Die weißen Hengste sollen künftig besser vermarktet werden – laut Kritikern liegen Probleme aber anderswo.

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Pferdeäpfel der Lipizzaner als Rosendünger im Schlossgarten Schönbrunn: Ein Beispiel für "gelebte Kreislaufwirtschaft" sei das, jubelte das Landwirtschaftsministerium vergangene Woche. Genauso ist es aber ein Beispiel dafür, welchen Stellenwert das Erbe der Monarchie in Österreich nach wie vor hat – vor allem als Wirtschaftsfaktor im Tourismus.

In diesem Gefüge spielt auch die Spanische Hofreitschule eine wichtige Rolle. Zwar hat sie bei weitem nicht so viele Besucherinnen und Besucher wie Schönbrunn – ein paar hunderttausend im Vergleich zu Millionen; doch symbolisch sind die weißen Hengste, die aus dem slowenischen Lipica stammen, umso wichtiger. Das zeigt sich am Beispiel von Lipizzaner Neapolitano Theodorosta, der 2019 vom damaligen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an Abu Dhabis Kronprinzen verschenkt wurde.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Sonja Klima verteilen Pferdeäpfel.
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Es ist daher kein Wunder, dass sich die Politik intensiv mit der Personalpolitik in der Hofreitschule befasst. Der stehen nun gröbere Umwälzungen bevor. Der Geschäftsführungsjob wurde vor kurzem öffentlich ausgeschrieben. Derzeit leiten Erwin Klissenbauer, der 2007 von den Bundesforsten kam, und Ex-Volksschullehrerin Sonja Klima, die 2019 unter heftigen Protesten zur Geschäftsführerin bestellt wurde, die "Spanische" gemeinsam. Beide haben sich bereits um eine Vertragsverlängerung beworben, nur eine oder einer kann es werden – wenn überhaupt.

Kein Fachwissen, aber Marketing

Im Vergleich zu 2019 haben sich die Anforderungen für den Spitzenjob deutlich verändert: "Umfangreiches Wissen und Erfahrung über die klassische Reitkunst" ist nun interessanterweise nicht mehr Voraussetzung, sondern nur mehr gewünscht; "Fachwissen über Zucht, Tierhaltung und Tiergesundheit" ist gar nicht mehr nötig. Dafür sind Kompetenzen im Bereich "Produktentwicklung und Vermarktung" eine Voraussetzung, gesucht wird eine "authentische und erfahrene Führungskraft".

Michael Enzinger, Rechtsanwalt und Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, war vor Sonja Klimas Bestellung in die Geschäftsführung im Beirat der Spanischen Hofreitschule – und trat dann aus Protest genau wie alle anderen Beiratsmitglieder zurück. Mit Blick auf die aktuelle Ausschreibung kritisiert er, dass diese an den Bedürfnissen der Hofreitschule vorbeigehe. Die habe kein Marketingproblem und keines der Produktentwicklung. Ihre Probleme lägen "in der Reitbahn und bei den Mitarbeitern". Oberstes Unternehmensziel sei ja die Bewahrung der Hohen Schule.

Schon in seiner Zeit im Beirat habe es Probereiten vor Experten gegeben, die die Fortschritte der Pferde und die Qualität der Bereiter evaluiert hätten. Schon damals sei vieles im Argen gelegen. Das sei in den vergangenen Jahren nicht besser geworden. Es gebe nur rund 15 Bereiter statt wie früher rund 20. Schon das zeige, dass Feuer am Dach sei. Fluktuation habe es zwar immer gegeben, jetzt drohe sie an die Substanz zu gehen. Ohne gute Bereiter für die jungen Pferde stehe die Hofreitschule still. An der Ausbildung der Tiere müsse fünf bis zehn Jahre gearbeitet werden – so etwas könne man nicht per Inserat und Personalsuche finden. Der, der die Ausschreibung ausgearbeitet habe, habe von den Problemen der Hofreitschule "keine Ahnung".

Wie dressiert

Etliche von Klimas zahlreichen Kritikerinnen und Kritikern meinen, die Ausschreibung sei auf sie zugeschnitten worden. Die Volksschullehrerin war einst Ehefrau von Kanzler Viktor Klima; nach der Trennung wurde sie Schmuckexpertin und Kunsthändlerin, bevor sie die Ronald-McDonald-Kinderhilfe leitete, sich im Pferdesport engagierte und immer näher an die ÖVP Niederösterreich rückte.

Andere glauben, man suche eine ganz neue Spitze. Der Rechnungshof hatte in seiner Prüfung der Hofreitschule 2021 mehr Effizienz eingemahnt, Unternehmensberater Ernst & Young in einer Analyse mehr Professionalität. Das Know-how über Reitkunst und Zucht sei im Haus vorhanden, die Leitung müsse vor allem führen können, hieß es damals sinngemäß aus dem zuständigen Landwirtschaftsministerium. Doch auch im Bereich des Managements gab es unter Klima und Klissenbauer einige Affären. Der frühere Aufsichtsratspräsident Johann Marihart ließ das Pferd seiner Tochter ausbilden, deshalb laufen nun Ermittlungen der Strafjustiz – es gilt die Unschuldsvermutung. Zudem ist die Rede von einigen Prozessen am Arbeitsgericht.

Viel zu tun gibt es also auch für Martin Winkler, der Marihart im April als Aufsichtsratsvorsitzender folgte und hauptberuflich Vorstandschef des Österreichischen Verkehrsbüros (zum Beispiel Austria Trend Hotels) ist. Sein Ziel dürfte es sein, erst einmal Ruhe in die Hofreitschule zu bringen.

Das müsste auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) so sehen – vor allem, da in der jüngeren Vergangenheit mehrere Personalentscheidungen türkis geführter Ministerien für Aufregung sorgten. So blockierten die Grünen die Bestellung des türkisen Favoriten für die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde. Bei der Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft wiederum zog Ex-Österreich-Werberin Petra Stolba ihre Bewerbung vor einem Hearing zurück, weil ihr Chancenlosigkeit signalisiert wurde. (Renate Graber, Fabian Schmid, 26.7.2022)