Altkanzler Gerhard Schröder steht in der Kritik, weil er seine geschäftlichen Verbindungen zu Russland nicht kappt. Er ist unter anderem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft.

Foto: imago images/SNA/Alexey Vitvitsky

Es ist nicht so, dass Gerhard Schröder, der deutsche Ex-Kanzler (1998 bis 2005), gar nichts zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gesagt hätte. "Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine müssen schnellstmöglich beendet werden", schrieb er nach dem Einmarsch in der Vorwoche auf der Plattform Linkedin. Doch er erklärte dort auch: "Es gab viele Fehler – auf beiden Seiten."

Sehr viele in Deutschland hätten sich sehr viel deutlichere Worte gewünscht. Und vor allem, dass Schröder seine geschäftlichen Verbindungen zu Russland kappt. Er ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat zudem Führungspositionen bei den Pipelineprojekten Nord Stream und Nord Stream 2 inne. Außerdem soll er demnächst in den Aufsichtsrat des russischen Energieriesen Gazprom einziehen.

Mehrere Kündigungen

Doch es ist nicht bekannt, dass Schröder seinen Rückzug planen würde. Dies führt nun zu deutlichen Konsequenzen für ihn. Jene vier Mitarbeiter, die ihm auf Staatskosten finanziert werden, haben gekündigt. "Ich kann bestätigen, dass die vier Mitarbeiter in dem Büro gebeten haben, wieder in anderen Funktionen zu arbeiten", sagte Büroleiter Albrecht Funk aus dem Büro auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters und bestätigte damit entsprechende Meldungen des Nachrichtenportals "The Pioneer." Funk war mehr als 20 Jahre lang Büroleiter und Redenschreiber Schröders.

Formal sind die vier Mitarbeiter beim Kanzleramt angestellt, sie werden nun anderswo eingesetzt. Unklar ist, ob Schröder Ersatz bekommt. Selbst in der SPD ist man skeptisch. So erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff im "Handelsblatt", man solle sich zwar davor hüten, ehemaligen Kanzlerinnen und Kanzlern aufgrund unliebsamer Entscheidungen staatliche Privilegien vorzuenthalten. Doch: "In diesem besonderen Fall hat Gerhard Schröder jedoch aus meiner Sicht inzwischen sein Recht auf Amtsausstattung verwirkt, indem er sich nicht von Kriegstreiber und Völkerrechtsbrecher Putin distanziert."

Austritt gefordert

Entsetzen herrscht auch in der SPD. Der Kreisverband Berlin-Mitte hat einen Antrag beschlossen, in dem Schröder zum Austritt aus der SPD aufgefordert wird, wenn er nicht unverzüglich seine Ämter bei Rosneft und Nord Stream 2 niederlegt.

"Als SPD stehen wir an der Seite der ukrainischen Bevölkerung bei der Verteidigung gegen den Aggressor Wladimir Putin. Eine Zusammenarbeit mit dem Putin-Regime ist für Sozialdemokrat*innen daher nicht vereinbar", heißt es in dem Antrag. Einen Schritt weiter geht der SPD-Ortsverband Heidelberg. Er beantragte den Parteiausschluss Schröders. "Wir haben Schröder genug Zeit für einen sicheren Rückzug seiner Aktivitäten für russische Staatskonzerne gegeben, aber jetzt ist genug", sagt Sören Michelsburg, Kreisvorsitzender der SPD Heidelberg.

Auch SPD-Chef Lars Klingbeil hat Schröder aufgefordert, seine Jobs zu quittieren. In der Sitzung der Sozialdemokraten diese Woche erneuerte er die Forderung und erklärte laut Teilnehmenden: "Der Ball liegt bei Gerhard Schröder."

Nicht mehr bei Borussia Dortmund

In der Welt des Fußballs, wo sich Schröder stets zu Hause gefühlt hat, sieht es auch nicht gut aus. Er ist seit Mittwoch nicht mehr Ehrenmitglied beim Erstligisten Borussia Dortmund. Der Deutsche Fußballbund (DFB) prüft ebenfalls den Entzug der Ehrenmitgliedschaft.

Bela Anda, Schröders ehemaliger Regierungssprecher, stoppte den Podcast "Die Agenda". Er hatte mit Schröder regelmäßig Beiträge aufgenommen, noch Ende Jänner hatte der Altkanzler darin der Ukraine "Säbelrasseln" vorgeworfen und damit große Empörung ausgelöst.

Auswirkungen von Schröders Verhalten gibt es auch bis in die Schweiz. Nach 15 Jahren beendete der Ringier-Verlag die Zusammenarbeit mit dem Altkanzler. (Birgit Baumann aus Berlin, 2.3.2022)