Azatbek Omurbekow gilt als Verantwortlicher des Massakers nahe Kiew.

Foto: HO

Der Schock nach den Gräueltaten in Butscha ist auch nach Tagen noch allgegenwärtig. Nun wollen ukrainische Aktivisten des Investigativprojekts Inform Napalm jenen Kommandanten identifiziert haben, der die Gräueltaten verantwortet haben soll. Ausgehend von Satellitenaufnahmen im Internet wollen sie festgestellt haben, dass sich die Einheit 51460 der 64. russischen Motorschützenbrigade bis 30. März in Butscha befand. Dies deckt sich mit früheren Berichten, die der Frage nachgingen, welche Truppen sich vor dem Massaker dort aufhielten.

Am Montag veröffentlichte der ukrainische Militärgeheimdienst eine Namensliste von Soldaten, die er verdächtigt, an den Verbrechen in Butscha beteiligt gewesen zu sein. Sie alle werden der 64. Motorschützenbrigade zugerechnet. Deren Befehlshaber: Oberstleutnant Azatbek Omurbekow.

"Butcher of Bucha"

Das kann man als Anfangsverdacht werten, belegt ist damit aber noch lange nicht, ob er tatsächlich die Ermordung hunderter Zivilisten befohlen hat – oder sie als Befehlshaber bloß nicht verhinderte, was ebenfalls ein Kriegsverbrechen wäre. Das hindert manche Medien jedoch nicht daran, ihm den wenig einfallsreichen Beinamen "Butcher of Bucha" zu geben – der Schlächter von Butscha.

Omurbekows Brigade ist in Chabarowsk stationiert, einer Stadt im südöstlichsten Zipfel Russlands an der Grenze zu China. Von dort ist sie am 13. Jänner in Richtung Ukraine gestartet. Sie soll vorwiegend aus europäischen Russen, Kaukasiern und Burjaten bestehen.

Befehlshaber Omurbekow, dessen Name auf türkische und zentralasiatische Wurzeln hindeutet, soll um die 40 Jahre alt sein. Bereits 2014 erhielt er laut der britischen The Times vom stellvertretenden Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow eine Medaille für "herausragende Dienste". Fotos zeigen ihn in Militärkleidung inklusive Kappe und zwei Sternen auf den Schultern, die seinen Dienstgrad anzeigen.

Gesegnet in den Krieg

Bevor es Richtung Ukraine ging, wurde Omurbekow in Chabarowsk von einem orthodoxen Priester gesegnet. Danach soll er gesagt haben: "Die Geschichte zeigt, dass wir viele unserer Schlachten mit unseren Seelen kämpfen." Was immer das auch bedeuten mag, es kann sein, dass bald die nächste Schlacht auf ihn wartet: Dem ukrainischen Verteidigungsministerium zufolge befindet sich seine Brigade gerade in Belarus. Vermutet wird, dass sie bald in die Ostukraine abkommandiert wird – "um Zivilisten einzuschüchtern". (Kim Son Hoang, 7.4.2022)