Grünflügelaras (Ara chloroptera) in Brasilien – der Inbegriff des tropischen Farbenrausches.

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Der Große Paradiesvogel (Paradisaea apoda) lebt im Süden Neuguineas und macht seinem Namen alle Ehre.

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Eine der Ausnahmen von der Regel: Der Bienenfresser (Merops apiaster) überwintert zwar in Afrika, kommt im Sommer aber bis nach Mitteleuropa.

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Tukane – im Bild zwei Regenbogen-Tukane (Ramphastos sulfuratus) – tun sich nicht nur mit buntem Federkleid hervor, auch ihre großen Schnäbel sind durchweg farbenfroh.

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Auch tropische Hühnervögel neigen zu Buntheit: im Bild ein Goldfasan (Chrysolophus pictus), der in Südchina verbreitet ist.

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Der Eindruck, den europäische Naturforscher früherer Jahrhunderte in den Tropen gewannen, täuscht nicht – das lässt sich nun auch mithilfe wissenschaftlicher Daten und künstlicher Intelligenz belegen: Je näher man dem Äquator kommt, desto bunter wird das Gefieder der Vogelwelt. Über die wachsende "Vielfalt der Strukturen, die zunehmende Anmut der Formen und die Mischung der Farben sowie die ewige Jugend und Kraft des organischen Lebens" wunderte sich bereits der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt.

Quantifizierte Buntheit

Seitdem vermuten Forschende, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Farbenspiel der Fauna und dem Breitengrad gibt, an dem sie vorkommt. Bis vor kurzem war es jedoch schwierig, diese Hypothese zu beweisen, da sich komplexe Färbung nicht so leicht quantifizieren ließ. Dank fortschrittlicher Bildanalysetechniken hat sich das mittlerweile aber geändert. Um die Hypothese zu belegen, untersuchten Biologen der University of Sheffield mehr als 24.000 Aufnahmen von 4.500 Sperlingsvogelarten.

Dafür erstellten sie Fotografien des Gefieders der erwachsenen Vögel aus der Sammlung des Natural History Museum in Tring, Großbritannien, und setzten diese einem Deep-Learning-System vor. Bei der Detailanalyse identifizierte die KI den Farbton an 1.500 unterschiedlichen Stellen des Gefieders eines jeden Exemplars. Dies ermöglichte es dem Team, die Vögel nach ihrer Farbenpracht einzuteilen und jeweils in Beziehung mit ihren natürlichen Verbreitungsgebieten zu setzen.

Spekulation über die Ursachen

Das im Fachjournal "Nature Ecology and Evolution" präsentierte Ergebnis gibt Darwin, Humboldt und Co recht: Je näher ein Vogel am Äquator lebt, desto heller, kräftiger und reicher an unterschiedlichen Farbnuancen sind seine Federn. Das Gefieder wird umgekehrt umso stumpfer, je weiter sein Lebensraum von den Tropen entfernen liegt.

Über die Ursache für dieses Phänomen hat bereits der britische Naturforscher Alfred Russel Wallace im 19. Jahrhundert spekuliert: Vielleicht verhilft das farbenfrohe Federkleid den Vögeln in der ganzjährig "üppigen Vegetation der Tropen" zu einer guten Tarnung, während die Vögel im Norden ihr Gefieder an die Farben des Winters anpassen mussten.

Im Wald besonders farbenfroh

Tatsächlich würde ihre Studie einige der Vorhersagen von Wallace stützen, meint Christopher Cooney, Hauptautor der Studie. "So haben wir beispielsweise festgestellt, dass die Farbigkeit bei Vögeln aus dichten, geschlossenen Waldlebensräumen am höchsten war", so der Forscher.

Ein weiterer Faktor dürfte die Ernährung sein: Vögel, die sich von den überreich vorhandenen Früchten und von Blütennektar ernähren, könnten mehr Energie in das Federkleid und ihre Farbenpracht investieren. "Und in den üppigen Regenwäldern hilft ihnen ihre Buntheit wohl auch, sich von der Masse abzuheben und sich von anderen zu unterscheiden", meint Cooney. (tberg, 5.4.2022)