Im Gastblog erörtert die Juristin Theresa Kamp, welchen Schutz es vor Gefährdern und Gefährderinnen gibt.

Wenn es um Gewalt in der Familie geht, schaut man ungern hin. "Das kommt in den besten Familien vor", heißt es. Wahr ist, dass Gewalt in der Familie unabhängig von sozialem Status, Einkommen oder Herkunft auftritt. Gewalt in der Familie ist für die Betroffenen besonders schlimm, weil der Täter oder die Täterin so nah ist. Trennungen und Scheidungen sind besonders gefährliche Lebenssituationen für Betroffene. Gewalt kann vieles sein, nicht nur körperliche Übergriffe. Was können Betroffene tun, um sich zu schützen? Es gibt mehrere Möglichkeiten, hervorzuheben sind Wegweisung, Betretungsverbot und die einstweilige Verfügung.

Wegweisung und Betretungsverbot

Polizeibeamte können einem Gefährder oder einer Gefährderin für zwei Wochen das Betreten einer Wohnung und auch die persönliche Kontaktaufnahme mit der gefährdeten Person (im Umkreis von 100 Metern) verbieten. Ein Beispiel: Ein Paar hat einen heftigen Streit in der gemeinsamen Wohnung. Einer spricht die Trennung aus, daraufhin rastet die andere Person völlig aus und bedroht den oder die Partnerin mit dem Umbringen. Die herbeigerufenen Polizeibeamten können den oder die Gefährderin aus der Wohnung wegweisen und mittels Betretungsverbots die Rückkehr für zwei Wochen untersagen. Das kann in einer akuten Krisensituation zur Deeskalation beitragen und Betroffene schützen. Seit 2021 gibt es außerdem eine verpflichtende Beratung für Personen, die aufgrund von Gewalt weggewiesen wurden.

Wegweisung durch die Polizei oder Betretungsverbote sind erste Schritte gegen Gefährder und Gefährderinnen.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Einstweilige Verfügung

Wenn eine Person längerfristig gefährdet ist, kann eine einstweilige Verfügung (EV) beim zuständigen Bezirksgericht beantragt werden. Sie soll möglichst rasch Schutzmöglichkeiten für Betroffenen bieten.

Mit einer EV ist es unter anderem möglich, die Kontaktaufnahme beziehungsweise die Annäherung an die gefährdete Person oder den Aufenthalt an bestimmten Orten zu untersagen. Wird eine Person zum Beispiel vom Ex-Partner oder der Ex-Partnerin stark bedroht, ist es nicht nur möglich, dem oder der Ex zu verbieten, sich einem zu nähern, sondern es kann auch verboten werden, an Orten wie dem Arbeitsplatz der gefährdeten Person, dem Kindergarten oder Schule des Kindes aufzutauchen.

Gibt es eine gemeinsame Wohnung und hat die gefährdete Person ein dringendes Wohnbedürfnis, kann dem oder der Gefährderin der Zutritt zur Wohnung verwehrt werden. Verlässt jemand die Wohnung nicht freiwillig, hilft auch die Polizei weiter.

Hält sich eine Person nicht an die Regeln der einstweiligen Verfügung oder des Betretungsverbots, drohen empfindliche Strafen. Abgesehen davon, dass die Polizei den Weggewiesenen oder die Weggewiesene bei wiederholten Verstößen festnehmen kann, stellt die Missachtung einer EV oder eines Betretungsverbots eine Verwaltungsübertretung dar. Es können Geldstrafen bis zu 2.500 Euro oder im Wiederholungsfall bis zu 5.000 Euro verhängt werden. Ist die Geldstrafe uneinbringlich, droht eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen.

Wann wird eine einstweilige Verfügung erlassen?

Vereinfacht gesagt kommt es zu einer EV, wenn der gefährdeten Person das weitere Zusammenleben oder Zusammentreffen mit dem Gefährder oder der Gefährderin unzumutbar ist, zum Beispiel wenn die gefährdete Person körperlichen Angriffen ausgesetzt war, diese angedroht wurden oder Psychoterror an der Tagesordnung ist. Beispiele für Verhaltensweisen, die ein Zusammenleben oder Zusammentreffen unzumutbar machen können: körperliche Gewalt, die Aufforderung, sich umzubringen, wiederholtes ordinäres Beschimpfen (Intensität entscheidend), Gewalt gegen die Kinder oder die Androhung körperlicher Gewalt. Je heftiger das Verhalten des Gefährders ist und je mehr es die gefährdete Person beeinträchtigt, desto eher wird die geforderte Unzumutbarkeitsschwelle erreicht.

Eine einstweilige Verfügung kann grundsätzlich nur für eine bestimmte Dauer (maximal sechs Monate beziehungsweise ein Jahr) ausgesprochen werden. Im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren kann die einstweilige Verfügung unter Umständen sogar bis zum Ende des Scheidungsverfahrens verlängert werden. (Theresa Kamp, 1.3.2022)