Die "Matrix"-Demo im Dezember gab einen ersten Einblick in die Möglichkeiten der neuen Unreal Engine.

Foto: Epic

Als Entwickler von Spielen benötigt man schon seit Jahren keine eigens entwickelte Spiele-Engine mehr, um darauf basierend seine Ideen zu verwirklichen. Dank populärer Lösungen – allen voran die Unreal Engine – baut man heute auf Wunsch sein Spiel auf einem starken Fundament auf und kann sich auf Dinge wie Gameplay und Story fokussieren. Mit der Veröffentlichung der neuen Unreal Engine 5 am Dienstag schlägt Entwickler Epic Games nun ein neues Kapitel in diesem Buch auf, das die Spielebranche nachhaltig verändern könnte.

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Witcher Engine

Erst vor wenigen Wochen kündigte CD Projekt Red, der populäre Entwickler der Witcher-Spiele, an, dass man an der Fortsetzung der beliebten Action-Rollenspiel-Serie arbeite. Man kündige das Spiel vor allem deshalb jetzt schon an, so der Entwickler in einer Pressemitteilung, weil man Entwickler suche, die bereits mit der Unreal Engine Erfahrung sammeln konnten. Nach vielen Jahren wechselt nun nämlich auch das bekannte polnische Studio von der eigenen Engine auf die populäre Drittanbieter-Lösung.

Auch Tomb Raider-Entwickler Crystal Dynamics ließ im Rahmen der Epic-Veranstaltung wissen, dass man den neuesten Teil, den man hiermit offiziell ankündige, auf Unreal setzen wird. Das Studio sei davon überzeugt, man werde dank der Unreal Engine "Spieleerfahrungen auf einem neuen Level" erwarten dürfen. Auch bei Crystal Dynamics werde man sich in den nächsten Monaten über Bewerbungen von Entwicklerinnen freuen, die bereits mit Unreal zu tun hatten.

Die Präsentation zeigte beeindruckende Beispiele für die neuen Möglichkeiten.
Foto: Epic

Mehr Open World

Warum aber sind so viele Entwicklerstudios aktuell so angetan von der neuen Engine? Sehr beeindruckend war mit Sicherheit die Demo zu The Matrix Awakens, die das Studio im Dezember veröffentlichte und die PC- und Konsolenspieler selbst herunterladen und ausprobieren konnten. Diese sollte zeigen, was unter anderem mit Unreal Engine 5 möglich ist: eine riesige Stadt, die Implementierung neuester Grafikspielereien und dazu ein paar kleinere Analysetools, die Entwickler nutzen konnten, um sich ein besseres Bild von der Engine zu machen. Auch sein eigenes, sehr erfolgreiches Spiel Fortnite wurde vom Entwickler bereits auf Unreal Engine 5 umgestellt, wie das Studio im Rahmen der Präsentation wissen ließ.

Nach der ersten Präsentation vor zwei Jahren wollte der Entwickler die neuen Möglichkeiten selbst testen, bevor man allen anderen Studios die Möglichkeit geben wollte, die Engine selbst anzuwenden. Das macht laut Epic-CTO Kim Libreti sehr viel Sinn, wie er in einem Interview mit The Verge erklärt: "Tatsächlich ist das für unsere Kunden sehr wertvoll, wenn sie nicht durch all die Fehler gehen müssen, die wir in den letzten Jahren entdeckt haben." Man habe so undurchdachte Arbeitsprozesse verbessern können, speziell weil man zwei so große Projekte wie Fortnite und Matrix zum Testen zur Verfügung hatte.

Die Engine selbst werde zahlreiche Verbesserungen bringen, angefangen bei noch fotorealistischeren Bausteinen bis hin zu einer möglichen Aufteilung großer Welten in kleinere Teile, um separaten Teams die Arbeit an Open-World-Games zu erleichtern. Kein Wunder also, dass man unter anderem die Witcher-Macher für ein solches Werkzeug begeistern konnte.

In der Präsentation verriet Epic zudem, dass man einen Teil der Matrix-Stadt den Entwicklern zur Verfügung stelle, damit sie ihr Spiel darauf aufbauen können. Als zusätzliche "Hands-on-Lernstunde" ist in dem Paket der Multiplayer-Shooter Lyra enthalten, der stark an das aus den späten 1990er-Jahren bekannte Kultspiel Unreal Tournament erinnert. Epic bietet auch immer wieder Tutorial-Videos an, die den Umgang mit der Engine erklären.

Entwickler freuen sich über mitgelieferte Beispielgames, die die Arbeit mit Unreal erleichtern sollen.
Foto: Epic

Verschmelzung mit Kino

Schon länger ist bekannt, dass die Unreal Engine auch bei TV-Serien zum Einsatz kommt, etwa bei The Mandalorian von Disney. Diese Verschmelzung von Film und Spiel soll laut Epic zunehmen und so neue Wege ebnen. Früher, so der Epic-CTO, habe man hochwertige Computergrafiken fürs Kino produzieren müssen, um sie dann für Spiele kleiner und weniger detailliert zu machen. Diese klare Trennlinie werde jetzt unscharf.

"Es gibt keine technischen Begrenzungen mehr, die den Künstler dazu zwingen nachzudenken, für welches Medium er gerade Grafiken produziert", heißt es. Hier werde die Engine künftig sehr helfen – egal ob die Grafiken für einen Streamingdienst, ein Videospiel oder später vielleicht im Metaverse gebraucht werden.

Was das am Ende für den Spieler bedeutet? Im Idealfall keine Verschiebung von Prioritäten, sondern weiterhin einen Fokus auf die Schaffung spannender Spielerlebnisse. Die technischen Rahmenbedingungen, solche Games zeitgemäß in Szene zu setzen, scheinen ab sofort gegeben zu sein. (aam, 6.4.2022)