Die Elektroflotte der ÖBB ist bereits in Erneuerung. Beim Ersatz von Dieseltriebzügen durch Akkuzüge dauert es noch.

Foto: HO / ÖBB / Markus Schieder

Wien – Milliardeninvestitionen kündigte die ÖBB am Freitag an. Neben dem laufenden Bahnausbauprogramm mit den Tunneln durch Semmering, Koralpe und Brenner soll eine Milliarde Euro bis 2030 allein in den Ausbau der Stromversorgung fließen, kündigte ÖBB-Holding-Chef Andreas Matthä am Freitag bei Vorlage der Bilanz 2021 an.

Aus Wasser- und Windkraft sowie Photovoltaik sollen zusätzliche 280 Gigawattstunden (GWh) erzeugt werden. Derzeit produziert die Bahn in ihren neun Wasserkraftwerken etwa 750 GWh Strom, ein weiteres befindet sich in Bau. In vier Partnerkraftwerken wird exklusiv für die ÖBB grüner Bahnstrom erzeugt, darunter ist eines mit Energie Burgenland. Die Eigenerzeugung hat den Vorteil, dass die Kosten für Umformer wegfallen. Denn Bahnstrom, den alle Eisenbahnverkehrsunternehmen brauchen, hat eine Frequenz von 16,7 Hertz, während das öffentliche Netz mit 50 Hertz betrieben wird. Jede zugekaufte Megawattstunde kostet also zusätzlich Geld..

Milliarden für Rollmaterial

Milliarden verschlingen darüber hinaus Fahrzeuge wie Single- und Doppelstock-Elektrotriebzüge sowie Nachtzüge und Güterloks, die bei Siemens und Stadler Rail geordert wurden. Insgesamt vier Milliarden Euro werden bis 2027 allein im Personenverkehr ausgegeben, betonte Finanzchef Arnold Schiefer.

Der ÖBB-Konzern sieht sich mit einem Ergebnis vor Steuern in Höhe von 170 Millionen Euro wieder auf Kurs. Alle Teilkonzerne seien wieder positiv, sagte Matthä bei Vorlage des Geschäftsberichts 2021. Das Fahrgastaufkommen im Nahverkehr leide noch immer unter Homeoffice, es liegt mit 163 Millionen Zugfahrten noch immer um 29 Prozent unter dem letzten ordentlichen Referenzjahr 2019. Im überregionalen Fernverkehr blieb man mit 24 Millionen Zugfahrten um 37 Prozent hinter dem Vor-Corona-Jahr. Gehörig eingefahren ist die Pandemie auch beim ÖBB-Postbus, der mit 135 Millionen Fahrgästen um 36 Prozent im Rückstand liegt. Immerhin seien pro Tag im Schnitt fast 900.000 Fahrgäste an Bord gewesen – um 13 Prozent mehr als im Corona-Jahr 2020, betonte Matthä.

Staatshilfen

Damit liegt auf der Hand, dass die Republik als Eigentümerin gehörig angeschoben hat – auch bei den Finanzen. Dies im Wege der sogenannten Notvergabe, vom Staat bestellte Zugverbindungen zur Aufrechterhaltung des Zugverkehrs während der Corona-Krise. Allein im zweiten Quartal 2021 war die Unterstützung vom Verkehrsministerium mit 34,2 Millionen Euro angegeben worden, davon 29,6 Millionen für den ÖBB-Teilkonzern Personenverkehr (PV) und 4,6 Millionen für Westbahn.

Schienenmaut

Geöffnet hat der Staat seine Schleusen auch für den Güterverkehr, der mit 129 Millionen Euro an Infrastrukturbenützungsentgelt (IBE), vulgo Schienenmaut, unterstützt wurde. Davon gingen 67 Millionen an die ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria (RCA), 42 Millionen an die privaten Frachtbahnen. "Ohne diese IBE-Hilfen wäre es nicht gelungen, die Frachtverlagerung auf die Straße zu verhindern", betonte der ÖBB-Chef.

Ergebnis "respektabel"

Den für die RCA wichtigsten Schub brachte ein konzerninterner Deal: Die halbe-halbe im Eigentum von Personen- und Güterverkehr stehende ÖBB-Werkstättentochter TS gehört nun dem Personenverkehr (RCA hält statt 51 nur mehr 25 Prozent). Das wirkt zwar in der Konzernbilanz neutral, der Erlös von 86,4 Millionen polierte die RCA aber auf – DER STANDARD berichtete exklusiv.

Nun hat die RCA wieder fast 30 Prozent Eigenkapital und sei "nicht mehr so anfällig für Seitenwind", sagte Schiefer, und mit 94 Millionen Nettotonnen Fracht stabil.

Abwertungen

Wie die RCA die durch geopolitische Unsicherheit bedingten 44 Millionen Euro an Abwertungen ohne den TS-Verkauf gestemmt hätte, ist fraglich. Das Ergebnis läge bei 15 Millionen Euro, sagt Schiefer, was respektabel sei. Der Großteil der Wertberichtigungen entfiel mit 32 Millionen auf die einst teuer gekaufte ungarische Güterbahn RCH, die um Großkunden fürchten muss.

Die gesamten öffentlichen Finanzierungen inklusive Bestellungen von öffentlichen Verkehrsverbindungen, Förderungen von Schienengütertransporten, die Grundfinanzierung des Bahnbetriebs sowie den Annuitätenzuschüssen für den milliardenschweren Bahnausbau gibt die ÖBB-Führung mit 3,553 Milliarden Euro an. Das sei in etwa gleich viel wie im Jahr 2020. (Luise Ungerboeck, 29.4.2022)