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Immer wieder in den vergangenen Tagen blockierten Demonstranten Straßen und verlangten eine Reduktion der Benzinpreise. Wenn man im Monat 300 Euro verdient wie ein durchschnittlicher Bürger Albaniens, dann bedeuten die steigenden Gas- und Ölpreise nämlich, dass man gar nicht mehr mit dem Auto fahren oder einheizen kann.

Die noch nie dagewesene Preisexplosion durch den Ukraine-Krieg hat im armen Südosteuropa schlimme soziale Auswirkungen. Und die Politik hat wenig Antworten. In Albanien wurden sogar 16 Personen wegen "illegalen Versammelns" – so wurden die Proteste benannt – verhaftet. Der sicherlich sehr gut verdienende und im Vergleich zu den Albanern superreiche Vertreter der EU-Außenpolitik Josep Borrell zeigte wenig Verständnis für die Not der Südosteuropäer. Bei seinem Besuch in Tirana meinte Borrell, die Energiepreise würden überall steigen und auch er müsse nun statt 50 Euro 500 Euro für eine Megawattstunde Strom bezahlen.

Hamsterkäufe

Er verstand offenbar nicht, dass für eine albanische Familie, die im Monat 120 Euro für die Elektrizität bezahlen muss, fast nichts mehr fürs Essen bleibt. In anderen Balkan-Staaten, etwa im Kosovo oder in Montenegro, führen die steigenden Kosten – auch für Lebensmittel – bereits zu politischen Herausforderungen wie Hamsterkäufen. Im Kosovo wurden Supermärkte, die die Preise in die Höhe schraubten, von den Behörden bestraft.

In Montenegro, wo gerade an einer neuen Koalition gebastelt wird, verhindern jene Kräfte, die künftig zur Opposition gehören werden, dass endlich eine Parlamentssitzung abgehalten werden kann, um Steuererleichterungen für Benzin zu beschließen.

In Rumänien hat diese Woche die Regierung die Begrenzung der Energiepreise um ein Jahr verlängert. Die Strom- und Erdgaspreise für Haushalte und Unternehmen werden bis März 2023 gedeckelt, erklärte Premier Ciucă. Er versprach zudem, EU-Mittel umzuschichten, um damit Preiserhöhungen abfedern zu können.

Verbundene Märkte

Die extrem steigenden Strompreise seien eine Konsequenz der steigenden Öl-, Gas- und Kohlepreise, weil die Energiemärkte verbunden seien, erklärt der Ökonom Mario Holzner vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Die Märkte würden alle möglichen Unsicherheiten, die es derzeit gebe, "einpreisen". "Wenn sich der Preis für den Weizen verdoppelt, dann macht das in einem Warenkorb eines typischen Österreichers nicht viel aus. Aber dort, wo der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel im Warenkorb ohnehin viel höher ist, führt das zu einer spürbaren Verarmung der Menschen", so Holzner.

Südosteuropa müsse Nahrungsmittel importieren. Wegen der Gefährdung der Nahrungsmittelsicherheit habe Nordmazedonien nun schon den Export bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse verboten, führt der Experte aus. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 18.3.2022)