Das, was sich viele SUV-Lenkerinnen und -Lenker wünschen, erreicht man nicht in einem solchen. Einen perfekten Überblick, Respekt von links und rechts, die Welt zu Füßen. Nicht mal in einem Porsche Cayenne schafft man das. Aber ich sage Ihnen, was Sie dafür fahren müssen: einen Transporter.

Zugegeben, ein Umzug ist eine echt miese Sache. Erst da merkt man, wie viel unnützen Kram man in der Wohnung hat. Gleichzeitig ist man aber auch zu faul (oder hat zu viel Angst), diesen unnützen Kram dann endlich einmal wegzuschmeißen. Dann kommt auch Terminstress hinzu. Wohnungsübergabe, Abmeldetermin, Kündigungstermin beim Internetanbieter – und obendrein muss man ja auch noch den Transporter abholen.

Ich hatte Respekt davor, dieses fast sechs Meter lange Gefährt quer durch Wien zu fahren. Fix stellte sich aber heraus: nichts leichter als das. Denn wie bereits gesagt, in so einem Transporter sitzt man über allem, und der Movano ist da keine Ausnahme. Die Übersicht könnte fast besser nicht sein, Autofahrerinnen und Autofahrer auf dem Gürtel halten brav Abstand, und der Verkehr fließt an einem vorbei, als wäre man beinahe gar kein Teil davon.

Fast sechs Meter lang ist der Opel Movano in dieser Ausführung. Genügend Platz für einen Umzug über die Landesgrenze.
Foto: Stockinger

Platz genug gibt es natürlich auch. 13.000 Liter passen in die von hinten und der Beifahrerseite zugängliche Ladekabine. Rund zwei Tonnen wiegt der Movano leer, man darf mit einem normalen Führerschein also fast 1,5 Tonnen noch drauflegen. Das muss man erst mal schaffen.

Leben mit leichtem Gepäck

Wir haben es definitiv nicht geschafft, immerhin habe in meiner Zeit in Wien nicht übertrieben viel (schweres) Zeug angeschafft. Und auch die meisten Möbel habe ich in weiser Voraussicht vorher verkauft. Übrig blieben also nur ein paar Kisten, ein Bücherregal, ein TV-Kastl, ein Esstisch und einige Müllsäcke voller Klamotten.

Dank tatkräftiger Unterstützung von meiner Freundin Lisa waren alle Sachen auch in rund zwei Stunden im Movano verstaut. Eine erste kurze Testfahrt bewies: Da ruckelt und zuckelt gar nix, kommt nix ins Rutschen.

Also machte ich mich mit meinem Freund Philipp auf den langen Weg von Wien nach Köln. Zum Glück kommt man vom 18. Bezirk perfekt auf die Westautobahn, so mussten wir uns nicht mit dem morgendlichen Berufsverkehr herumschlagen. Keine gute Idee war es aber, das Auto auf einer Raststätte auf der Autobahn vollzutanken. 161 Euro für einen vollen Tank? Das hatten wir noch nicht erlebt.

Vom teuren Volltanken über das Regalschleppen mit dem Vater bis zur Ankunft der Fichten in Loope. Jetzt wird aufgeforstet. Ein Trip voller Erfolge.
Foto: Pollerhof

Danach ging es aber bergauf – im übertragenen Sinne. Die Autobahnen waren relativ frei, obwohl, weil Werktag, einige Lkw auf den Straßen waren. Zum Glück fährt der Movano sich angenehm. Das Fahrwerk ist wunderbar weich, und die hohen Sitze wippen bei jedem Schlagloch mit. Eine Schifffahrt, die ist lustig, eine Schifffahrt, die ist schön.

Ich hatte tatsächlich nicht alle meine Sachen in die Ladekabine verfrachtet. Meine heiligsten Heiligtümer – meine beiden Gitarren und meine frischgepflanzten Fichten – nahmen mit uns in der Fahrerkabine Platz. Vor allem die Pflanzen machten in der kleinen Ablagefläche verdammt guten Eindruck.

Foto: Pollerhof

Pause machten wir auf einer typisch deutschen Raststätte bei dem Schnellrestaurant mit dem M. "Nie wieder", schworen wir uns, als wir nach dem "Essen" wieder in den Movano stiegen und uns nur noch das Getränk mit den geflügelten Bullen retten konnte. Auch danach schworen wir: nie wieder.

Foto: Pollerhof

Leider ist das eingebaute Navi nicht auf neuestem Stand. Während es uns brav und genau den Weg zeigte, wusste es offenbar nicht, dass die meisten dieser Straßen baustellenverseucht waren. Statt der propagierten 7,5 Stunden brauchten wir am Ende rund zehn.

In Köln, besser gesagt, im kleinen Kaff Loope angekommen, ruhten wir uns erst einen Abend aus, bevor es am nächsten Morgen ans Ausräumen ging. Mein Papa war leider nicht so von Lisas und meinen Verschachtelkünsten überzeugt. Sei’s drum, alles (soweit ich das bisher einschätzen kann) hat die Fahrt heil und sicher überstanden.

Die Fahrt zurück entpuppte sich als noch einmal angenehmer. Zwar war die A3 auf einer Teilstrecke gesperrt, was das eingebaute Navi uns nicht sagte, sondern wir selbst mit einem Blick auf Google Maps herausfinden mussten. Dafür war es Sonntag und weit und breit kein Lkw zu sehen. Und im Leerzustand spielt der Lade-Opel seine völlig ausreichende Motorisierung aus. 140 PS aus einem 2,2-Liter-Diesel. Das kann sich sehen und fahren lassen. Und selbst bei der Spitzengeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde fühlt man sich auf den Seefahrer-Sitzen des Movano wohl.

M schmeckt nur bei BMW

Auf dem Weg nach Österreich hielten wir, weise wie wir nun sind, natürlich nicht beim M, sondern bei einer ganz normalen Autobahnkantine. Ein belegter Bagel für 7,50 Euro? Klar, warum denn nicht.

Auf der Rückfahrt ereilte uns aber ein schlechtes Gewissen. Regelmäßig nahmen wir mit Höchstgeschwindigkeit herannahende Käfer mit. Manchmal waren wir uns sicher, sie würden einen Märtyrertod auf dem Weiß des Movano sterben. Irgendwann ging uns das Wischwasser aus, sodass wir die weitere Fahrt mit der Schmach der Kadaver leben mussten. Erst in Wien konnte ich ihnen die letzte Ehre erweisen.

Foto: Stockinger

Als ich den Movano dann zurückgegeben habe, hat es sich ein bisschen wie der Verlust eines guten Freundes angefühlt – eines Freundes, der einem stets zur Seite stand und nie gemeckert hat, wenn man ihn um Hilfe bat. Und irgendwie hatte ich mich so an ihn gewöhnt, dass ich davon überzeugt war, ihn auch als Alltagsauto verwenden zu können – oder zu einem Wohnmobil umzufunktionieren.

Aber das geht noch nicht, der Movano muss weiter das tun, wofür er geschaffen wurde: schwere Sachen von A nach B schleppen. Das macht er so zuverlässig und schnell wie kein Zweiter. Wenn das nächste Mal im Familien- oder Freundeskreis also ein Umzug ansteht, dann sollten Sie sich nicht sofort wegducken – sondern es eher als Chance sehen, mal wieder einen Transporter fahren zu dürfen. Man sitzt nicht oft auf dem Gipfel der Welt.(Thorben Pollerhof, 19.7.2022)