Der neu entdeckte Megaraptor (auf Deutsch "riesiger Räuber") dürfte bis zu zehn Meter lang gewesen sein. Der Körperbau von Maip macrothorax weist auf einen agilen Jäger hin.
Illustr.: Agustín Ozán

Megaraptoren verdienen zweifellos ihren martialischen Namen: Die Gruppe theropoder Dinosaurier brachte gegen Ende der Kreidezeit tatsächlich "riesige Räuber" hervor – den Gewaltigsten von ihnen hat nun ein Paläontologenteam in Patagonien, Argentinien, freigelegt. Die versteinerten Überreste weisen auf einen bisher unbekannten Fleischfresser hin, der zu Lebzeiten vor etwa 70 Millionen Jahren zwischen neun und zehn Meter lang und rund fünf Tonnen schwer gewesen sein dürfte. Damit hätte er selbst dem späteren Tyrannosaurus rex Konkurrenz machen können.

"Schatten des Todes"

Die wissenschaftlich Maip macrothorax getaufte Kreatur ist Teil einer Abstammungsgemeinschaft, deren Platz im Theropodenstammbaum lange Zeit umstritten war. Zuletzt tendierte man in der Fachwelt eher dazu, Megaraptoren in der Nähe von Coelurosauria oder Tyrannosauroidea anzusiedeln. Der Gattungsname "Maip" stammt aus der Sprache der Aonikenk, einer Gruppe indigener Patagonier, und bezeichnet eine mythologische Figur, den "Schatten des Todes", der in den Anden mit kaltem Wind töte. Die Artbezeichnung "macrothorax" verweist auf den ungewöhnlich großen Brustkorb der Echse.

"Megaraptoren sind eine Gruppe räuberischer Dinosaurier, die Asien, Australien und Südamerika während der gesamten Kreidezeit bewohnten", sagt Mauro Aranciaga Rolando, leitender Paläontologe vom Museo Argentino de Ciencias Naturales in Buenos Aires. Aus dem Maastrichtium (dem letzten Abschnitt der Kreidezeit, Anm.) sind Megaraptoren allerdings nur in isolierten und wenig informativen Überresten bekannt."

Megaraptoren fielen durch ihre teilweise gewaltigen Klauen an den vorderen Gliedmaßen auf.
Foto: raffaele sergi

Tropisches Patagonien

Wahrscheinlich stand Maip macrothorax als Spitzenprädator ganz oben in der Nahrungskette. Damals, vor 70 Millionen Jahren, war Patagonien eine tropische, von dichten Wäldern bedeckte Region. Wie das Team im Fachjournal "Scientific Reports" berichtet, besaß Maip einen länglichen Schädel, in dem kurze, stark gekrümmte Zähne steckten.

Im Unterschied zu T. rex besaß Maip vergleichsweise lange, kräftige Vordergliedmaßen mit enormen, fast 40 Zentimeter langen Sichelklauen. "Das waren die Hauptwaffen der Megaraptoren, ihre Zähne waren zwar sehr scharf, aber klein", so Rolando. "Mit den Klauen dürfte er seine Opfer gepackt und in Stücke gerissen haben."

"Obwohl einige Autoren in der Vergangenheit Megaraptoren als eine archaische Gruppe allosauroider Theropoden interpretiert haben, stützt eine wachsende Zahl von Beweisen die Hypothese, dass sie in Wahrheit Mitglieder der Coelurosauria sind", so Rolando. Gerade unter diesen Gesichtspunkten sei das nun entdeckte Megaraptora-Fossil außerordentlich wertvoll.

Verschiedene Megaraptoridae im Größenvergleich.
Illustr.: The-Allo

Flinke Jäger

Das in der Chorrillo-Formation in der südwestlichen Provinz Santa Cruz freigelegte Teilskelett gilt nun als bisher am besten erhaltenes Megaraptor-Exemplar aus der Spätzeit der Kreide. "Die Knochen von Maip macrothorax haben uns sehr geholfen, die Anatomie von Megaraptoren besser zu verstehen", sagte Rolando. "Es zeigte sich, dass diese Tiere im Unterschied zu Tyrannosaurus eher leicht gebaut waren, vor allem was die innere Struktur ihres Skeletts betrifft."

Die Untersuchung der Fossilien offenbarte nämlich, dass die Knochen der Megaraptoren nicht so massiv waren wie die von T. rex, sondern eine große Anzahl von Hohlräumen besaßen, die sie deutlich leichter machten. Außerdem hatten sie lange Schwänze und lange Beine – alles Hinweise darauf, dass man sich Maip macrothorax als einen enormen, aber dennoch sehr agilen Räuber vorstellen darf. (tberg, 5.5.2022)