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Wladimir Putin ist vor einer Auslieferung ziemlich sicher.

Foto: AP/Mikhail Klimentyev

Noch vor den grauenhaften Leichenfunden in Butscha hat Carla Del Ponte am Wochenende einen internationalen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten verlangt. "Putin ist ein Kriegsverbrecher", sagte die einstige Chefanklägerin der UN-Kriegsverbrechertribunale unmissverständlich der Schweizer Zeitung Le Temps.

Angriffe auf Zivilisten wie eben nun in Butscha, die Zerstörung von privaten Gebäuden, gar ganzen Städten: Für die Schweizerin sind das alles eindeutig Kriegsverbrechen, die die russischen Invasoren in der Ukraine verüben. Besonders schockiert zeigte sich Del Ponte, die schwere Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien sowie in Ruanda aufgedeckt hat, über die Massengräber für ukrainische Opfer. "Ich hatte gehofft, nie wieder ein Massengrab zu sehen", sagte sie dem Schweizer Blick. Klar ist für Del Ponte, dass natürlich auch die ukrainische Seite überprüft werden muss: "Die Folter von russischen Gefangenen ist ein Kriegsverbrechen, das man genau gleich verfolgen muss."

Ermittlungen laufen

Karim Khan, aktueller Chefankläger beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und somit einer von Del Pontes Nachfolgern, hat bereits Anfang März Ermittlungen in der Ukraine aufgenommen und ist dazu auch selbst in das Land gereist. Für Del Ponte ist klar, dass die Untersuchungen leichter seien als etwa im früheren Jugoslawien, weil die Ukraine selbst um Ermittlungen gebeten habe. Werden Kriegsverbrechen festgestellt, muss im nächsten Schritt die Befehlskette unter die Lupe genommen werden. Strafbar machen sich Vorgesetzte, die derlei Gräueltaten anordnen, aber auch jene, die davon wissen und nichts dagegen unternehmen.

So oder so, am Ende der Befehlskette steht Wladimir Putin. Doch der Arm des IStGH reicht nicht bis nach Moskau, weil Russland das Römische Statut nicht ratifiziert hat, die Grundlage des Internationalen Gerichtshofs. Das bedeutet, dass Russland mutmaßliche Kriegsverbrecher grundsätzlich nicht ausliefert und somit der IStGH kaum Handhabe hat. Denn er kann auch keine Personen verurteilen, die zur Gänze abwesend sind. Putin könnte im Falle eines Haftbefehls wohl nur festgenommen werden, wenn er ins Ausland reist; vor allem in jene 123 Länder, die das Römische Statut ratifiziert haben – was diesem natürlich bewusst ist.

Nichtsdestotrotz zeigte sich Del Ponte zuversichtlich. Sie sei "überzeugt", dass Putin zur Rechenschaft gezogen werden könne. "Man darf einfach nicht nachlassen und muss immer weiter ermitteln." (Kim Son Hoang, 3.4.2022)