Bild nicht mehr verfügbar.

Russlands Präsident Wladimir Putin spekuliert mit dem Rubel.

Foto: Reuters / Sputnik / Mikhail Klimentyev

Die Ankündigung, dass "unfreundliche Staaten" russisches Gas nur noch in Rubel bezahlen dürfen, hat zweifellos für Überraschung gesorgt. Bei Marktexperten ebenso wie bei involvierten Unternehmen. So hat ein Sprecher der OMV etwa erklärt, dass die bis 2040 laufenden Verträge mit Gazprom in Euro abgeschlossen wurden.

Ob eine Umstellung der Währung so nahtlos gehe, wie Russlands Präsident Wladimir Putin sich das vorstelle, müsse juristisch geprüft werden – die Zentralbank und die Regierung haben eine Woche Zeit dafür.

Rechtsexperten sagen, es sei unwahrscheinlich, dass Russland bestehende Verträge einseitig ändern könne. Verträge werden zwischen zwei Parteien geschlossen, und sie lauten in der Regel auf US-Dollar oder Euro. "Wenn eine Partei einseitig sagt: ‚Nein, Sie werden in dieser Währung zahlen‘, gibt es keinen Vertrag", sagt Tim Harcourt, Volkswirt an der University of Technology in Sydney.

Rubel stützen

Warum also will Putin die Bezahlung von Gas auf Rubel umstellen? Seit dem Einmarsch von Putin in die Ukraine hat der Rubel massiv an Wert verloren. Die Versuche der russischen Zentralbank, den Rubel zu stützen, waren nicht wirklich nachhaltig. Das liegt auch daran, dass der Rubel außerhalb Russlands keine tragende Rolle spielt.

Mit der Ansage "Gas gegen Rubel" wird eine Rubel-Nachfrage erzeugt, weil Staaten und Unternehmen die Währung kaufen müssen, um Rechnungen zu begleichen. Eine gesteigerte Nachfrage stützt den Kurs.

Dieses Kalkül geht bereits auf: Nach Bekanntwerden von Putins Forderung hat der Rubel zugelegt. Ein Dollar kostet aktuell rund 96 Rubel (0,85 Euro). Vor der Anweisung Putins hatte ein Dollar noch mehr als 100 Rubel gekostet. Nach dem Einmarsch in die Ukraine im Februar mussten für einen Dollar fast 160 Rubel gezahlt werden.

Rund 40 Prozent seines Gases bezieht Europa aus Russland. Die 200 bis 800 Millionen Euro pro Tag dafür werden vor allem in Euro (60 Prozent) und Dollar (40 Prozent) bezahlt.

Sanktionen unterlaufen

Ökonomisch sei der Schritt Putins "wenig sinnvoll", sagen Analysten der Dekabank. Putin könnte so aber den Westen zwingen, die eigenen Sanktionen zu unterlaufen. Viele russische Geschäftsbanken sind zwar vom Finanznetzwerk Swift ausgeschlossen – aber eben nicht alle. Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank weist aber darauf hin, dass "unfreundliche Staaten" Rubel also bei diesen Banken kaufen können.

Unterbindet Putin dieses Vorgehen in einem nächsten Schritt, müssen sich die westlichen Unternehmen und Staaten für Rubel aber an die russische Zentralbank wenden. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz, denn Geschäfte mit Russlands Zentralbank unterliegen derzeit dem westlichen Embargo.

Mögliche Folgen

Dass die EU die Gaslieferungen als Reaktion auf die Rubel-Forderung stoppt, ist zwar eine Theorie – derzeit aber nicht zu erwarten. Die EU ist zudem uneins, ob sie den russischen Energiesektor sanktionieren kann und will.

Fällt das Gas aus Russland akut aus – sei es durch einen Importstopp oder weil Putin die Lieferung aussetzt –, hätte das Ausfälle in der Industrie zur Folge und würde das Szenario einer Rezession befeuern. Das wiederum bedrohe den sozialen Frieden, warnen Experten.

Es sei jedenfalls eine "Sackgasse" und ein "Dilemma", in dem die westlichen Staaten nun steckten, fasst Wifo-Chef Gabriel Felbermayr die Lage zusammen. Der Rubel ist keine Reservewährung, die in anderen Ländern und Banken vorrätig ist. Nun brauche man davon große Mengen. Geht Putins Plan auf, könnte ein starker Rubel den Dollar schwächen. Neben Russland ist auch China und dem Iran die Dominanz des US-Dollar im Welthandel ein Dorn im Auge.

Die allgemeine Verunsicherung treibt jedenfalls den Gaspreis an: Der europäische Erdgas-Future hat sich seit Dienstag zeitweise um bis zu 31 Prozent auf 130 Euro je Megawattstunde verteuert und steigt weiter. (Bettina Pfluger, 24.3.2022)