Bezeichnung Ethereum Classic.

Statt der erbeuteten 3,6 Millionen Ether (ETH), die heute über acht Milliarden Euro wert wären, blieben dem Hacker 3,6 Millionen Token von Ethereum Classic (ETC). Der Plan der Community, dass die Token mit der Zeit völlig wertlos werden, ging nur bedingt auf. Angesichts des Preises von aktuell 23,1 Euro pro ETC handelt es sich immer noch um ein Volumen von über 80 Millionen Euro – sollte der mutmaßliche Hacker immer noch über die erbeuteten Token verfügen.

Weißwaschen fast unmöglich

Laut Shin, die ihre in "Forbes" publizierte Recherche im Rahmen eines Buches veröffentlichen wird, gelang das Weißwaschen der Token – ähnlich wie beim Bitcoin-Gaunerpaar – aber nur sehr schlecht. Gerade einmal 0,2 der 3,6 Millionen ETC soll der mutmaßliche Hacker damals geschafft haben, in Bitcoin umzutauschen. Danach soll er bzw. etwaige andere involvierte Personen aufgegeben haben, um nicht ihre Identität zu gefährden.

Sollte der 36-jährige Programmierer und Geschäftsmann tatsächlich hinter dem Hack stecken – Shin zufolge bestreitet er die Vorwürfe, soll bisher aber auch nichts zur Aufklärung beigetragen haben –, würde ihm wie dem in New York festgenommenen Paar zum Verhängnis werden, dass die Blockchain und das Internet nicht vergessen. Mit weiterentwickelten Forensikwerkzeugen ist es heute möglich, in den Milliarden von Transaktionen auf Spurensuche zu gehen und so auch Fälle aufzuklären, die bereits vor sechs Jahren stattgefunden haben. (red, 22.2.2022)