"So einen brauchen wir auch!" Derart jubelte die "Bild"-Zeitung einst über Sebastian Kurz. Dem Springer-Blatt war der österreichische Ex-Kanzler gern mal eine Lobeshymne wert. Für Nachfolger Karl Nehammer gab es derartige Schlagzeilen (noch) nicht bei seinem Antrittsbesuch in Berlin am Donnerstag. Freundlich begrüßt wurde er hingegen von seinem deutschen Amtskollegen Olaf Scholz.

Karl Nehammer besuchte seinen Amtskollegen Olaf Scholz.
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Es ist Nehammers erster Besuch in der deutschen Hauptstadt, die beiden Kanzler sind ja noch nicht lange im Amt. Und so sollte mit dem Treffen auch ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Kurz und die deutsche Ex-Kanzlerin Angela Merkel waren sich – obwohl beide aus konservativen Parteien – nicht immer grün.

Nehammer und Scholz hingegen zeigten sich äußerst einig, auch beim alles dominierenden Thema. "Gemeinsam fordern wir Putin auf, einen Waffenstillstand zu ermöglichen", sagte Scholz. Nehammer erklärte: "Das Wichtigste ist, dass jetzt Waffenstillstände erreicht werden." Der österreichische Kanzler dankte seinem deutschen Amtskollegen ausdrücklich für dessen sicherheitspolitisches Engagement: "Österreich ist zwar militärisch neutral, aber solidarisch in der EU."

Gasboykott?

Gefragt wurden beide, ob sie nicht doch erwägen, russisches Gas zu boykottieren. Sowohl Nehammer als auch Scholz verneinten. Nehammer: "Für Österreich ist die Situation ganz klar, wir haben eine Energieabhängigkeit vom russischen Gas." Das gehe aber auch anderen Ländern wie Ungarn, Bulgarien, Tschechien und Deutschland so.

Er meinte auch, wenn er gefragt werde, ob es ein "furchtbares Gefühl" sei, vom russischen Gas abzuhängen, so laute die Antwort: "Ja." Daraufhin erklärte Scholz: "Ich habe dem nicht viel hinzuzufügen."

Der deutsche Kanzler stellte allerdings klar, dass das russische Gas weiterhin nicht in Rubel bezahlt werde, so wie Putin dies gewünscht hatte. Scholz hatte ja mit dem russischen Präsidenten telefoniert und berichtete, was die Zahlungen in Euro beziehungsweise Dollar betrifft: "Ich habe klargemacht, dass das so bleiben wird." Man habe sich die Verträge angesehen.

Nehammer wird von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) begleitet und spricht am Freitag mit Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP). Nicht stattfinden konnte ein Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, da dieser an Corona erkrankt ist. (Birgit Baumann aus Berlin, 31.3.2022)