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Es besteht der Anfangsverdacht der uneidlichen Falschaussage, die Andreas Scheuer im Untersuchungsausschuss getätigt haben soll.

Foto: REUTERS/Thilo Schmuelgen

Berlin – Die unendliche Geschichte der deutschen Pkw-Maut für Ausländer lässt den ehemaligen deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer nicht los. Laut einem Bericht des Spiegel hat die Berliner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den CSU-Politiker und seinen früheren Staatssekretär Gerhard Schulz eingeleitet. Gegen Scheuer und seinen Beamten bestehe der Anfangsverdacht der uneidlichen Falschaussage. Das hat auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, bestätigt.

Es geht um die Aussagen der beiden vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags. Dieser war eingesetzt worden, um zu klären, wer für das Debakel verantwortlich ist. Scheuer und Schulz werden verdächtigt, "bei ihren zeugenschaftlichen Vernehmungen vor dem Untersuchungsausschuss bewusst wahrheitswidrig ausgesagt haben", so Steltner. Mehrere Privatpersonen haben Strafanzeige gestellt.

Klage aus Österreich

Das CSU-Vorhaben, eine Pkw-Maut in Deutschland einzuführen, diese aber nur für Ausländer gelten zu lassen, war im Sommer 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach einer Klage Österreichs gestoppt worden, bevor noch jemals ein Cent an Einnahmen in die deutsche Staatskasse fließen konnte.

Für die CSU war es ein herber Schlag. Sie hatte zuvor jahrelang erklärt, dass sie "Ausländer" zur Kasse bieten wolle. Inländer hätten nicht belastet werden sollen, deutsche Fahrzeughalter sollten über die Kraftfahrzeugsteuer wieder entlastet werden.

Kostspieliges Unterfangen

Es war ein teures Scheitern. Die Maut hatte den Bund durch die Vorbereitungen bereits 53,6 Millionen Euro gekostet. Zudem standen rasch Schadenersatzforderungen der Mautbetreiber, darunter die österreichische Firma Kapsch Traffic Com, in Höhe von 560 Millionen Euro im Raum – was der deutsche Bund verneinte.

Mittlerweile wurde aber von einem Schiedsgericht bestätigt, dass die von der Auto Ticket GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen von Kapsch Traffic Com und CTS Eventim, geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestehen. Scheuer hatte sofort nach dem Urteil des EuGH den Mautbetreibern gekündigt. Diese einseitige und entschädigungslose Kündigung hätte er nicht machen dürfen.

U-Ausschuss hat Nachspiel

Um diese Kündigung ging es auch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der für Scheuer nun ein Nachspiel hat. Scheuer wollte im Jahr 2018 unbedingt den Vertrag mit den Mautbetreibern unterschreiben, obwohl das Urteil des EuGH noch ausstand.

Befragt wurde Scheuer über ein Gespräch, das er im Herbst 2018 mit Klaus-Peter Schulenburg von Eventim und Georg Kapsch geführt hatte. Schulenburg hatte dem Ausschuss erklärt, er habe Scheuer angeboten, "mit einer Vertragsunterzeichnung bis zu einer Entscheidung des EuGH zu warten". Hätte der Minister dies getan, hätte sich Deutschland viel Geld erspart. Doch Scheuer wollte den Vertrag schnell unter Dach und Fach bringen. "Der Minister lehnte es entschieden ab, mit der Unterzeichnung des Vertrags bis nach der Urteilsverkündung zu warten", sagte Schulenburg im Ausschuss. Und der Vertrag wurde dann tatsächlich wenig später, zum Jahresende 2018, unterzeichnet.

Scheuers Erklärungen

Scheuer erklärte am 1. Oktober 2020 im Ausschuss: "Nach meiner Erinnerung hat es kein Angebot gegeben, die Unterzeichnung des Vertrags zu verschieben." Sein Staatssekretär war nicht so klar. Er sagte zuerst: "Es hat meiner Meinung nach kein konkretes Angebot gegeben." Danach betonte er: "Ich kann mich nicht erinnern, dass es ein solches Angebot gegeben hat." Und schließlich hieß es, auf die Frage des FDP-Abgeordneten Oliver Luksic, ob er "zu hundert Prozent ausschließen" könne, "dass das Wort EuGH gefallen ist": "Nein, ich kann es nicht zu hundert Prozent ausschließen." Diese Widersprüche sollen nun noch einmal genauer beleuchtet werden. (Birgit Baumann aus Berlin, 3.5.2022)