Bewohnerinnen eines Wiener Pflegeheims.

Foto: Heribert Corn

Wien – Die Causa um vermutete vergaberechtliche Verfehlungen und andere Ungereimtheiten im Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser (KWP) unter der Führung von Ex-Geschäftsführerin Gabriele Graumann ist – zumindest intern – abgeschlossen. Denn jene Rechtsanwaltskanzlei, die die pikante Angelegenheit im Auftrag des KWP-Vorstands untersuchte, hat mittlerweile ihren Endbericht vorgelegt.

Dieser gibt genaueren Einblick in Graumanns Zeit als Geschäftsführerin des gemeinnützigen Fonds, der laut eigenen Angaben "größter Anbieter von SeniorInnenbetreuung in Österreich" ist. Beschrieben werden in dem Bericht das Kaschieren von Kosten für Generalsanierungen der Häuser Schmelz und Haidehof sowie eine nicht einleuchtende Finanzierung dieser Projekte.

Konkret heißt es in einer Kurzfassung des Berichts an den Vorstand, die dem STANDARD vorliegt, dass die Informationspolitik des KWP betreffend Baukosten "eine zumindest intransparente" gewesen sei. Den Prüfern zufolge hatte dies einen ganz bestimmten Zweck: Die gepflogene Vorgehensweise habe der "Verschleierung von Gesamtkosten bei Bauprojekten" gedient, heißt es. Eine "redliche betriebswirtschaftliche Erklärung" erschließe sich nicht. Der Vorstand sei in den Jahren 2019 und 2020 nie über die tatsächlichen Kosten in Kenntnis gesetzt worden, obwohl die Informationen vorgelegen seien.

Sachverhaltswidrige Darstellungen

Basis für diese Einschätzungen ist die gutachterliche Stellungnahme einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei. Demnach ist auch die gewählte Form der Finanzierung der beiden Generalsanierungen nicht nachvollziehbar. Die beiden Bauvorhaben hätten nicht über Bankkredite finanziert werden müssen, ist in dem Papier zu lesen. "Die Darstellungen der ehemaligen Geschäftsführerin dem Vorstand gegenüber sind jedenfalls betriebswirtschaftlich sachverhaltswidrig."

Und noch einen Mangel zu den Finanzen haben die Prüfer identifiziert: Sie kritisieren, dass das KWP Wertpapiere hält. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu bestehe nicht, zur Bedeckung allfälliger Abfertigungsansprüche sei dies "weder notwendig noch sinnvoll", heißt es.

Mitarbeiter organisierte Umbau von Privatwohnung

Ins Rollen gebracht hatte die interne Untersuchung ein Bericht des Wiener Stadtrechnungshofs. Dieser förderte im Jahr 2020 Verdachtsmomente gegen die damalige KWP-Geschäftsführerin Graumann und weitere Mitarbeiter zutage. Daraufhin wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und Graumann im Herbst 2020 suspendiert. Weiters beauftragte der Vorstand eine Rechtsanwaltskanzlei damit, die Causa zu untersuchen.

Diese legte im Herbst 2021 einen Zwischenbericht vor, der weitere Ungereimtheiten ans Licht brachte. So stand Graumann in der Folge im Verdacht, unter anderem überhöhte Prämien von in Summe 50.000 Euro bezogen zu haben. Sie wurde daraufhin entlassen. Weiters soll Graumann ihre Privatwohnung von einem Geschäftspartner des KWP ausmalen und sich so einen Vorteil zukommen haben lassen, hieß es.

Neue Erkenntnisse zu letzterem Vorwurf sind ebenfalls im Endbericht, der dem Vorstand vor kurzem vorgelegt wurde, zu finden. Demnach wurden in Graumanns Wohnung Maler-, Elektroinstallations- und Umbauarbeiten von einem Mitarbeiter des KWP organisiert. Nach Auskünften eines Maler- und Elektroinstallationsunternehmens seien die dafür gelegten Rechnungen von der ehemaligen Geschäftsführerin bezahlt worden.

Ein weiterer, früher ins Treffen geführte Kritikpunkt wurde laut Endbericht wieder verworfen: Graumann waren Kündigungsbeschränkungen zulasten des KWP vorgeworfen worden.

Für Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, seines Zeichens auch Präsident des KWP, haben sich daraus keine neuen Konsequenzen ergeben. "Die KWP-Führung und der vom Vorstand beauftragte Rechtsanwalt haben in der Causa immer umfassend mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet", betont er. Es seien mehrere Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft ergangen – unter anderem zu Prämienbezügen und Abrechnungen der ehemaligen Geschäftsführerin und Bauaufträgen. Außerdem seien in der Angelegenheit mehrere Verfahren vor dem Arbeitsgericht anhängig.

Vorhabensbericht fertig

Die Staatsanwaltschaften sind ebenfalls noch mit der Angelegenheit beschäftigt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkStA) ermittelt wegen Untreue und Betrugs gegen sechs namentlich bekannte Personen und eine weitere Person. Zu einem Teilbereich sei bereits ein Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien ergangen, sagt eine WKStA-Sprecherin auf Anfrage. Zusätzlich ist bei der Staatsanwaltschaft Wien ein Verfahren im Gange. Ermittelt wird laut einer Sprecherin gegen eine Person wegen des Verdachts der Untreue.

Gabriele Graumann betont im Gespräch mit dem STANDARD, nichts verschleiert und transparent gehandelt zu haben. "Die gesamte Planung und Finanzierung wurde immer geprüft und dem Vorstand sowie dem Fonds Soziales Wien vorgelegt", sagt sie. Und sie betont, dass mehrere Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft gegen sie eingestellt worden seien bzw. auf Basis mancher Vorwürfe erst gar keine Ermittlungen aufgenommen worden seien. Das betreffe etwa die Anschuldigung der unerlaubten Prämienzahlung an sich selbst bzw. die Kündigungsbeschränkungen.

Ihr Anwalt Norbert Wess kritisiert zudem, dass die Kanzlei, die den Endbericht verfasste, Graumann keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben habe. Graumann habe "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt".

Graumann arbeitet als Krisencoach

Im KWP macht unterdessen ein Schreiben an den Vorstand die Runde, das Graumanns Rückkehr fordert. Hacker versuche "etwas zu konstruieren", Graumann sei unschuldig, wird darin beteuert. Unterzeichnet ist das Papier mit "holtdiegraumannzurück". Graumann will sich dazu nicht äußern.

Sie hat sich vergangenen Oktober übrigens selbstständig gemacht und tritt mittlerweile als Beraterin auf. Laut ihrer Website gehören persönliches Coaching und Krisenmanagement zu ihrem Angebot. "In 35 Berufsjahren habe ich die Befriedigung durch Erfolge erlebt und den Umgang mit der damit verbundenen Missgunst gelernt", ist dort zu lesen. Eine Abrechnung sei das nicht, sagt Graumann, sondern ein Hinweis auf ihre Expertise: "Ich berate Leute, die Krisen und Ähnliches wie ich erlebt haben. Das ist mein Fachgebiet." (Stefanie Rachbauer, 26.7.2022)