Laut Fed-Chef Powell befinden sich die USA derzeit nicht in einer Rezession.

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Washington – Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) treibt den Leitzins im Kampf gegen die ausufernde Inflation weiter kräftig in die Höhe. Sie hob ihn am Mittwoch um 0,75 Prozentpunkte an – so wie bereits im Juni. Nun liegt der Leitzins in einer Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Zum Vergleich: Jener der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Euroraum liegt bei 0,5 Prozent.

Die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell gehen davon aus, dass weitere Erhöhungen angemessen sein dürften. Sie stehen wegen der hohen Inflation unter Zugzwang, den Preis des Geldes möglichst rasch zu erhöhen. Wegen der stark gestiegenen Kosten für Lebensmittel, Mieten und Energie bleibt vielen US-Bürgern weniger in der Geldbörse. Die Inflationsrate lag zuletzt bei 9,1 Prozent – das höchste Niveau seit 1981. Manche Fachleute befürchten jedoch, dass die Fed bei der Bekämpfung der Inflation zu aggressiv vorgehen und somit die Konjunktur abwürgen könnte. Die US-Wirtschaft war bereits zu Jahresbeginn auf Talfahrt gegangen.

Drei bis 3,5 Prozent bis Jahresende

"Ich glaube nicht, dass sich die USA derzeit in einer Rezession befinden", betonte Fed-Chef Jerome Powell in einer Pressekonferenz. "Und der Grund dafür ist, dass es einfach zu viele Bereiche der Wirtschaft gibt, die sich zu gut entwickeln." Powell stellte aber weitere Erhöhungen in Aussicht. Dabei schloss er auch einen noch größeren Zinsschritt nicht aus, wenn dies "angemessen" sei.

Powell hatte nach dem Zinsbeschluss vom Juni erläutert, dass ein Zinsniveau von drei bis 3,5 Prozent zum Jahresende ein anzustrebendes "moderat restriktives Niveau" der Geldpolitik sei – also die Konjunktur bereits leicht bremse. Es wird erwartet, dass die Zinsen auch im kommenden September noch einmal um 0,75 Prozentpunkte angehoben werden könnten.

Entscheidung ließ Investoren kalt

Angesichts dieser Vorausschau war der aktuelle Schritt freilich schon weithin erwartet worden. Investoren ließ die Fed-Entscheidung am Mittwoch daher weitgehend kalt, wie die Kursentwicklung unmittelbar nach der Bekanntgabe zeigt: Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, notierte mit 107,06 Punkten auf dem Niveau von unmittelbar vor der Zinserhöhung. Die Aktienindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 behaupteten Gewinne von bis zu 2,5 Prozent.

Erhöhungen des Leitzinses durch die Notenbank verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Das dürfte auch eine höhere Arbeitslosenquote zur Folge haben. Diese liegt mit 3,6 Prozent aktuell in den USA auf sehr niedrigem Niveau: Nach Angaben des Arbeitsministeriums waren im Juni etwa 5,9 Millionen Menschen ohne Job. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie im Februar 2020 waren es 5,7 Millionen. US-Präsident Joe Biden brüstet sich mit den niedrigen Zahlen und wertet sie als Erfolg für seine Regierung. (red, Reuters, 27.7.2022)