Die wichtigste unabhängige Zeitung in Russland, die "Nowaja Gaseta", setzt ihr Erscheinen vorerst aus.

Foto: Screenshot Nowaja Gaseta

Kiew (Kyjiw)/Moskau – Über den Ukraine-Krieg selbst konnten die Journalistinnen und Journalisten aufgrund des russischen Mediengesetzes und der Zensur schon länger nicht mehr schreiben, sondern nur noch darüber, was in Russland passiert. Jetzt ist auch damit Schluss: Die wichtigste unabhängige Zeitung in Russland, die "Nowaja Gaseta", setzt ihr Erscheinen vorerst aus. Diese Entscheidung gelte bis zum Ende der russischen Militäraktion in der Ukraine, teilte die Kreml-kritische Zeitung am Montag mit. Betroffen seien die gedruckte Zeitung, die Website und alle Aktivitäten in Online-Netzwerken.

Die "Nowaja Gaseta" erschien dreimal pro Woche als Zeitung, online erreichte sie eigenen Angaben zufolge rund zwei Millionen Leserinnen und Leser pro Tag. "Wir sind in großer Gefahr, wollen aber kämpfen und unter diesen Umständen so kritisch wie möglich berichten", sagte am 10. März noch "Nowaja Gaseta"-Journalist Kirill Martynow bei einer Onlinediskussion des Presseclubs Concordia.

Strenges Mediengesetz

Jetzt ist der Druck durch die russische Medienbehörde Roskomnadsor zu groß geworden. Demnach soll die Zeitung in einem Bericht eine Organisation, die als "ausländischer Agent" klassifiziert war, nicht als solche gekennzeichnet haben. Medien in Russland sind dazu verpflichtet. Bei Verstößen gegen das Mediengesetz drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Gegründet Anfang der 1990er-Jahre, gehörte "Nowaja Gaseta" zu den wenigen unabhängigen Medien in Russland. Acht Journalisten der Zeitung wurden seit dem Jahr 2000 schwer verletzt oder umgebracht, darunter 2006 die Investigativjournalistin Anna Politkowskaja wegen ihrer Berichte über den Tschetschenien-Krieg. Zeitungsmitgründer Dmitri Muratow erhielt 2021 den Friedensnobelpreis.

Druck auf Deutsche Welle

Das russische Justizministerium stufte unterdessen die Deutsche Welle als "ausländischen Agenten" ein. Es setzte den deutschen Auslandssender auf eine entsprechende Liste von Medienorganisationen, die in Russland so bezeichnet werden und all ihre Veröffentlichungen einer gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung versehen müssen. Die Website der Deutschen Welle war bereits Anfang März von der staatlichen Medienaufsicht Roskomnadsor blockiert worden, wegen des Vorwurfs der Verbreitung von Falschnachrichten über die russische Invasion der Ukraine. (omark, 28.3.2022)