"Starmania" ist im Vergleich zur Vorjahresstaffel mit geringeren absoluten Zuschauerzahlen konfrontiert. Die Zahlen brauche man "nicht schönreden", sagt ORF-Chef Weißmann.

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Wien – Mehr als 100 Tage lang ist Roland Weißmann mittlerweile als ORF-Generaldirektor tätig. An die Spitze des größten Medienunternehmens des Landes gelangte er in interessanten Zeiten, wird doch derzeit eine ORF-Digitalnovelle verhandelt oder steht die Übersiedlung in den neuen multimedialen Newsroom am Küniglberg bevor. In einem Hintergrundgespräch gab Weißmann Einblick dazu, sprach aber auch über die Auswirkungen der gegenwärtigen Teuerung und die Performance von "Starmania".

Rund zwei Monate ist es her, dass Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) Konferenzen zu medienpolitischen Herausforderungen gestartet hat. Dabei ist auch die ORF-Digitalnovelle großes Thema. Der ORF, der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) tauschen sich dazu derzeit in drei Unterarbeitsgruppen aus, wobei die "blaue Seite" orf.at, das Teilen von Inhalten und nicht zuletzt Werbung Thema sind.

ORF als Werbemotor

Bei Letzterem stehen auch weitere Werbebeschränkungen für den ORF im Raum. Weißmann sieht diese höchst skeptisch, hielt er doch fest: "In der Werbung sind wir der Motor für alle." Würden dem ORF weitere Beschränkungen auferlegt, schade das nicht nur dem öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen, sondern dem gesamten Markt. Denn das Werbegeld würde nicht automatisch zu den Privaten wandern, sondern zu digitalen Riesen aus Übersee wie Google und Facebook – wenn das Buchungsvolumen nicht einfach absackt, meinte der ORF-Chef und mahnte, dass schon jetzt der Großteil der Onlinewerbeschaltungen bei internationalen Medienunternehmen lande. Er hofft daher auf Kooperation bei den Verhandlungen, die derzeit "hart aber fair" geführt werden, um Lösungen im Sinne des heimischen Medienmarkts zu erzielen.

Digitalnovelle und Newsroom

Abseits der Digitalnovelle beschäftigt Weißmann weiterhin die näher rückende Besiedelung des multimedialen Newsrooms am Küniglberg. Im Wesentlichen seien die Gespräche zur dort geltenden Organisationsanweisung geführt. Vorgesehen sei, dass Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter, TV-Chefredakteur Matthias Schrom-Kux und Orf.at-Chefredakteur Christian Staudinger ihre Funktion weiterhin ausüben und auf ihre Ressourcen zurückgreifen können. Die Fachressorts werden künftig allerdings multimedial geführt und die dafür vorgesehenen Führungspositionen "relativ rasch" ausgeschrieben. Ebenso multimedial agiert künftig ein Newsdesk, bei dem etwa "Verification", "Aktuelle News" und "Social Media" angesiedelt sein werden. Er beliefert etwa die multimedialen Fachressorts und die Sendungs- und Plattformteams.

Für Sorgenfalten sorgt bei Weißmann die aktuelle Teuerung. "Der Kostendruck wird schon heftiger", meinte er und verwies etwa auf steigende Preise im Energiebereich. Zu spüren sei das beispielsweise bei Filmproduktionen. Zwar werde das jährliche Vergabevolumen über 103 Millionen Euro an die heimische Film- und Fernsehwirtschaft erfüllt, möglicherweise schauen dafür aber weniger Produktionen als gewöhnlich heraus, so der ORF-Generaldirektor.

Weißmann über prekäre Arbeitsverhältnisse

Eine Kostenreduktion für das öffentlich-rechtliche Medienhaus bedeuten die anstehenden zahlreichen Pensionierungen. Nachrückende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aufgrund eines billigeren Kollektivvertrags günstiger. Das Geld, dass dadurch frei wird, werde ins Programm fließen, aber auch in die Mitarbeitenden investiert, erklärte Weißmann. Er betonte, dass der ORF im journalistischen Bereich nach wie vor ein beliebter Arbeitgeber sei. Für so manche offene Stelle seien rund 100 Bewerbungen eingetrudelt. Insgesamt laufe das Rekrutierungsprogramm gut, was auch nötig sei, da derzeit nur drei Prozent der ORF-Mitarbeiter unter 30 Jahre alt sind. Wie seit längerem bekannt, klagen manche ORF-Mitarbeiter – vor allem freie Radiomitarbeiter – jedoch über prekäre Arbeitsverhältnisse. Weißmann meinte dazu, mit allen Betroffenen Gespräche geführt zu haben, die Situation sei aber komplex.

Zukunft von "Starmania" offen

Nicht einfach hat es auch die Gesangstalenteshow "Starmania", ist sie doch auf ORF 1 im Vergleich zur Vorjahresstaffel mit geringeren absoluten Zuschauerzahlen konfrontiert. Die Zahlen brauche man "nicht schönreden", so Weißmann. Doch merkte er an, dass die Show bei jungen Zielgruppen stark performe. "Damit erreichen wir sie." Die Zukunft von "Starmania" sei noch offen, eine Entscheidung falle erst nach einer Analyse.

Fix sei dagegen, dass "Dancing Stars" eine weitere Staffel erhält und weiterhin zwei große Showevents pro Jahr im ORF zu sehen sein sollen. Im Unterhaltungsbereich seien Kooperationen mit Privaten eher fraglich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Im Sport- und Filmbereich wolle er dagegen weiterhin auf Zusammenarbeit setzen. (APA, red, 22.4.2022)