Der CDU-Politiker Daniel Günther (Mitte) regiert Schleswig-Holstein seit 2017. Wenn er als Ministerpräsident weiter im Amt bleibt, ist damit auch CDU-Chef Friedrich Merz (rechts) geholfen.

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Daniel Günther (CDU) hatte Pech. Ausgerechnet im Wahlkampfendspurt erkrankte der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein an Corona. Er hatte keine schlimmen Beschwerden, musste aber einige Wahlkampfauftritte in der heißen Phase streichen.

Wobei "heiße Phase" im nördlichsten Bundesland Deutschlands relativ ist. Man ist dort, zwischen Nord- und Ostsee, eher gemächlich unterwegs. Und Günther bestritt den Wahlkampf in den letzten Wochen ohnehin als Favorit.

Ins TV-Studio konnte er zu einem der größeren Interviews auch nicht kommen. Also fragte der Moderator den zugeschalteten Spitzenkandidaten der CDU, mit wem er gerne einen Segeltörn machen würde. Seine Antwort: "Mit Außenministerin Annalena Baerbock."

Die ist bekanntlich von den Grünen. Nicht mit CDU-Bundesparteichef Friedrich Merz, wunderte sich der Moderator. "Sie macht echt ’nen guten Job", sagte Günther über Ministerin Baerbock.

Günther und Merz – dieses Verhältnis war hingegen lange Zeit nicht ungetrübt. Der 49-jährige Günther zählt zum liberalen Flügel der CDU. Er hat in der Asylpolitik den Kurs der deutschen Ex-Kanzlerin Angela Merkel mitgetragen.

Ältere Männer

Als Merz Merkel 2019 "Untätigkeit und mangelnde Führung" vorwarf, giftete Günther Richtung Merz (der damals noch nicht CDU-Chef war), das sei eine "Debatte, die von älteren Männern geführt wird, die vielleicht nicht ihre Karriereziele in ihrem Leben erreicht haben".

Doch nun, im Wahlkampf, standen Merz und Günther natürlich Seite an Seite. Auch Merz braucht den sich abzeichnenden Wahlsieg Günthers.

Im Herbst hat die CDU die Bundestagswahl verloren. Angela Merkel verließ das Kanzleramt nach 16 Jahren freiwillig, doch der Kanzlerkandidat der Union, der Rheinländer Armin Laschet, schaffte es nicht, ihr nachzufolgen.

Im Jänner wählte die CDU Merz zum neuen Chef. Der will die CDU neu aufstellen und wieder ins Kanzleramt führen. Doch die erste Landtagswahl ging gleich daneben.

Im März wurde der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans (CDU), abgewählt. Nun regiert dort die Sozialdemokratin Anke Rehlinger mit absoluter Mehrheit.

Der Saarländer Hans hatte allerdings auch keine hohen persönlichen Beliebtheitswerte. Das ist bei Günther in Schleswig-Holstein anders. Er hat die höchsten Kompetenz- und Persönlichkeitswerte aller Ministerpräsidenten Deutschlands.

2017 kam er erstmals ins Amt und bildete damals die erste Ampel (CDU, Grüne und FDP), die in einem Bundesland eine ganze Legislaturperiode durchhielt. Minister für Landwirtschaft und Umwelt war anfangs, bis er nach Berlin wechselte, Robert Habeck.

Jamaika funktioniert

Und während die Verhandlungen über das erste Jamaika-Bündnis auf Bundesebene 2017 scheiterten, weil die FDP doch lieber nicht regieren wollte, funktioniert dieser Dreierbund in Kiel geräuschlos. Viele sagen, dass Günther dazu einiges beiträgt. Er moderiert eher und führt weniger. Alle sollen ihre Erfolge haben dürfen.

32 Prozent erreichte die CDU mit Günther bei der Wahl 2017. Nun werden ihr in Umfragen 38 Prozent vorausgesagt. Dahinter kommt lange nichts, dann streiten sich die im Land oppositionellen Sozialdemokraten und die Grünen um Platz zwei.

Beide erreichen in Umfragen 18 Prozent. Verwandeln diese sich am Sonntagabend in Stimmenanteile, dann hätten die Grünen dazugewonnen, die Sozialdemokraten hingegen stark verloren.

SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller gehörte früher zu den Grünen und war auch schon einmal Chef der Staatskanzlei – unter Günthers Vorgänger, Ministerpräsident Tobias Albig (SPD). Nun möchte er dort oberster Dienstherr werden, aber das dürfte nicht klappen. Eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP wird wohl nicht möglich sein.

Ampel strahlt nicht

"Viele Menschen sind noch unentschieden", versucht SPD-Bundeschef Lars Klingbeil den Genossinnen und Genossen an der Waterkant Mut zu machen. Zum Wahlkampfabschluss haben sich die SPD-Spitze und Kanzler Olaf Scholz angekündigt.

Ministerpräsident Günther hingegen kann dem Wahltag entspannt entgegensehen. Dass es so gut für ihn und die CDU läuft, erklärt er auch mit Rückenwind aus Berlin – und da ist sogar Lob drin: "Wir hatten gedacht, die Ampel entwickelt eine Strahlkraft und die CDU muss ihre Rolle erst finden. Doch die Ampel hat bereits nach fünf Wochen ihre Strahlkraft verloren, und Friedrich Merz macht seine Arbeit gut."

Er will mit Jamaika weitermachen, könnte aber auch in die komfortable Lage kommen, nur noch einen Partner zu brauchen: entweder die Grünen oder die FDP.

Der nächste Test

Eine Woche nach Schleswig-Holstein wählt dann Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland, Nordrhein-Westfalen. Auch dort verteidigt ein CDU-Politiker sein Amt: Hendrik Wüst, der erst seit einem halben Jahr regiert und auf Armin Laschet folgte.

Allerdings ist das Rennen an Rhein und Ruhr viel knapper als im Norden. Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Wüst kommt auf 30 Prozent, Herausforderer Thomas Kutschaty von der SPD auf 28 Prozent. (Birgit Baumann aus Berlin, 8.5.2022)