Man kann es auch wirklich übertreiben. Zumindest bei jungen Durchschnittsbürgerinnen und Durchschnittsbürgern geht Cannabiskonsum mit einer Reduzierung anderer Substanzen einher.

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Die Entkriminalisierung von Marihuana könnte Auswirkungen auf den Konsum süchtigmachender Substanzen haben – allerdings anders, als Kritiker der Legalisierung befürchten: Ein Team um Charles B. Fleming von der University of Washington konnte in einer aktuellen Studie nachweisen, dass nach einer solchen Freigabe der Alkoholkonsum, der Missbrauch von Schmerzmitteln sowie der Nikotinkonsum bei Jugendlichen abnehmen.

Einstiegsdroge Gras?

In den vergangenen zehn Jahren haben viele Bundesstaaten der USA den Einsatz von Marihuana für medizinische Zwecke erlaubt. Einige haben Hanf generell entkriminalisiert, was nicht auf ungeteilte Zustimmung stieß: Gegner dieser Maßnahmen prophezeiten im Kielwasser der Legalisierung von Cannabis unter anderem einen steilen Anstieg beim Konsum anderer Drogen sowie von Alkohol und Schmerzmitteln – Marihuana gleichsam als berühmte Einstiegsdroge.

Einige (aber eindeutig nicht alle) Studien haben gezeigt, dass Cannabis im Allgemeinen kaum als Wegbereiter für härtere Drogen fungiert. Die Ergebnisse, zu denen nun Fleming und seine Gruppe gelangt sind, gehen sogar noch einen Schritt weiter: Wo Cannabis legal verfügbar ist, geht der Bedarf an anderen Drogen erkennbar zurück, zumindest bei jungen Konsumenten im US-Bundesstaat Washington. Über etwaige Kausalitäten sagt die Studie freilich wenig aus.

Seit 2012 legal

Der Bundesstaat an der Nordwestküste der USA, südlich von Kanada, hat im Dezember 2012 nach eine Volksabstimmung über 21-Jährigen den Besitz von Marihuana in kleinen Mengen (bis 30 Gramm) gesetzlich erlaubt. Der Anbau und die Abgabe blieben staatlich reguliert. Für ihre Untersuchung analysierten die Forschenden Daten aus landesweiten Umfragen unter jungen Menschen, die in den Jahren 2014 bis 2019 durchgeführt wurden.

Zwei Gruppen standen im Fokus: zwischen 18- und 20-Jährige und Personen zwischen 21 und 25 Jahren. Insgesamt kamen 12.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Wort. Die im "Journal of Adolescent Health" veröffentlichten Ergebnisse zeigten, dass der Alkoholkonsum nach der Legalisierung von Marihuana im Durchschnitt geringer war. Auch die Anzahl schwerer Alkoholisierungen nahm sichtbar ab.

Ausnahme: E-Zigaretten

Außerdem zeigte sich in den Zahlen ein Rückgang beim Missbrauch von Schmerzmitteln. Und schließlich rauchten die Befragten nach der Marihuanafreigabe auch weniger – mit einer Ausnahme allerdings: Zur Überraschung der Forschenden hatte die Verwendung von E-Zigaretten zugenommen. Das dürfte jedoch daran liegen, dass sich die Legalisierung von Marihuana zeitlich mit der beginnenden Verbreitung von E-Zigaretten überschnitt. (tberg, 25.5.2022)