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Es wird wieder geheiratet – vielfach aber nur in kleinem Kreis. Modehändler setzten von November bis Jänner im Schnitt um 35 Prozent weniger um als vor der Krise.

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Wien – Steuerzahler glauben, wir stopfen uns ihr Geld hinein, um es zu verprassen", sagt Christine Rührlinger. Dabei seien die Hilfen, die sie erhalte, in der Sekunde weg. Weil sie damit zusätzliche Kredite zurückzahle, ohne die ihr Geschäft die Pandemie wohl kaum überdauert hätte. "Dieses verzerrte Bild von uns Unternehmern ärgert mich."

Rührlinger verkauft Braut- und Festmode, ihr Betrieb Hänsel & Gretel zählt in Österreich zu den größten der Branche. Seit Eintrittsbarrieren in den Handel weitgehend fielen und der Weg für größere Feiern frei wurde, erlebt sie Aufschwung. Wobei keine Rede sei von Rückkehr in alte Zeiten. Ihr Umsatz in Gunskirchen liege um ein Viertel unter dem Niveau von der Zeit vor der Pandemie.

Hochzeiten auf dem Land mit 200 bis 300 Gästen gehörten der Vergangenheit an. Kunden zögerten Kaufentscheidungen hinaus. Denn wer wisse schon, ob geplante Veranstaltungen tatsächlich stattfänden – auch wenn es vielerorts in der Nachtgastronomie so aussehe, als gebe es kein Corona. Rührlinger befürchtet, dass Händler wie sie im Herbst erneut für zu den lockeren Umgang mit dem Virus bezahlen werden. Um die Verluste abzufedern, dazu reichten schon die bestehenden Förderungen nicht aus. "Ganz ehrlich? Sie sind ein Lercherl. Ich fühle mich veräppelt."

Wenig Lust auf Konsum

Günther Rossmanith, Obmann des Modehandels der Wirtschaftskammer, sieht seine Branche auf eine Pleitewelle zusteuern. Von November bis Jänner brach ihr Umsatz im Vergleich zu den Monaten vor der Krise im Schnitt um 35 Prozent ein, erhob das Institut Economica. Ein Viertel der Betriebe büßte mehr als die Hälfte des Geschäfts ein. "Der Krieg in der Ukraine wird die Konsumzurückhaltung verstärken."

Dennoch erhielten viele Händler keine oder nur geringe Ausfallsboni. Um ein Fünftel des verlorenen Umsatzes ersetzt zu bekommen, muss dieser um mehr als 40 Prozent eingebrochen sein. Die Hilfe ist zudem mit 80.000 Euro pro Monat gedeckelt. Das sei ein Tropfen auf den heißen Stein, klagt Rossmanith. Nahezu 570 Unternehmen mit mehr als 6000 Beschäftigten gingen trotz hoher Einbußen leer aus.

Er fordert einen Rettungsring, um die Modebranche, die von kleinen und mittelständischen Betrieben geprägt ist, über Wasser zu halten. Die Eintrittsschwelle für den Ausfallsbonus gehöre erneut auf 30 Prozent gesenkt. Die Ersatzrate und Deckelung müssten zugleich angehoben werden. Auf dem Spiel stünden 45.000 Arbeitsplätze.

Verhandlungen stocken

Verhandlungen mit dem Finanzministerium darob stocken jedoch, sagt Handelsobmann Rainer Trefelik. Der Modehandel verliere nun all das, wofür in den vergangenen Jahren mit guten Hilfen gerungen worden sei. "Die Reserven sind weg, der Neustart funktioniert nicht."

Trefelik sieht vor allem die Innenstädte in der Bredouille. Sie müssten von kaufkräftigen Russen absehen. Japan stellte Flüge nach Europa ein. Aus Sicht der Amerikaner seien alle Europäer im Krieg. Die Asiaten wiederum halte Corona von Reisen ab. "Wer bleibt da noch übrig?" Händler kauften jetzt für den nächsten Winter ein. "Aber auf welcher Basis?"

Der Krieg in der Ukraine schlägt auch auf anderen Ebenen auf den Modehandel durch. Textilriesen wie H&M legen den Verkauf in Russland auf Eis. Die bereits produzierte Ware verstärkt den Preisdruck in anderen europäischen Märkten. In der Ukraine gibt es zahlreiche Textilfabriken. Statt Mode fertigen etliche nun Militärausrüstung. Lieferverzögerungen gab es bereits zuvor.

Verzögerte Lieferungen

Statt drei bis vier Monate warte man mittlerweile bis zu acht Monaten auf Ware, erzählt Rührlinger, die ihren Vorrat an Kleidern rechtzeitig aufstockte. 80 Prozent ihrer Lieferanten verlangten für Textilien um zehn bis 15 Prozent höhere Preise.

15 bis 20 Ballkleider verkauft die Oberösterreicherin an guten Tagen. Und sie ist sich sicher, dass diese zurückkehren. Dafür brauche sie aber zusätzliche Mitarbeiter. Und an diesen fehle es landauf, landab. Selbst direkt im Geschäft werde versucht, gutes Stammpersonal abzuwerben. "Es herrschen wilde Sitten." (Verena Kainrath, 9.3.2022)