Zug zum Thron: Die junge Rhaenyra Targaryen (Milly Alcock) ist die Zukunftshoffnung ihres Vaters Viserys (Paddy Considine). Ein Sohn wäre ihm aber trotzdem lieber.

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Rhaenyra Targaryen als Erwachsene (Emma D'Arcy) mit ihrem Onkel Daemon (Matt Smith).

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Was ist die größte Gefahr für eine mit Spannung erwartete Serie? Glaubt man dem europäischen Verleger von HBO, sind es Leaks vor der Premiere. Bevor in der Nacht auf Montag mit "House of the Dragon" die erste neue Serie aus dem "Game of Thrones"-Universum ausgestrahlt wird, fanden europaweit gleichzeitig Sky-Vorpremieren statt. "Das Handy bitte in den Plastikbeutel geben und zukleben", heißt es vor dem Einlass in den Kinosaal. Eine Frau in Drachen-Bodypainting winkt beim Eingang freundlich. Zwei Securitys beobachten das Publikum während der Vorstellung ganz genau. Ausgestattet sind sie mit Nachtsichtgeräten. Kein Scherz, nur die Nachtwache dieses Universums.

Das Risiko ist groß, der Sender HBO hat für die erste Staffel von "House of the Dragon" knapp 20 Millionen Dollar pro Episode ausgegeben. Zum Vergleich: Für die erste Staffel des Vorgängers "Game of Thrones" waren es rund fünf Millionen Dollar pro Episode. Das mag wie wahnsinnig viel klingen, im Vergleich zu den großen Hits anderer Streaminganbieter wirkt die Summe aber nicht außergewöhnlich. Netflix ließ für die vierte Staffel von "Stranger Things" rund 30 Millionen Dollar pro Folge locker. Der Hoffnungsträger "The Rings of Power" soll Amazon Prime sogar rund 60 Millionen Dollar pro Episode wert sein.

Bewährter Stoff

Sowohl Amazon Prime als auch HBO versuchen derzeit das Unmögliche: Erfolgsphänomene zu wiederholen. Aus bewährten Stoffen soll die neue Kultserie gemacht werden. Der Vergleich stellt sich fast von selbst auf: Sowohl "House of the Dragon" als auch "The Rings of Power" sind Prequels und spielen somit zeitlich vor dem Ursprungsmaterial "Game of Thrones" und "Herr der Ringe". Weder J. R. R. Tolkien noch George R. R. Martin haben eine Romanvorlage für die kommende Serienadaption geschrieben. Von Martin gibt es immerhin das Buch "Fire & Blood", in dem ein Historiker von dem Konflikt innerhalb der Familie Targaryen berichtet. Der Autor ist eng in die TV-Adaptation involviert, enger als zuletzt bei "Game of Thrones".

Neue Showrunner

Das könnte "House of the Dragon" zugutekommen. Die neuen Showrunner Ryan Condal und Miguel Sapochnik waren an der Originalserie kaum beteiligt. Sapochnik führte lediglich bei einigen Folgen Regie. Sie entgehen damit der Kritik an den letzten beiden Staffeln des Vorgängers, als man sich laut Fans zu weit von Martins Ausgangsmaterial entfernte. Dabei galt "Game of Thrones" nach der ersten Staffel 2011 als bahnbrechend. Hier war niemand sicher, auch Hauptcharaktere konnten den Serientod sterben. Mit Sean Bean überlebte der bekannteste Schauspieler im Cast die erste Staffel nicht. In "House of the Dragon" kennt man vor allem den ehemaligen "Doctor Who" Matt Smith, Castmitglieder wie Paddy Considine oder Emma D’Arcy sind bisher eher unbekannt. Aber auch Emilia Clarke und Kit Harrington waren einmal Nobodys.

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Entbehrliche Charaktere

"Wenn du das Spiel der Throne spielst, gewinnst du oder du stirbst", sagte Cersei Lannister schon in Staffel eins von "Game of Thrones". Charaktere waren entbehrlich, die Geschichte ging auch ohne sie weiter. Das machte die Serie zu einem der wenigen Lagerfeuer der heutigen Zeit. Wer am Montag die neueste Folge noch nicht gesehen hatte, war nirgendwo vor Spoilern sicher. Der intrigenreiche und oft brutale Kampf um den Thron von Westeros schaffte es auch, das Genre Fantasy in den Mainstream zu holen. Mittelalter-Settings und Drachen hatten plötzlich wieder einen Reiz. Die Drehorte in Kroatien und Nordirland wurden zu Pilgerstätten für Fans, ganze Touren widmen sich dort der Serie. In Nordirland stand bis vor kurzem das Set des Castle Black und soll laut Tour-Guides regelmäßig für Autounfälle gesorgt haben, weil Besucherinnen zu lange auf die Burg statt auf den Straßenverkehr geschaut haben.

Netflix wollte mit "Vikings: Valhalla", Amazon Prime mit "The Wheel of Time" in die großen Fußstapfen treten. Die eine wie die andere Serie wurde dann doch nur zu einer von vielen. "House of the Dragon" und "The Rings of Power" haben die Fußstapfen von Riesen vor sich. Dort hineinzuwachsen wird schwierig. Unmöglich ist aber nichts, selbst Drachen bei einer Premierenfeier. (Astrid Wenz, 16.8.2022)