Joachim Löw war mit dem FC Tirol Meister und mit Austria Wien Tabellenführer.

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Wien – Ja, es ist ein Brodeln ohne Ende, die Gerüchteküche läuft auf Hochtouren. Doch unter all den Namen, die da in Österreich als Teamchefkandidaten kursieren, ragt einer so weit heraus, dass er gesondert Erwähnung verdient. Es ist der Name Joachim Löw.

Freilich könnte ein Engagement, heißt es da und dort, an den finanziellen Vorstellungen des 62-Jährigen scheitern, der doch als deutscher Weltmeistermacher 2014 kaum zu bezahlen sei. Dem möchte der STANDARD vielleicht etwas romantisch entgegenhalten, dass Löw ja auch bereit sein könnte, Abstriche zu machen. Es ist davon auszugehen, dass er ausgesorgt hat, schließlich ist der Schwabe seit 1996 als Trainer im Profigeschäft tätig. 2006 folgte er Jürgen Klinsmann als deutscher Teamchef nach und blieb es bis 2021, bis zum deutschen Scheitern im EM-Achtelfinale gegen England. Das Ende der Trainerlaufbahn soll das nicht gewesen sein, schon Ende 2021 deutete Löw an, dass er sich ein Comeback vorstellen könnte. "Die Lust", sagte er da am Rande eines deutschen Länderspiels, dem er als Zuseher beiwohnte, "die Lust kommt allmählich zurück."

Löw wird derzeit nicht nur mit Österreich, sondern auch mit der Türkei in Verbindung gebracht. Das sind genau jene beiden Auslandsstationen, in denen er als Trainer haltgemacht hatte, bevor er 2004 als Klinsmann-Assistent beim DFB begann. 1998/99 stand er bei Fenerbahçe Istanbul unter Vertrag, ein dritter Platz reichte nicht für eine Verlängerung. Wenig Erfolg zeitigte 2001 ein nur viermonatiges Wirken beim späteren Absteiger Adanaspor.

Stronach sei Dank

Auch jetzt ist Löw bei Fenerbahçe im Gespräch. Doch man möchte meinen, dass die in Österreich zu schiebende Kugel ruhiger wäre. Löw hat Innsbruck in guter Erinnerung, den FC Tirol führte er trotz finanzieller Wickel zum Titel 2002, Konkurs und Lizenzentzug verhinderten ein längeres Engagement. Im Juni 2003 trat Löw als Trainer der Wiener Austria an, Frank Stronach hatte das Sagen. Das schlug sich weniger in Erfolgen denn in Skurrilitäten nieder, eine war Löws Beurlaubung im März 2004. Gut, die Austria hatte bei Schlusslicht FC Kärnten 0:2 verloren – doch sie war Tabellenführer! Stronach sagte: "Der Jogi ist zwar ein netter Mensch, aber kein guter Trainer."

Für die Austria war der Trainerwechsel (zu Günther Kronsteiner) kein echter Segen, sie wurde Zweiter hinter dem GAK. Der Segen für Löw ist unbestritten, unmittelbar nach dem WM-Finale 2014 nannte er den Rauswurf bei der Austria "das größte Glück" und meinte, er wäre ansonsten "heute vielleicht Trainer in Leoben". Stronach, der ja auch getönt hatte, dass Österreich das Zeug zum Weltmeister hätte, hat also immerhin Löw den Weg zum WM-Titel geebnet. Auch so gesehen wäre es keine unwitzige Wendung, sollte sich der Kreis schließen und Löw wieder in Wien andocken. (Fritz Neumann, 5.4.2022)