Analoge Marsmenschen: Zwei Teilnehmer einer astronautischen Mars-Simulation des ÖWF im Oman.

Foto: ÖWF/Florian Voggeneder

Seit 35 Jahren ist Österreich Vollmitglied der Europäischen Weltraumorganisation (Esa). In dieser Zeit habe sich der heimische Weltraumsektor exzellent entwickelt und könne auf viele erfolgreiche Aktivitäten zurückblicken, sagte Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher bei einer Pressekonferenz diese Woche. Für die Zukunft erwartet sich der gebürtige Tiroler aber eine "signifikante Erhöhung" der österreichischen Beiträge. Ansonsten bestehe die Gefahr einer Abwanderung innovativer Unternehmen ins Ausland.

Die Aktivitäten der Weltraumorganisation werden aus den Beitragszahlungen der Mitgliedsstaaten sowie Einnahmen aus diversen Programmen und Dienstleistungen finanziert. Im aktuellen Jahr beträgt das Gesamtbudget 7,15 Milliarden Euro, 4,81 Milliarden Euro kommen von den Mitgliedsstaaten. Österreichs Beitrag liegt aktuell bei 49,8 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es mit 54,8 Millionen Euro noch etwas mehr.

Konferenz im Herbst

Bei der letzten Ministerkonferenz 2019 hat Österreich seine Beiträge für die Wahlprogramme gegenüber 2016 reduziert, auch im Bereich der Erdbeobachtung, in dem die Esa weltweit führend ist. Das räumte auch die für die heimischen Weltraumagenden zuständige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein und verwies dabei auf die damals in Amt befindliche Übergangsregierung. Sie habe aber deshalb Konjunkturmittel für eine Nachzeichnung von Programmen zur Verfügung gestellt.

Im Hinblick auf die Ministerkonferenz im Herbst werde gemeinsam mit der heimischen Weltraumbranche eine Erhebung über deren Einschätzung, Potenziale und Perspektiven gemacht. "Auf dieser Basis machen wir einen Vorschlag im Hinblick auf die nationale Budgetverhandlung und ich hoffe, damit gestärkt zur Ministerkonferenz zu fahren", sagte Gewessler. Sie verwies auf die "hochkompetente Zulieferindustrie" in Österreich mit rund 200 Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit über 1.500 Beschäftigten, die einen Umsatz von über 140 Mio. Euro pro Jahr erwirtschaften.

Esa-Lab: Ministerium will Ausschreibung

Zur Förderung und Vernetzung der Forschungsaktivitäten im Weltraumbereich in den Mitgliedsländern bietet die Esa eine Plattform an, die sogenannten Esa-Labs. In Österreich gibt es eine solche Einrichtung bislang nicht. Das versucht das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) seit einigen Jahren zu ändern: Die als Verein organisierte private Forschungseinrichtung ist seit langem im Bereich der Analogforschung tätig, dabei werden mit internationalen Partnern astronautische Erkundungsmissionen etwa zum Mars simuliert.

Nach ersten positiven Gesprächen 2019 gerieten die Pläne allerdings ins Stocken, das für Österreichs Weltraumagenden zuständige Klimaschutzministerium bevorzugt eine Ausschreibung für ein heimisches Esa-Lab. Man wolle transparente Kriterien und einen guten Auswahlprozess, sagte Gewessler auf Nachfrage. "Mir ist wichtig, dass wir hier genau hinschauen, weil auch ein Esa-Lab indirekt durch unsere Beiträge finanziert wird. Es gibt Interesse von mehreren Projekten."

ÖWF hofft auf rasches Handeln

Für Gernot Grömer, Direktor des ÖWF, ist die Haltung des Ministeriums nicht nachvollziehbar. Bei den Esa-Labs handle es sich um eine Plattform ohne eigene Budgetierung, die Einrichtung wäre damit kostenneutral für die Republik. In anderen Ländern sei die Einrichtung von Esa-Labs in sehr kurzer Zeit vonstatten gegangen, während in Österreich seit Jahren Stillstand herrsche. "Zahlreiche internationale Kooperationspartner haben beim ÖWF für ein Esa-Lab bereits Interesse bekundet. Wir hoffen, dass das Ministerium hier rasch handelt, weil Österreich sonst Gefahr läuft, dass diese Partner in andere europäische Esa-Labs abwandern", sagte Grömer.

Österreich habe im Weltraumbereich viel zu bieten, sagte Ministerin Gewessler. "Wir wollen das bestmöglich unterstützen und freuen uns auf gute Anträge." (dare, APA, 8.7.2022)