Mit dem rot-weiß-roten Strategieplan für die europäische Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) habe man für die 155.754 heimischen Landwirtschaftsbetriebe viel erreicht, betonte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), als sie den Plan nach Brüssel schickte. Die EU-Länder mussten sich überlegen, wie die Landwirtschaft klimafitter und nachhaltiger wird. In Brüssel kamen die Pläne mittelgut an. Die EU-Kommission hat dem Landwirtschaftsministerium Ende März einen "Observation Letter" mit 251 Anmerkungen übermittelt. Tenor: Da geht noch mehr. Das Landwirtschaftsministerium überarbeitet nun den 1.200-seitigen GAP-Strategieplan, der rund 100 verschiedene Maßnahmen beinhaltet, bis zum Sommer – bestmöglich, wie es heißt.

Mehr Fokus auf Umwelt- und Klimaschutz

In Österreich fließen über die GAP jährlich rund 1,8 Milliarden Euro an Förderungen. Gemeinsam mit Bundes- und Landesmitteln ist der Fördertopf für die Land- und Forstwirtschaft mit 2,3 Milliarden Euro jährlich gefüllt. Bei deren Verteilung wurde im nationalen Strategieplan etwas justiert. Gut 40 Prozent der EU-Mittel sollten künftig für klimarelevante Maßnahmen verwendet werden.

Der heimische GAP-Strategieplan für den Zeitraum 2023 bis 2027 sieht für eine biologische und klimaschonende Bewirtschaftungsform mehr Förderungen vor, für konventionelle Produktion weniger.
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Das Umweltprogramm ÖPUL wurde um 125 Millionen ausgebaut. Rund 575 Millionen pro Jahr sollen damit für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen. Die EU-Kommission lobt die höheren Budgetmittel in der zweiten GAP-Säule für Umwelt- und Klimainterventionen und für das ländliche Regionenentwicklungsprogramm Leader. Reichen würde das nicht. Die Empfehlung lautet: mehr Fokus auf Klima- und Umweltschutz.

Mehr Umverteilung von Groß zu Klein

Erstmals sollten auch direkte Fördermittel bei 100.000 Euro gekappt werden. Zehn Prozent der rund 677 Millionen an Flächenprämien sowie die Mittel aus dem Capping würden demnach an kleinere Betriebe ab 20 Hektar umverteilt. 70 Millionen stünden dafür bereit. Österreich hat sich in der Vergangenheit für ein Capping auf EU-Ebene eingesetzt – mit einer einfacheren Verhandlungsposition als so manch anderer EU-Staat: Hierzulande erhalten rund drei Dutzend Betriebe mehr Flächenprämien. Die geplante Umleitung von Groß zu Klein, also jenen Betrieben, die vom Strukturwandel am meisten betroffen sind, verbuchten vor allem die Grünen als Erfolg. Die EU-Kommission würdigt das auch und lobt die geplanten Schritte zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage von Kleinbauern. Aber: Die Umverteilungszahlungen sollten noch höher ausfallen.

Weniger Pestizide auf den Feldern

Einer der großen Streitpunkte bei der Debatte um den nationalen Plan waren die Pestizide und das Thema Biodiversität und Artenschutz. Umweltschützer warfen Köstinger in der Sache eine Blockadehaltung vor. Während die Kommission bei der EU-Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen neben Pestizidrückständen auch Umweltaspekte berücksichtigen wolle, würde Österreich sich nicht wortstark für strengere EU-Pestizidvorschriften einsetzen, formulierten Kritiker scharf.

Um weiter Förderungen in ähnlicher Höhe zu erhalten, müssen die Landwirte mehr auf Klima und Artenschutz achten.
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Die Vergabe der Mittel sollte grundsätzlich an einen Verzicht etwa auf das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat geknüpft sein, forderten etwa NGOs. Auf eine stärkere Pestizidreduktion pocht nun auch die EU-Kommission.

Mehr Zielgerichtetheit und genauere Begründung

Im "Observation Letter" wird auch auf Nachbesserungen bei der Darstellung der Ergebniserreichung, den Indikatoren und bei verschiedenen Begründungen gedrängt. Außerdem müsse man die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Agrarmärkte und die Lebensmittelversorgungssicherheit berücksichtigen, so die Behörde. Hierzulande stößt das auf Unverständnis, etwa bei Landwirtschaftskammerchef Josef Moosbrugger. Die GAP-Auflagen weiter in die Höhe zu schrauben und den Betrieben noch mehr Leistungen ohne zusätzliche Abgeltung abzuverlangen, gehe an den Möglichkeiten der Betriebe komplett vorbei. Köstinger sieht sich mit dem heimischen Plan bestätigt und will auf die Anmerkungen "bestmöglich" eingehen. (Regina Bruckner, 4.4.2022)