Der Verkehrsstreit zwischen Österreich und Bayern verschärft sich wieder.

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Innsbruck/München/Brüssel – Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgefordert, wegen der anhaltenden Konflikte im Brenner-Transitverkehr ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich einzuleiten. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bezeichnete diese Forderung als "irrwitzig".

Bernreiter nannte das Memorandum of Understanding aus dem Jahr 2009 oder den 10-Punkte-Plan aus dem Jahr 2019 als Beispiele dafür. Der bayrische Verkehrsminister hatte am Mittwoch in München seinen Unmut über ausufernde Blockabfertigungen an der Grenze geäußert. Er habe von der Leyen aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich einzuleiten.

Kritik an "unverhältnismäßigen" Restriktionen

Die Restriktionen, mit denen das Bundesland Tirol seit Jahren den Waren- und Güterverkehr über den Brenner immer weiter einschränke, seien "unverhältnismäßig und nicht akzeptabel", erklärte der Minister und wiederholte die Rechtsauffassung des Freistaats Bayern, wonach die von Tirol durchgeführte Lkw-Blockabfertigung allenfalls in außergewöhnlichen und schweren Notfallsituationen zulässig sein kann, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden.

Die derzeitige Praxis Tirols gehe jedoch weit über diesen Anwendungsfall hinaus und schaffe systematisch Verkehrsprobleme in Bayern. In München fürchte man außerdem einen Präzedenzfall, weil inzwischen auch das Land Salzburg eine Blockabfertigung am Grenzübergang Walserberg prüfe. Für den Alpen-Transitverkehr müsse endlich eine Lösung geschaffen werden, schrieb Bernreiter der Kommissionspräsidentin: "Anwohner und Lkw-Fahrer leiden schon viel zu lang unter der Verkehrsbelastung". Das Problem müsse "konstruktiv und gemeinsam gelöst werden", er stehe für Gespräche in Brüssel gerne bereit.

Platter empört, Felipe "irritiert"

Angesichts der nach der Pandemie rasant steigenden Verkehrszahlen und den laufenden Sanierungsmaßnahmen entlang der Brennerautobahn, seien solche Drohgebärden "irrwitzig", reagierte Platter mit scharfen Worten auf die Ankündigung Bernreiters. Die Belastung für Mensch, Natur und Infrastruktur seinen "längst überschritten", weshalb Tirol an "Notmaßnahmen – wie der Blockabfertigung oder den Fahrverboten" festhalte, unterstrich Tirols Landeshauptmann.

Von den nördlichen Nachbarn forderte er "endlich Taten statt ständig neuer Lippenbekenntnisse". Der Ball für eine Lösung beim Alpen-Transitverkehr liege in Deutschland, stellte Platter klar: "Daran können auch Drohgebärden und Klageandrohungen nicht hinwegtäuschen."

"Irritiert" über den Vorstoß des bayrischen Verkehrsminister reagierte indes Tirols Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) – waren die politischen Vertreter aus Bayern doch ihrer Einladung zum Austausch über die Zukunft des Verkehrs durch den Alpenraum vergangene Woche nicht gefolgt. (APA, 18.5.2022)