Jede dritte Zecke kann Borreliose-Erreger übertragen.

Foto: APA/dpa/Bernd Weißbrod

Jede dritte Zecke kann Borreliose-Erreger übertragen. Diese Zahl bedeutet in weiterer Folge auch: In den USA erkranken jährlich rund 476.000 Personen an dieser bakteriellen Infektion. In Europa geht man von jährlich 130.000 Patientinnen und Patienten aus – vor allem Kinder und ältere Menschen, die viel Zeit in der Natur verbringen, sind häufig betroffen.

Es sind Bakterien der Art Borrelia burgdorferi, die die sogenannte Lyme-Borreliose auslösen, in Europa die häufigste von Zecken übertragene Infektionskrankheit. Die Symptome sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. In manchen Fällen kann eine Infektion chronisch werden und verschiedene Organe angreifen, vor allem Haut, Gelenke und Nervensystem sind häufig betroffen.

Wissenschaftlicher Durchbruch

Schon lange versuchen Impfhersteller ein wirksames Vakzin gegen Borreliose zu entwickeln, aber bisher gelangen keine langfristigen Erfolge. Es gab zwar schon einmal ein Borreliose-Vakzin namens LYMERix(r)) in den USA, es wurde allerdings 2002 wieder vom Markt genommen.

Jetzt macht ein neues Vakzin Hoffnung: Ein vom Biotech-Unternehmen Valneva entwickelter Impfstoff gegen die (Lyme-)Borreliose wird von Valneva und dem US-Pharmakonzern Pfizer in eine Phase-III-Studie gebracht und somit auf Wirksam- und Verträglichkeit geprüft. Das Projekt lief bei dem aus Wien stammenden Unternehmen Valneva seit Jahren, Pfizer stieg in die klinischen Studien ein.

Vielversprechende Ergebnisse

An der Untersuchung sollen rund 6.000 Probandinnen und Probanden inklusive Placebo-Gruppe über fünf Jahre in sechs Staaten teilnehmen, teilte der US-Konzern Montagabend mit. Mit der global anwachsenden Häufigkeit von Lyme-Erkrankungen wie Borreliose würde das Angebot für den persönlichen Schutz des Einzelnen immer wichtiger, so Annaliesa Anderson, federführende Managerin für die Entwicklung von Impfstoffen bei Pfizer, in einer Aussendung des Konzerns.

Bereits im Frühjahr dieses Jahres hatte Valneva gute Ergebnisse aus der Phase-2-Studie mit der Borreliose-Impfung veröffentlicht. Darauf baut jetzt die neue Wirksamkeitsstudie auf. Sie soll in Finnland, Deutschland, den Niederlanden, Polen, Schweden und den USA stattfinden. Klinische Prüfungen für "Zecken"-Borreliose-Impfstoffe sind kompliziert, weil sie jeweils vor der eigentlichen "Saison" in den am meisten belasteten Regionen ablaufen müssen.

Ungewöhnlicher Zugang

Der sogenannte VLA15 von Valneva in Kooperation mit Pfizer ist derzeit der weltweit einzige Borreliose-Impfstoff in klinischer Entwicklung. Gegen die von infizierten Zecken übertragene virale FSME entwickelten Wiener Fachleute um den Virologen Christian Kunz eine fast hundertprozentig wirksame Impfung. Bei der Borreliose als bakterieller Infektion gestaltete sich das wesentlich schwieriger. Die ehemalige Wiener Immuno AG scheiterte damit nach ersten vielversprechenden Ergebnissen in der Weiterentwicklung nach der Phase I klinischer Untersuchungen.

Der Zugang des aktuellen Vakzins ist dementsprechend für Laien durchaus ungewöhnlich: Die Impfung soll die sechs häufigsten Typen des OspA-Oberflächenproteins von Borrelia burgdorferi sensu lato, also von den Zecken, die in Nordamerika und in Europa vorkommen, abdecken. OspA ist eines der hauptsächlichen Proteine, die von Borrelia burgdorferi bei Infektion von Zecken produziert werden. Mit dem neuen Impfstoff werden nämlich eigentlich die Zecken geimpft. Die durch die Impfung hervorgerufene Antikörperantwort gegen das Oberflächenprotein OspA ist im Grunde eine Impfung der Zecken via Antikörper. Wird nämlich OspA blockiert, könnten die Borrelien die Zecken während des Stiches nicht verlassen und somit die Betroffenen infizieren. (APA, poem, 9.8.2022)