"Ein flexibles Mindset hilft Ihnen, mit Veränderungen zurechtzukommen und besser für Herausforderungen oder Entscheidungen gerüstet zu sein", gibt Elaine Fox zu bedenken.

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Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung verändern sich rasant die beruflichen Anforderungen. Transformierte Organisationsstrukturen erfordern neue Formen der Zusammenarbeit, Arbeitszeiten und -plätze werden neu definiert. Sich in all das hineinzufinden fällt nicht immer leicht. Dabei bietet das neue Buch der Leiterin der Fakultät für Psychologie an der Universität Adelaide Unterstützung an. Bevor Elaine Fox an die australische Universität wechselte, war sie knapp zehn Jahre Professorin für Psychologie und Neurologie an der Uni Oxford, wo sie das Oxford Centre for Emotions und Affectice Neuroscience (OCEAN) gründete, heute eines der führenden Institute im Bereich Mentale Gesundheit.

Bereits in Oxforder veröffentlichte Fox das hilfreiche Buch In jedem steckt ein Optimist – Wie wir lernen können, eine positive Lebenseinstellung zu gewinnen. Darin vermittelt Fox, wie die anspruchsvolle Selbstentwicklungs- und auch Selbstbefreiungsaufgabe gelingen kann, und man sich nicht in selbstdestabilisierende Denkabläufe verstrickt und so die Freude am Leben und die Leistungsfähigkeit erstickt. In ihrem neuen Buch Das Switch-Prinzip stellt sie nun wissenschaftliche Erkenntnisse zur Bedeutung mentaler Flexibilität vor, die die proaktive Selbststeuerung in Veränderungsturbulenzen erleichtert.

Flexibel bleiben

"Ein unflexibler Geist hat Ängste und Depressionen zur Folge ... Ein flexibles Mindset hilft Ihnen, mit Veränderungen zurechtzukommen und besser für Herausforderungen oder Entscheidungen gerüstet zu sein", gibt Fox zu bedenken.

Aus ihrer Sicht ist der entscheidende Faktor für mehr Zufriedenheit und Erfolg unter Herausforderungsbedingungen das Wissen, wie und wann man zwischen verschiedenen Herangehensweisen switchen muss. "Vieles deutet darauf hin, dass wir eine Vielfalt an Ansätzen benötigen, um mit den Herausforderungen des Lebens umgehen zu können. Aber eine große Bandbreite allein genügt nicht, wir brauchen auch die Flexibilität, im jeweiligen Moment die richtige Taktik zu wählen, das ist der Wesenskern des Switch-Prinzips."

Bei dieser Taktik, geht es darum, die beste Vorgehensweise für die jeweilige Situation zu finden. "Persönliches Wachstum hängt in erster Linie davon ab, verschiedene Wege zu erlernen, wie wir mit Herausforderungen umgehen können, um die eigene geistige Beweglichkeit zu schulen, damit wir im entscheidenden Moment den richtigen Ansatz parat haben. Ich habe mir den Begriff ,switchcraft‘ ausgedacht, um die zentrale psychische Fertigkeit dazu zu veranschaulichen – und die Belege für deren Effektivität häufen sich."

Neues Wissen

Unter dieser Zielsetzung vereint "Das Switch-Prinzip" neues Wissen aus Psychologie und Neurowissenschaft und formt daraus "einen wissenschaftlich gestützten und zugleich praktisch ausgerichteten Rahmen, um die geistigen Talente zu fördern, die Sie für ein erfolgreiches, erfüllendes Leben benötigen."

Die Leser lernen, Gedanken und Gewohnheiten zu identifizieren, die in der Vergangenheit gefangen halten. Sie erfahren, wie wichtig geistige Offenheit ist und wie sie in ihrem Alltag Justierungen und Veränderungen vornehmen können, die sie flexibler machen. Sie bekommen Mittel an die Hand, um eine größere Akzeptanz für Unsicherheit zu entwickeln. Um dieses Know-how sicher zu vermitteln, baut Fox ihre Wissensvermittlung auf vier Säulen auf. Am Beispiel dieser vier Einzelperspektiven erläutert sie die Möglichkeiten, wie die Fesseln der mental blockierenden Ängste vor neuem und der damit einhergehenden Verunsicherung abgestreift werden und durch unbefangenere Denkmuster und Verhaltensweisen ersetzt werden können:

  • Geistige Beweglichkeit Die Grundlage mentaler Flexibilität ist das ABCD der geistigen Beweglichkeit: Anpassungsfähigkeit (Adaptability), Leben im Gleichgewicht / ausgewogene Lebensführung (Balance), Infragestellen oder Wechseln der eigenen Perspektive (Change /Challenge) sowie Entwicklung mentaler Kompetenzen (Development).
  • Selbsterkenntnis Unverzichtbar für mehr Sicherheit unter Unsicherheitsbedingungen ist die Selbsterkundung. Den selbstkritisch-prüfenden Blick auf das eigene Innere zu richten enthüllt die im Hintergrund verhaltenssteuernden Mechanismen: die persönlichen Zu- und Abneigungen, Vorstellungen und Wünsche. Sie wirken als mächtige Beeinflussungsgrößen auf den Umgang mit Neuem.
  • Emotionsbewusstsein Mentale Flexibilität an den Tag zu legen wird leichter, ist das verhaltensbestimmende persönliche Reiz-Reaktionsmuster bekannt: Wann reagiere ich wie worauf? Welche Auslöser blockieren mich? Das können bestimmte Reizworte oder ein bestimmtes Verhalten oder aber auch eine unbekannte Umgebung sein. Emotional blockierend wirkt schnell auch die Anwesenheit (vermeintlich) höhergestellter Personen.
  • Situationsbewusstsein Die jeweilige Situation hat einen Einfluss auf die geistige Beweglichkeit und beeinflusst das Verhalten. Mit der größer werdenden situativen Unbefangenheit verringert sich das Risiko, sich selbst in der mentalen Verhaltensflexibilität zu beschneiden. Die Bewältigung von Neuem verlangt, sich von einer wie auch immer gearteten Situation nicht in den den Schneid abkaufen zu lassen und in der Situation auch perspektivisch darüber hinausblicken zu können.

Erkennbar, diese vier Säulen sind eng miteinander verzahnt. Doch deren Behandlung in Einzelaspekten erleichtert die Einsichtssicherheit in das, was die geistige Beweglichkeit in Veränderungsprozessen ausbremst. Anhand des Switch-Prinzips verdeutlicht Fox, mit etwas mehr mentaler Flexibilität gelingt es, weniger aus einer untergründig permanenten Alarmstimmung heraus auf den Tag zu schauen, durch den Tag zu gehen und ihn zu gestalten. (Hartmut Volk, 24.8.2022)