Der 1999 fertiggestellte Büro- und Hotelturm "Millennium Tower" wurde statt der gewidmeten 140 Meter mit Antennenaufbauten schließlich 202 Meter hoch.

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Bei "Triiiple", fertiggestellt 2021, wurde Kubatur umgeschichtet, die drei Türme am Donaukanal wurden schlanker und höher.

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Der soeben fertiggestellte "Marina Tower" ist aktuell der höchste Wohnturm Wiens, er wird aber mittelfristig ...

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... von den "Danubeflats" abgelöst, die an der Reichsbrücke schon in Bau sind.

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Beim niedrigeren Bauteil 2 der "Danubeflats wurde vor wenigen Tagen die Dachgleiche gefeiert.

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Direkt gegenüber beginnt demnächst auch der Bau von "DC 2", der zwischen "DC 1" und "DC 3" hochgezogen wird.

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Neben dem "Marina Tower" (rechts im Bild) wird noch der "Donaumarina Tower" von der Signa realisiert. Der Siegerentwurf stammt von Dominique Perrault, der auch schon das "DC"-Ensemble geplant hatte.

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Hochhäuser sind ein Ärgernis. Für Anrainerinnen und Anrainer, wenn ihnen die Sicht genommen wird. Für Stadtbewohnerinnen und Touristen, wenn sie sie einfach schiach finden, wie man so sagt. Und oft auch für Nutzerinnen und Nutzer, weil es windig ist, weil die Lifte zu langsam oder die Betriebskosten so hoch sind.

Dennoch wird in Wien immer öfter in die Höhe gebaut. Insbesondere in den 1990er-Jahren kam Dynamik rein. Je mehr Hochhäuser entstehen, desto mehr wird aber auch darüber gestritten. Das ist im Grunde keine Besonderheit von Wien, auch wenn hier oft neben der City auch das Raunzen als Weltkulturerbe betrachtet wird.

In den 1950er- bis 1980er-Jahren ging es dabei – jedenfalls aus heutiger Sicht – mit Höhen bis etwa 70 Meter eher stets um "Hochhäuserl", wie das Hochhaus Herrengasse scherzhaft genannt wurde. Es ist 50 Meter hoch und wurde so gebaut, dass man es von der Straße aus möglichst wenig wahrnimmt.

Rakete oder Grabstein

Dann kam der "Millennium Tower" am Handelskai. Er sollte eigentlich nur 140 Meter hoch werden. Doch man sei letztlich "vor der Herausforderung gestanden, ausreichend Geschoßfläche für die spätere Nutzung zu planen", wie das damalige Architektenteam (Gustav Peichl, Boris Podrecca, Rudolf Weber) auf der Website des Gebäudes zitiert wird. Mit dem vorgegebenen Verhältnis von Höhe und Breite "hätten wir ein Gebäude gebaut, das einem Grabstein ähnelt – nicht aber der Rakete, die wir im Sinn hatten". Also war der Turm bei seiner Fertigstellung 1999 mit Antenne 202 Meter hoch. Und der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan wurde im Nachhinein an die gebaute Realität angepasst.

Eine prägende Erfahrung für die Stadtpolitik, die im Beschluss städtebaulicher Leitlinien für Hochhäuser im Jahr 2002 mündete. Schon diese waren allerdings recht vage gehalten, und das 2014 verabschiedete "Fachkonzept Hochhaus" setzte das fort. Es kennt nur ein paar wenige gänzliche Ausschlusszonen ("Natur- und Landschaftsschutzgebiete"). Die "konsolidierte Stadt", also die Innenstadt und gründerzeitliche Erweiterungen, gehören nicht dazu. In Schutzzonen und in der Kern- und Pufferzone des Unesco-Weltkulturerbes wird aber immerhin "erhöhte Aufmerksamkeit" empfohlen.

Mühsame Verhandlungen

Der Verweis auf das Weltkulturerbe spielt nun etwa beim schwierigen Thema Interconti-Areal eine große Rolle, aber er sorgte beispielsweise auch dafür, dass das Projekt "Vio Plaza" auf den Kometgründen in Meidling wesentlich niedriger wurde, als zulässig gewesen wäre. Darauf weist Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei (MA 37), hin.

Doch es geht eben auch in die andere Richtung. So wie jüngst etwa bei den drei "Triiiple"-Türmen im dritten Bezirk am Donaukanal. Die Wohntürme sind bis zu 120 Meter hoch, was so nicht ganz geplant war. Sie sollten etwas niedriger werden, doch man erkannte, dass sie dann etwas plump aussehen.

"Triiiple": Kubatur neu verteilt

"Wir haben die Kubatur verändert, sie wurden schlanker und dafür etwas höher, um drei Etagen", sagt Architektin Marta Schreieck, und beeilt sich hinzuzufügen: "Dabei wurde kein Quadratmeter an Nutzfläche gewonnen." Wie schon beim "Millennium Tower" und auch sonst bei zahlreichen Bauprojekten in Wien kam auch hier der "berühmte" Paragraf 69 der Wiener Bauordnung zur Anwendung, der Ausnahmen von der Höhenbegrenzung ermöglicht. Denn dieser könne natürlich grundsätzlich auch bei Hochhäusern Anwendung finden, sagt auch Cech. Das sei aber "keinesfalls die Regel".

Für Architektin Schreieck steht fest, dass die Höhen-Frage "eigentlich an jedem Ort eigens diskutiert werden sollte". Es gehe dabei immer um Proportionen, nicht um die reine Fläche. "Es ist gut, wenn es die Möglichkeit gibt, nachträglich die Kubatur zu verschieben, um schlankere, dafür höhere Türme zu bekommen." Man habe dies bei "Triiiple" den Baubehörden exakt vorrechnen müssen. Die Grundrisse seien besser geworden, "und es gibt nun auch mehr Durchblick". Eben weil die Türme schlanker wurden, seien die Zwischenräume nun größer. Das freut mitunter die Anrainer. Und grundsätzlich wirkten sich schlankere Türme auch positiv auf die Beschattung umliegender Gebäude aus; bei "Triiiple" spielte das laut Schreieck aber keine große Rolle, der Schatten der Türme fällt hauptsächlich auf den Donaukanal.

In diesem Zusammenhang schreibt das Fachkonzept Hochhäuser bzw. dessen Planungsgrundlagen übrigens vor, dass "bei mittlerem Sonnenstand (21. März) die Beschattung der Fenster von Aufenthaltsräumen bestehender Wohngebäude oder gewidmeter Fassadenflächen den 2-Stunden-Schatten nicht übersteigen darf".

Antennen zählen nicht

Baupolizei-Chef Cech klärt diesbezüglich auf, dass zur Gebäudehöhe "im Sinne der Bauordnung" ohnehin "nur raumbildende Teile" zählen würden. "Antennenanlagen sind daher ohne Ausnahme nach Paragraf 69 zulässig und lassen die Gebäude teilweise höher erscheinen als sie rechtlich gesehen sind."

Wegen der hohen Antennenaufbauten gibt es etwa auch bei Österreichs höchstem Gebäude, dem "DC Tower 1" auf der Donauplatte, zwei offizielle Höhenangaben: Die Gebäudestruktur erreicht 220 Meter, mit Antenne ist "DC 1" sogar 250 Meter hoch. Den Wettbewerb dafür hatte Dominique Perrault in den 2000er-Jahren gewonnen. Er plante ein Ensemble aus zwei Türmen. "DC 1" wurde 2014 eröffnet, "DC 2" soll ab heuer endlich auch gebaut werden. Allerdings nicht mehr als kleinerer Zwilling mit 168 Metern, wie es Perrault vorschwebte. Denn er wird (anders als "DC 1") auch zahlreiche Wohnungen beinhalten. Und so wurde Schritt für Schritt umgeplant, bis vom "DC"-Look nichts mehr übrigblieb. Der Wiener Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung segnete das neue Design ab.

Wird "DC 2" 190 Meter hoch?

Doch wie hoch wird "DC 2" werden? Entwickler S+B, der den Turm im Auftrag eines deutschen Investors baut, ließ die Frage unbeantwortet. Die Widmung besagt 175 Meter, darauf weist auch Cech hin. Auf der Projekt-Website ist von 180 Metern die Rede, in Inseraten war auch schon von 190 Metern zu lesen.

Cech meint dazu: Die "Nullebene" für diese Höhenangaben sei die "Platte" der Donaucity, "die etwas höher liegt als die Wagramer Straße (oder gar der Wasserstand der Neuen Donau)". Da könnten sich durchaus höhere Zahlen ergeben. Man wird sehen. 2025 soll der Wohn- und Gewerbeturm jedenfalls fertig sein.

Spielraum ist vorhanden

Tatsache ist, dass es nach oben hin jedenfalls Spielräume gibt. Perrault hat beispielsweise auch einen von Signa ausgelobten Wettbewerb für den "Donaumarina Tower" gewonnen. Vorgegeben war eine Höhe von 113 Metern, der Bebauungsplan steht aber noch nicht fest. Es finden diesbezüglich Abstimmungsgespräche zwischen der Stadt und dem Investor statt. Auch hier dürfte die Kubatur noch "verschoben" werden, ein Baubeginn ist nicht absehbar.

Anderswo wird schon gebaut, nämlich an den umstrittenen "Danubeflats" bei der Reichsbrücke. Auch hier war stetes Wachstum feststellbar: War zunächst, 2013, von einem rund 150 Meter hohen Turm die Rede, so heißt es aktuell auf der Website: "Mit 180 Metern und 48 Stockwerken der höchste Wohnturm Österreichs", denn der gerade erst fertig gewordene, 140 Meter hohe "Marina Tower" der Buwog wird dann überragt.

Dachgleiche bei Bauteil 2

Ob im Turm auch Platz ist für die Sozialwohnungen, die der städtebauliche Vertrag hier vorschreibt, ist ungewiss. Man werde die Verpflichtungen erfüllen, heißt es von den Entwicklern (Soravia und S+B) weiterhin lapidar.

Teil des Projekts ist auch ein niedrigerer Bauteil 2, bei dem vor wenigen Tagen die Dachgleiche gefeiert wurde. Das neunstöckige Gebäude wurde bereits an Investor Auris Immo Solutions veräußert und wird 160 Wohneinheiten und eine Gewerbefläche beinhalten. (Martin Putschögl, 12.4.2022)