Es geht heiß her am heimischen Immobilienmarkt. Für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) sogar eindeutig zu heiß. Seit rund zehn Jahren steigen die Preise für Immobilien deutlich stärker als die Haushaltseinkommen, dennoch nahmen besonders im vergangenen Jahr immer mehr Menschen einen Wohnbaukredit auf. Bei der OeNB sorgt man sich ob der Signale wegen einer starken Überhitzung des Marktes.

"Das sechste Quartal in Folge steigen die Preise jenseits der Zehnprozentmarke, diese Entwicklung zeigt in die völlig falsche Richtung", sagt die Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft der OeNB, Birgit Niessner, am Mittwoch bei der Präsentation des 43. Financial Stability Report. Von einem Szenario wie 2007 in den USA, das die Finanzkrise auslöste, sei man aber weit entfernt.

Es gibt Faktoren, die das Risiko abschwächen. "Österreich hat einen starken Mietmarkt, die Zinslast ist eher gering, und Wohnkredite werden eher von Haushalten mit höheren Einkommen aufgenommen, die über entsprechende Kapitalpuffer verfügen", sagt Niessner.

Der Immobilienmarkt in Österreich überhitzt zunehmend mehr. Die OeNB spricht sich für strengere Regeln bei der Kreditvergabe aus, um die Entwicklung abzukühlen.
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Neue Regeln für Wohnkredite

Angesichts der Entwicklung sprechen sich die Währungshüter für die schnellstmögliche Umsetzung strengerer Regeln bei der Vergabe von Wohnkrediten aus. Das vermutlich ab Juli in Kraft tretende neue Reglement liegt bereits auf dem Tisch. Dieses besagt: Kreditnehmer müssen 20 Prozent der Summe aus eigenen Mitteln stemmen. Die Kreditrate darf 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht überschreiten, und die Kreditlaufzeit soll auf maximal 35 Jahre begrenzt werden.

Ein Szenario wie 2007 in den USA befürchtet Birgit Niessner in Österreich nicht – die Entwicklung gehe dennoch in die falsche Richtung.
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"Es gibt einen aktuellen Verordnungsentwurf von der Finanzmarktaufsichtsbehörde, und es ist davon auszugehen, dass der legistische Prozess dahinter in der Endrunde ist", meinte Vizegouverneur Gottfried Haber. Als Zeithorizont sei vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) ein Inkrafttreten im Sommer vorgeschlagen worden. Dementsprechend könne es im Juli oder August so weit sein.

Neben den Wohnkrediten gab es laut OeNB aber auch bei bei Unternehmens- und Haushaltskrediten einen deutlichen Zuwachs seit 2017. Ein Kreditwachstum sei zwar prinzipiell wünschenswert, sagt Haber, wenn aber das Kreditwachstum im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum stark übersteigt, dann berge das die Gefahr erhöhter Kreditausfälle. Verbindliche strengere Kriterien für die Neuvergabe von Krediten wären laut OeNB folglich sinnvoll und notwendig.

Gewinnverwendung

In Anbetracht der anhaltenden Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg rät die OeNB den Banken zur Zurückhaltung bei der Gewinnverwendung und zur Stärkung ihrer Kapitalbasis. Die Kapitalausstattung der Institute habe sich zwar seit der Finanzkrise stetig verbessert, die Kapitalquote sei in den vergangenen Jahren aber gesunken, und die heimischen Banken seien damit hinter den europäischen Durchschnitt zurückgefallen.

"Daher ist es wichtig, dass die Banken ein besonderes Augenmerk darauf setzen, die Kapitalbasis weiter stark zu halten beziehungsweise zu stärken", sagt Haber. Eine "vorsichtige Gewinnverwendung" sei daher ratsam. Auch mit Trends wie dem Klimawandel, Digitalisierung und Cyberrisiken sollten sich Banken vermehrt beschäftigen, um nachhaltig profitabel zu bleiben.

Die Währungshüter der Nationalbank raten Banken dazu, vorsichtig mit Gewinnen umzugehen.
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Steigende Zinsen

Die steigenden Zinsen sollten dagegen kein Problem für die Finanzmarktstabilität in Österreich darstellen – "solange diese Zinsschritte graduell erfolgen und die Banken ihr Zinsrisiko auch entsprechend managen", heißt es bei den Notenbankern. Im Gegenteil könnte es sogar positive Auswirkungen für die Institute im Zinsergebnis haben. Für die Kreditnehmer stellen sie dagegen höhere Belastungen dar.

Laut Haber sei wegen der noch nicht überstandenen Pandemie und des Kriegs dementsprechend auch damit zu rechnen, dass es bei den derzeit sehr niedrigen Risikokosten und der hohen Kreditqualität der Banken zu einer Trendumkehr kommen werde. Eine passende Wertberichtigungspolitik der Banken sei daher wichtig.

Außerordentliche Sitzung

Die EZB will ihre Zinsen im Juli erstmals seit über zehn Jahren erhöhen. Wegen des starken Auseinanderdriftens bei den Anleihenrenditen im Euroraum im Nachgang hält die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch eine Sondersitzung ab. Was genau auf dieser besprochen werden soll und ob neue Maßnahmen verkündet werden, dazu wollte sich OeNB-Gouverneur Robert Holzmann allerdings nicht äußern. (and, 15.6.2022)