Alexander Choroschilow, Sieger im Schladming-Slalom 2015, ist Russlands bester Alpiner. Jetzt muss er abschnallen.

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ÖSV-Präsidentin Stadlober wollte Russland "nicht ausschließen".

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Wolfgang Maier, Alpindirektor des Deutschen Skiverbands, ist grundsätzlich auf der Seite von Stadlober.

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Fis-Vize Peter Schröcksnadel argumentierte dagegen.

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Angesichts der Sanktionen, die über Russland fast allerorten auch im Sport verhängt werden, hatte Roswitha Stadlober für Verwunderung gesorgt. Die ÖSV-Präsidentin sprach sich auf Servus TV dagegen aus, Russland von den Paralympics – ab Freitag in Peking – und von Weltcupbewerben im Wintersport auszuschließen. Sie würde russische Sportlerinnen und Sportler gerne weiterhin am Start sehen, freilich unter neutraler Flagge, ohne Nationenpunkte und ohne die russische Hymne.

Die Sanktionen, die Stadlober vorschweben, wären praktisch gleichbedeutend mit jenen, die zuletzt wegen russischer Dopingskandale bei Olympischen Spielen verhängt waren. Auch da, in Rio de Janeiro 2016, in Pyeongchang 2018 und in Tokio 2021, bekamen Russinnen und Russen weder ihre Hymne zu hören noch ihre Flagge zu sehen. Vielen ginge das nicht weit genug. Wer freilich meint, Stadlober stand mit ihrer Ansicht alleine da, der irrt. "Ich bin auf der Seite von Stadlober", sagte Wolfgang Maier, Alpindirektor des Deutschen Skiverbands (DSV), dem STANDARD.

ÖSV mit Connections

"Einer wie Putin gehört weg", sagte Maier, "und natürlich bin ich ein totaler Kriegsgegner." Aber ob Alexander Choroschilow, Russlands seit Jahren bester Alpiner, beim Slalom in Schladming oder sonst wo am Start stehe oder nicht, ändere nichts am Krieg. "Ich würde Choroschilow nicht aussperren", sagte Maier. Zugegeben, auch der DSV-Alpindirektor sieht sich in seiner "Argumentation nicht gut aufgestellt", wenn die Rede auf Teamsportarten wie etwa Eishockey komme. Es sei schwierig, da eine Grenze zu ziehen, erklärte Maier. "Aber bei Individualsportarten hab ich es mit einer überschaubaren Community zu tun." Man würde es sich "zu einfach machen, en masse auszuschließen".

Im ÖSV und im österreichischen Sport war man Russland über die Jahre durchaus gut, da und dort sogar freundschaftlich verbunden. Teresa Stadlober, Tochter der ÖSV-Präsidentin, hatte sich in Ermangelung heimischer Kolleginnen gemeinsam mit Russlands Langläuferinnen auf diese Saison vorbereitet, in der sie mit Olympia-Bronze ihren bis dato größten Erfolg feierte. Und Wolfgang Mitter, der Vater von ÖSV-Damencheftrainer Christian Mitter und Generalsekretär der Nordischen Ski-WM 1999, ist seit vielen Jahren Alpinmanager des russischen Skiteams. "Ich bin Bindeglied zwischen Trainern und Präsidium, organisiere Trainings und die Trainerausbildung, stelle auch Sponsoren auf", hat Mitter im Gespräch mit dem STANDARD einmal seine Aufgaben umrissen.

Fis auf IOC-Linie

Auch Peter Schröcksnadel, Vizepräsident des internationalen Ski-Verbands Fis, sieht es so, "dass die Athleten nichts für den Krieg können". Aber, das betont Schröcksnadel, der Skisport könne und dürfe hier kein Solo hinlegen. "Das IOC hat seine Mitgliedsverbände angehalten, Russland auszuschließen. Und wir sind ja ein IOC-Mitglied", sagt Schröcksnadel dem STANDARD. "Da sticht der Ober den Unter. Da können wir nicht aus der Reihe tanzen."

Schröcksnadel brachte gestern in einer eigens anberaumten Sitzung des Fis-Vorstands einen weiteren Aspekt aufs Tapet, jenen der Sicherheit – und zwar auch der Sicherheit russischer Sportlerinnen und Sportler. "Wer kann jetzt bei Bewerben etwa in Polen oder in Georgien, aber auch bei Bewerben in Österreich für ihre Sicherheit garantieren", fragte er und antwortete selbst: "Niemand kann das." Logische Folge war "im Einklang mit der IOC-Empfehlung" eine flott kommunizierte Fis-Entscheidung, laut der Russland und Belarus ab sofort von sämtlichen Bewerben ausgeschlossen sind. Damit soll "die Sicherheit aller Teilnehmer garantiert werden".

ÖSV-Präsidentin Stadlober ruderte am Dienstag übrigens zurück. Da war sie "bestürzt über die aktuellen Entwicklungen" und unterstützte "vollumfänglich" die IOC- und Fis-Linie. Die Fis hofft, "dass der Konflikt in der Ukraine bald ein Ende findet", auf dass "ein Heilungsprozess" beginnen könne und dann "wieder alle Athleten und Nationen Wettbewerbe bestreiten". Das klingt nach zwar schöner, aber auch noch sehr zukünftiger Musik. (Fritz Neumann, 1.3.2022)