Unheil liegt manchmal tatsächlich in der Luft – und kann mittels Technologie auch detektiert werden. So können mit Gaschromatografen und Massenspektrometern äußerst exakte Analysen der Luftqualität durchgeführt werden. Auch ist es möglich, aus der Atemluft Rückschlüsse auf Krankheiten zu ziehen. Allein die Probenahme ist kompliziert, die dafür verwendeten Geräte sind klobig, groß und verhältnismäßig teuer.

Eine neue, miniaturisierte Generation von Sensoren könnte künftig nicht nur die Luftgüte in Städten schneller und flächendeckend erheben. Auch Erkrankungen könnten damit erkannt werden.
Foto: MCL

Miniaturisierte Sensoren, aufgebracht auf Mikrochips, könnten Atemluft- und Luftanalysen schneller, einfacher und vergleichsweise günstig erledigen. Allerdings ist die Entwicklung solch schnüffelnder Alleskönner im Miniaturformat extrem schwierig. Am Materials Center Leoben hat Anton Köck dabei nun jedoch einen Etappensieg erreichen können. Für seine Entwicklung eines Multigas-Sensors auf Basis von Nanofilmen und Nanopartikeln wurde er mit dem Innovationspreis des Landes Steiermark ausgezeichnet. "Wir haben uns sehr darüber gefreut", sagt Köck. "Es war auch eine moralische Unterstützung in einer langjährigen Forschungsarbeit."

Mit Gold und Platin Gase erkennen

Minisensoren, die bestimmte Gase einwandfrei erkennen können, arbeiten nach einem leicht verständlichen Prinzip: An einer Metalloxidschicht wird eine elektrische Spannung angelegt. Treffen Gasmoleküle auf diese Halbleiterschicht, verändert sich ihr elektrischer Widerstand. Nach dem Ohm’schen Gesetz verändert sich damit auch der elektrische Strom, der durch die Metalloxidschicht fließt. Das kann man messen – und schon hat man einen Sensor.

Das einfache Prinzip hat freilich seine Tücken im Detail. Sie machen sich dann bemerkbar, wenn man mit einem Sensor bestimmte Gase voneinander unterscheiden will. Um ein bestimmtes Gas, etwa Kohlenstoffdioxid, zweifelsfrei zu erkennen, müssen auf die Basismetalloxidschicht winzige Nanopartikel aufgebracht werden – etwa auf Gold, Platin, Palladium oder Kupfer. Damit kann der Sensor so kalibriert werden, dass er nur noch auf Kohlendioxid anspricht. Für die genaue Zusammensetzung und das Mischverhältnis der unterschiedlichen Nanopartikel gibt es aber keine theoretische Formel.

Schnelle Kontrolle der Luftgüte

Das bedeutet, dass die Nanopartikelbeschichtung für einen Co2-Sensor in Experimenten nach dem Trial-and-Error-Verfahren herausgefunden werden muss. Interessant dabei ist, dass die korrekte Gaserkennung und -unterscheidung nicht nur von der Nanopartikelmischung abhängt, sondern auch von deren geometrischer Form. "Es macht einen Unterschied, ob wir Partikel in kubischer oder kugeliger Form verwenden", sagt Köck. Warum das so ist, ist noch nicht wirklich verstanden, aber die miniaturisierten Sensoren funktionieren, etwa für Kohlendioxid- oder Kohlenmonoxid-Erschnüffelung. Der große Aufwand, der in der Forschung steckt, lohne sich aber. Mit den Minisensoren könnten Luftgütemessungen in Städten nicht wie bisher nur punktuell, sondern flächendeckend eingesetzt werden. "Damit hätte man in jedem Augenblick eine aktuelle Kontrolle über die Luftgüte." Ebenso könnte in der Landwirtschaft die CO2-Begasung von Glashäusern überwacht werden oder im Bergbau die Belüftung von Minen: "Diese stellt einen großen Kostenfaktor dar, und ließe sich durch eine derartige Luftgütekontrolle weit effizienter und sicherer regulieren", erklärt Köck.

Handy als Gesundheitssensor

Eingesetzt im Handy, könnten Multigas-Sensoren auch als "Lifestyle-Gadgets" genutzt werden, etwa als Lüftungskontrolleure für Wohn- und Schlafzimmer. "Die Kohlendioxid-Werte steigen nämlich bei geschlossenen Fenstern weit schneller und höher an, als man glaubt." Ein Hauch aufs Handy könnte aber auch Rückschlüsse auf Krankheiten erlauben und etwa zeigen, ob und wie viel Aceton man in der Atemluft hat. Das Stoffwechselprodukt, das wie Nagellackentferner riecht, entsteht bei Insulinmangel und wird auch über die Lunge ausgeatmet. "Erhöhte Aceton-Werte lassen Rückschlüsse auf Diabetes, also Zuckerkrankheit, zu."

Dass Handys in Zukunft mit Multigas-Sensoren aus Leoben ausgerüstet werden, ist nicht ausgeschlossen. Mit Samsung habe man bereits kooperiert. Von der derzeit funktionierenden Basistechnologie bis zum fertigen Handysensor, schätzt Köck, dürfte es aber noch mindestens fünf Jahre dauern. (Norbert Regitnig-Tillian, 18.7.2022)