Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried wirft der Bundesregierung Showpolitik vor.

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Der Opposition gehen die Regierungsmaßnahmen gegen die Teuerung nicht weit genug. Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried verlangte in einer Pressekonferenz einen Preisdeckel für Treibstoffe und Energie. FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht vor allem einkommensschwache Haushalte alleingelassen. Und die Neos drängten vor der morgigen Plenarsitzung auf eine langfristige Entlastung der Steuerzahler durch Senkung der Lohnnebenkosten und durch Abschaffung der kalten Progression.

Leichtfried: Reine Showpolitik

Für Leichtfried handelt es sich bei den Regierungsplänen um eine reine Showpolitik. Die Erhöhung der Pendlerpauschale sei die am wenigsten treffsichere Maßnahme, würden von der doch vor allem Gutverdienende profitieren. Stattdessen will die SPÖ neben einem Preisdeckel unter anderem eine Senkung der Mineralölsteuer. Denn es gebe nicht nur Menschen, die ihr Auto für die Fahrt zur Arbeit bräuchten, sondern auch beispielsweise für Behördenwege oder um Kinder zur Schule zu bringen.

Die Maßnahmen bei den Energiekosten sind für Leichtfried wiederum nur "der berühmte Tropfen auf den heißen Stein". Die Reduktion liege bei 150 bis 300 Euro, die tatsächlichen Mehrkosten hingegen zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Die Experten seiner Partei hätten errechnet, dass vor allem Seilbahnen und Thermenhotels profitierten. Sinnvoller wären eine befristete Aussetzung bei der Mehrwertsteuer und ein Preisdeckel für die 1,2 Millionen Menschen mit den geringsten Einkommen.

Zu den weiteren Forderungen der SPÖ, die die Teuerung am Mittwoch im Nationalrat auch zum Thema der aktuellen Stunde macht, gehört eine vorgezogene "robuste" Anhebung der Pensionen. Steigen müsse auch die Studienbeihilfe. Schließlich müsse auch die Richtwerteerhöhung ausgesetzt werden, um Wohnen leistbar zu halten.

Die Grünen reagierten auf die Kritik verschnupft. Sozialsprecher Markus Koza (Grüne) rechnete vor, dass sich die Hilfen in Verbindung mit früheren Paketen auf rund 2,4 Milliarden Euro beliefen.

Neos sehen "Mogelpackung"

Während Leichtfried das Regierungsvorhaben ein "schlechtes Paket" nannte, sehen die Neos eine "Mogelpackung" bzw. "reine Kosmetik". Zudem seien die Maßnahmen bis Juli 2023 befristet, weil dann die im kommenden Jahr anstehenden Landtagswahlen vorbei sind, zeigte sich der stellvertretende Klubobmann Gerald Loacker überzeugt.

"Dann kann die Entlastung wieder wegfallen, und die Leute können voll brennen", so der pinke Wirtschaftssprecher. Im ersten Halbjahr stehen nämlich Urnengänge in Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Salzburg an. Daher sei es auch kein Zufall, dass die Maßnahmen auf das an Pendlern reiche Niederösterreich abgestimmt seien. Loacker wundert sich nur, dass die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zustimme, den Autofahrern Millionen hinterherzuschmeißen. Einzige Motivation dabei könne sein, dass man weiter an "den Hebeln der Macht" sitzen wolle.

Dabei werden aber nicht nur der Sprit, sondern auch die Lebensmittel teurer, so Loacker: "Davon sind alle betroffen." Die Regierung kümmere sich aber nur um eine spezifische Gruppe. "Wir brauchen aber eine Entlastung der Steuerzahler, die anhält und nicht mit einem bestimmten Datum wegfällt." Einmal mehr führt Loacker deswegen die Abschaffung der kalten Progression und die Senkung der Lohnnebenkosten ins Treffen. Diesbezüglich schwebt ihm etwa eine Senkung des Beitragssatzes der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) von 1,2 auf 1,0 Prozent vor, schließlich sitze diese auf "dicken Reserven". Das brächte eine Entlastung von jährlich 250 Millionen Euro und würde die Lohnnebenkosten nachhaltig senken – bei voller Leistung der Versicherten, zeigte sich Loacker überzeugt.

FPÖ fordert schnelle Hilfe

Ebenfalls völlig enttäuscht von den angekündigten Regierungsmaßnahmen zeigten sich die Freiheitlichen. "Ich möchte einmal das Tempo und die Empathie, das die Regierung an den Tag legt, wenn es um die Verdoppelung an Spenden ins Ausland geht, erleben", meinte deren Obmann Kickl zu den vorgestellten Plänen, von denen man nicht einmal wisse, wann sie konkret für den Einzelnen in der Geldbörse zu spüren sein würden.

"Wer schnell hilft, hilft doppelt", müsste für Kickl eigentlich der Auftrag für die Regierung lauten, wenn es ums Gegensteuern bei der Teuerung geht. Vor allem einkommensschwache Haushalte müssten dabei im Mittelpunkt stehen. Der FPÖ-Obmann verwies auf die von seiner Partei gestartete Online-Petition "Kostenlawine stoppen", die zwölf konkrete Maßnahmen gegen die Teuerung auflistet.

Sozialpartnertreffen im Kanzleramt

Enttäuschung über das zweite Energiekostenentlastungspaket herrscht auch bei der Arbeiterkammer (AK). Für AK-Präsidentin Renate Anderl sei dieses "noch nicht ausreichend". Das werde man diese Woche bei den Sozialpartnergesprächen im Bundeskanzleramt auch Regierungschef Karl Nehammer (ÖVP) sagen. Dieses findet am Mittwoch um 15 Uhr statt. Medienöffentlich wird der Termin nicht sein.

Die AK-Chefin kündigte am Rande eines Pressegesprächs zum Thema Frauen am Arbeitsmarkt an: "Wir werden nicht lockerlassen, die Pendlerpauschale zu einem Absetzbetrag zu machen, damit für jeden die Wegstrecke gleich viel wert ist" und es egal sei, ob jemand mehr oder weniger verdiene.

Wien prüft Preiserhöhung bei Fernwärme

In Wien wird indes eine Erhöhung der Preise der Fernwärme geprüft. Das hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag berichtet. Ob es tatsächlich zu höheren Tarifen kommt, ist laut Ludwig noch offen. Er wolle den Expertinnen und Experten hier nicht vorgreifen, betonte er: "Das wird in den nächsten Tagen entschieden." Die Prüfung hänge zusammen mit der Gesamtpreissituation am Energiesektor. Es gebe dort eine dramatische Entwicklung, wobei diese nicht immer mit den Kosten der Rohstoffe zusammenhänge, gab Ludwig zu bedenken. "Wir sehen, dass offensichtlich auch Spekulanten stark unterwegs sind, die darauf setzen, dass die Preise weiter steigen." (APA, red, 22.3.2022)