Mehr Bestseller drucken? Hier Autorin Judith W. Taschler.

Foto: Maria Noi

Dann machen wir lauter E-Books", so klingt derzeit der Galgenhumor in der Buchbranche. Nein, das ist natürlich nicht wirklich eine Option für heimische Verlage. Noch gibt es bedruckbares Papier. Was aber, wenn das nach einem Gaslieferstopp im Zuge des russischen Kriegs ausgehen sollte? Notfallpläne hat kein Büchermacher in der Schublade, ergibt ein Rundruf.

Aber auch eine Beruhigung: Das Papier für die in den kommenden Monaten erscheinenden Titel liegt bereit. Bücher werden uns also so schnell nicht ausgehen, aber sie werden nach den Preissteigerungen für Gas und Zellstoff vergangenes Jahr nun noch einmal teurer. Andererseits sorgen die im selben Zug gestiegenen Lebenshaltungskosten der Kunden für eine Zwickmühle. "Wir können nicht abschätzen, inwiefern bei den Haushalten noch Geld für Bücher locker sitzt", sagt Droschl-Verlegerin Annette Knoch.

Die Sorge kennt auch Herbert Ohrlinger von Zsolnay. Im März brach der Umsatz am heimischen Buchmarkt gegenüber den Vorjahren merklich ein. Nur eine spontane Sorgenreaktion auf den Krieg? Aktuelle Zahlen weisen für den April ein dickes Plus aus.

Crowdfunding

Wenn es nur um Kosten ginge, hat zuletzt der Comicverlag Reprodukt aus Deutschland für Aufsehen gesorgt, der ein Crowdfunding für sein nächstes Programm startete. Was passiert aber mit dem gedruckten Buch, sollten Papierfabriken infolge einer Gasknappheit ihre Produktion drosseln müssen oder stillstehen? Jetzt schon für Saisonen im Voraus Papier zu hamstern ist nicht angesagt. "In Maßen haben wir das immer gemacht, aber viel mehr Papier werden wir nicht reservieren können. Dafür fallen ja wieder Lagerkosten an", sagt Ohrlinger. Die Strategie derweil lautet, den Kontakt mit den bekannten Druckereien gut zu pflegen. Wo das nichts nützt, müssen Verlage bei mehr Druckereien als bisher öfter und insistierender anfragen, hört man.

Kleine Verlage mit niedrigen Auflagen haben es da schwerer. Zsolnay hat mit Hanser einen größeren deutschen Verlag im Rücken. Fühlt Ohrlinger sich dadurch sicher, sollte es eng werden, bedient zu werden? Man sei "vermutlich in einer besseren Position". Aber Vertragspartner der Verlage sind die Druckereien, woher diese ihr Papier beziehen, wissen Verlage normalerweise nicht.

Bestseller statt Debüts?

Kann man im Ernstfall am Programm selbst Schritte setzen? Etwa sich auf kalkulierbare Bestseller fokussieren, statt Papier für Debüts zu verwenden, die vielleicht nicht gekauft werden? Dünnere Bücher in kleinerer Schrift machen, um mit dem verfügbaren Papier eine große Breite im Angebot abzudecken? Solche Pläne existieren nicht. Bei der Qualität des Papiers will vorerst niemand Abstriche machen. "Wir können nicht beeinflussen, wie dick die Manuskripte sind, die Autoren uns schicken", sagt Knoch. Das Programm bleibt noch unangetastet.

Also kein Fokus auf Bestseller? Bei "Konzernverlagen mit Millionenauflage, die intern bei hunderten Titeln austarieren können, ist das sicher eine größere Frage", sagt Gustav Soucek vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels.

Der Verband Druck Medien (VDM) forderte bereits vor dem Krieg von der Bundesregierung einen Entfall der Strafzölle für chinesische Papiere, um die Lage zu entspannen. Zudem will man eine Energieprämie, die Entlastung würde natürlich weitergeben. (Michael Wurmitzer, 9.5.2022)