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Heather Morgan und Ilya Lichtenstein wollten Bitcoins in Milliardenhöhe waschen, doch sie scheiterten an der Technik hinter Kryptowährungen.

Foto: AP / Elizabeth Williams

Bitcoin ist anonym. So lautet nach wie vor ein weitverbreiteter Irrglaube. Ein Denkfehler, dem auch ein Ehepaar aus New York aufgesessen sein dürfte. Beide wurden am Dienstag verhaftet, und die Staatsanwaltschaft legt ihnen den Versuch zur Last, Bitcoins in Milliardenhöhe zu waschen. 120.000 Coins wurden vor rund fünf Jahren bei einem Hackerangriff auf die Börse Bitfinex gestohlen. Davon sicherten Ermittler 95.000 Bitcoins, die mittlerweile rund 4,5 Milliarden Dollar wert sind. Der Verbleib von den weiteren 25.000 Bitcoins ist momentan ungeklärt.

Es sei die größte Beschlagnahmung von Finanzprodukten in der US-Geschichte, teilte Staatsanwältin Lisa Monaco mit. Der Erfolg zeige, dass Kryptowährungen keine sicheren Häfen für Kriminelle seien. Als Hauptverdächtige benannt wird ein Ehepaar – der amerikanisch-russische Staatsbürger Ilja Lichtenstein und die Amerikanerin Heather Morgan. Sie ist keine Unbekannte. Morgan veröffentlichte mehrfach Texte für das US-Magazin Forbes, war als Rapperin unter dem Pseudonym Razzlekhan aktiv und Chefin des auf E-Mail-Marketing spezialisierten Unternehmens Salesfolk. Außerdem betrieb sie die Firma Endpass, die KI-gestützte Identitätsprüfung und Betrugsbekämpfung anbietet – das ironische Sahnehäubchen in diesem Fall.

Zugangscodes gespeichert

Es ist aufwendig, digitale Spuren auf der Blockchain nachzuverfolgen und Transaktionen zuzuordnen, aber es geht. Und brachte den Waschgang des Ehepaars ins Schleudern. Den Behörden soll die Beschlagnahmung gelungen sein, weil Lichtenstein die Adressen der Wallets und Zugangscodes in einer Liste im Cloudspeicher seines E-Mail-Anbieters hinterlegt hat.

"Kryptowährungen zu waschen, ist extrem schwer", sagt der Chef der heimischen Kryptoplattform Coinpanion Alexander Valtingojer, "jede Transaktion wird auf der Blockchain gespeichert und ist dadurch für immer nachvollziehbar." Es gebe zwar Coins wie Monero, bei denen das nicht möglich ist, die würden in Europa jedoch kaum gehandelt.

Alles in den Mixer

Allerdings gibt es die Möglichkeit, Spuren der Coins via einen sogenannten Mixer zu verschleiern. Dabei handelt es sich um ein Tool von einem Drittanbieter. Bitcoins werden in einem Pool gebündelt und durch viele Transaktionen sozusagen aufgeteilt und wieder zusammengesetzt. "Das macht die Verfolgung aufwendiger, aber nicht unmöglich", sagt Valtingojer.

Diese Technik nutzte auch das Paar aus den USA, sie schickten die Cyberdevisen durch zahllose virtuelle Börsen und auch das Darknet, in der Hoffnung, danach "sauberes" Geld auf unterschiedliche Konten aufzuteilen. Außer den "Mixern" selbst kann niemand die eingehenden und ausgehenden Transaktionen verknüpfen. Im konkreten Fall wurde der Dienst aber im Sommer 2017 von FBI und Europol beschlagnahmt und abgedreht. Über die Transaktionsprotokolle habe sich die Verbindung zu den gestohlenen Coins bei Bitfinex herstellen lassen, heißt es beim FBI.

Bargeld zum Waschen

Lassen sich Kryptowährungen dann überhaupt waschen? Wenn, dann nur mithilfe von Bargeld. Wer schmutzige Bitcoins auf ein privates Wallet transferiert, bei dem man sich nicht wie bei herkömmlichen Börsen verifizieren muss, kann den Private Key (Zugangscode, Anm.) gegen Bargeld veräußern. Somit ist man grundsätzlich aus dem Schneider, die Kryptowährung dadurch aber nicht sauber.

Wie es mit den gestohlenen Bitcoins weitergeht, ist noch unklar. Bitfinex verlautbarte, alle rechtlichen Möglichkeiten für eine Rückzahlung ausschöpfen zu wollen. Dem Justizministerium zufolge soll ein Verfahren eingeleitet werden, bei dem Geschädigte ihre Assets zurückfordern können.

IWF äußert Sorge

Dem Kryptohype entsprechend bereiten auch Notenbanken eigene Digitalwährungen vor. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds Kristalina Georgiewa mahnte dabei zur Vorsicht. Jede Volkswirtschaft sei anders, es gebe nicht die eine Lösung für alle. Obergrenzen könnten helfen, einen Missbrauch für kriminelle Zwecke zu vermeiden. Außerdem könnten so zu plötzliche Abflüsse großer Summen verhindert werden. Teilweise wird befürchtet, dass Bankkunden in Krisenzeiten ihre Konten abräumen, weil sie digitales Zentralbankgeld für sicherer halten könnten. (Andreas Danzer, Georg Pichler, 9.2.2022)