Haben Personalentscheidungen in ihrem Einflussbereich: Medienministerin Susanne Raab und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP)

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Wer kommt in dieser Republik warum an welche Stelle? Diese Frage beschäftigt die heimische Politik spätestens seit der Ibiza-Affäre. Der mittlerweile zweite Untersuchungsausschuss widmet sich auch der türkis-blauen Personalpolitik, in einigen Fällen ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Trotzdem schafft es die ÖVP nicht, Personalentscheidungen aus den Schlagzeilen zu halten. Zurzeit sind es insbesondere drei Fälle, die für Aufsehen sorgen.

SKB

Da wäre einmal die Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft (SKB), die gerade nach einem Chef oder einer Chefin sucht. Im April war die Ausschreibungsfrist dafür um zwei Wochen verlängert worden; beste Chancen auf eine Wiederbestellung soll der aktuelle Geschäftsführer Klaus Panholzer haben. Das wäre eigentlich unspektakulär, hätte sich nicht mit Petra Stolba, der ehemaligen Chefin der Österreich-Werbung, ein Kapazunder beworben. Doch Stolba soll es nicht einmal ins Hearing geschafft haben. "Ich habe mich mit einem innovativen Konzept beworben. In den Gesprächen mit der Headhunterin (Amrop Jenewein) hat sich jedoch herausgestellt, dass das derzeit nicht präferiert wird, daher habe ich meine Bewerbung zurückgezogen", sagte sie dem Kurier.

RTR

Merkwürdigkeiten spielen sich auch rund um die Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH ab. Dort hat sich Medienmanager Sebastian Loudon erneut um die Geschäftsführung beworben, 2017 war er nach dem Hearing Bestgereihter gewesen. Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) wählte jedoch einen SPÖ-nahen Bewerber: Oliver Stribl, der zuvor jahrelang Abteilungsleiter der Wiener Rathauskommunikation gewesen war. Heuer schaffte es Loudon gar nicht mehr ins Hearing. Komisch daran: Laut Bundeskanzleramt entschied das der Personalberater Deloitte; laut Deloitte die Kommission. Wer nun das Rennen machen wird, ist noch unklar, die RTR ressortiert zu Medienministerin Susanne Raab (ÖVP).

BWB

Der dritte aktuelle Aufreger, die Bundeswettbewerbsbehörde, liegt genau wie Schönbrunn im Bereich von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Dort sollen die Zeichen auf Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts stehen. In der Branche werde das "mit Befremden" aufgenommen – sei Sachs doch gut mit Jörg Zehentner, Chef der Wettbewerbskommission, befreundet. Der sagt zu Ö1, er sei mit "Sachs gut bekannt", so wie mit anderen Bewerberinnen und Bewerbern – es sei ja ein "enger Markt".

Routine

Drei prestigeträchtige und wichtige Posten, deren Besetzung die ÖVP-geführten Ministerien nicht ohne Hintergrundgeräusche vollbringen: Das ist angesichts der jüngeren Vergangenheit bemerkenswert, wenn auch nicht erstaunlich. Trotz der omnipräsenten Affären rund um politische Postenvergaben hat die ÖVP auch in letzter Zeit fast immer gegen alle Widerstände eigene Vertrauenspersonen unterbringen können.

Etwa im Einflussbereich des Innenministeriums, wo Michael Takacs Bundespolizeikommandant wurde, obwohl ein enges Naheverhältnis zu Kanzler Karl Nehammer besteht. Auch rund um Besetzungen beim Verfassungsschutz-Nachfolger DSN gab es Vorwürfe der parteipolitischen Besetzungen, weil sowohl Direktor Omar Haijawi-Pirchner als auch sein Vize David Blum als ÖVP-nah gelten. Im DSN ist man unter Haijawi-Pirchner allerdings spürbar um eine gewisse Emanzipation vom Innenministerium bemüht.

Immer wieder werden solche Vorwürfe mit Verweis auf unabhängige Begutachtungskommissionen oder externe Personalberater vom Tisch gewischt. Allerdings zeigen die Untersuchungen von Ibiza- und ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss genauso wie die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), wie teils getrickst wird.

Tricks der Postenbesetzer

Thomas Schmid war beispielsweise als Generalsekretär und Kabinettschef im Finanzministerium für die Ausschreibung für den Alleinvorstand der Staatsholding Öbag mitverantwortlich. Chats zeigen, wie der diese Ausschreibung auf sich selbst zugeschnitten hat, auch bei der Auswahl der Aufsichtsräte hatte er mitgemischt. Die wählten dann Schmid als bestgeeigneten Kandidaten – und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) konnte auf die unabhängig getroffene Entscheidung des Aufsichtsrats verweisen.

Im Kurier erklärte Headhunterin Julia Zdrahal-Urbanek, Managing-Partnerin bei Alto: "Dass qualifizierte Bewerber, die die Kriterien des Ausschreibungstextes erfüllen, nicht zum Hearing eingeladen werden, erweckt den Eindruck, dass man eine bereits auf politischer Ebene getroffene Entscheidung nicht stören möchte". Die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger meinte mit Blick auf Schönbrunn im Ö1-Journal, es sei immer wieder so, "dass man Leute nicht ins Hearing einlädt, die man vermeiden will".

Wünsche und Deals

Chats aus dem Bereich des Finanzministeriums zeigen wiederum, wie die Politik Einfluss auf vermeintlich unabhängige Begutachtungskommissionen genommen hat. In der Steuercausa Siegfried Wolf soll ja die für ihn zuständige Finanzamts-Chefin mit einem neuen Posten bestochen worden sein. Damals soll ein Mitglied der Begutachtungskommission für die gewünschte Stelle knapp vor dem Hearing von Sektionschef Eduard Müller angerufen worden sein – seine Botschaft: Die Finanzamts-Chefin sei die Wunschkandidatin der Vorgesetzten.

Bei der Besetzung eines Postens in Oberösterreich soll wiederum Thomas Schmid auf Bitte des heutigen ÖVP-Klubobmanns August Wöginger bei einem Gewerkschafter interveniert haben, der dann in der Begutachtungskommission für die Stelle saß. Auch in diesen Fällen konnte später auf die eigentlich unabhängige Kommission verwiesen werden. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Fabian Schmid, 18.6.2022)